Power-Crossover mit 400 PS

Audi RS Q3 Sportback im Fahrbericht

27.7.2021, 18:23 Uhr
Audi RS Q3 Sportback im Fahrbericht

© Hersteller

Wie er aussieht: Die Nachbarin rammt dem Ehemann den Ellenbogen in die Seite. "Da schau her", sagt sie, "das ist ein Audi". Besagter Ehemann ist überzeugter Mercedes-Fahrer, aber das Prunkstück mit Ingolstädter Kennzeichen mustert er mit Interesse und unübersehbarem Wohlgefallen. Tiefschwarz glänzender Singleframe-Kühlergrill, Schweller und Schürzen, 21-Zoll-Räder, ein um zehn Millimeter tiefergelegtes Sportfahrwerk, heckseitig ein Dachkantenspoiler und die voluminösen Ovale der zweiflutigen Abgasanlage – wow. Der Sportback mit seiner tieferen Schulterlinie sieht noch eine Ecke muskulöser und athletischer aus als der eigentliche Audi RS Q3. Unverkennbar sportlich, das aber auf die edle Art, nicht halbstark und schon gar nicht vulgär. Gut haben das die Designer hingekriegt.

Wie er eingerichtet ist: Wiederum edel, ein bisschen Kunststoff hie und da torpediert das feine Ambiente nicht. Das unten abgeflachte, mit vielerlei Funktionstasten belegte und griffig mit Alcantara bezogene Lenkrad zur Hand zu nehmen, ist die pure Freude, ebenso wie auf dem wabengesteppten Feinnappa der RS-Sportsitze (1499 Euro) Platz zu nehmen. Das frei konfigurierbare (und auch mit G-Meter und Laptimer zu belegende) Display hinterm Volant wird rechter Hand vom 10,1-Zoll-Touchscreen des Top-Infotainments "MMI Navigation plus" (1775 Euro) flankiert, gestochen scharf die Anzeigen, perfekt intuitiv die Bedienbarkeit. Der Sprachassistentin mussten wir keinen Befehl zwei Mal sagen, auch schriftlich aufgekrakelte Wünsche wurden bereitwillig dechiffriert.

Weniger gut gefallen hat uns indes der Wählhebel für die Siebengang-S-tronic. Ein klassisch aus der Schaltgasse ragendes Teil, das im Zeitalter der Mini-Shifter auf einmal erstaunlich antiquiert und sperrig wirkt.

Audi RS Q3 Sportback im Fahrbericht

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Wie viel Platz er hat: Schönheit kostet manchmal, im Falle des Sportback nicht nur Geld (dazu später), sondern auch Kopffreiheit, was auf die coupéhafte Dachschräge und das im Vergleich zum Schwestermodell um 45 Millimeter abgeflachte Höhenmaß zurückzuführen ist. Auch das Kofferraumvolumen bei umgeklappten Rücksitzlehnen schrumpft, von 1525 auf 1400 Liter, das Standardmaß – 530 Liter – bleibt indessen unangetastet.

Bei der räumlichen Variabilität kann der RS Q3 Sportback aber punkten – die Rückbank lässt sich (sogar serienmäßig, das will bei Audi was heißen) um 13 Zentimeter längs verschieben, die Neigung der Rücksitzlehnen ist siebenstufig veränderbar.

Was ihn antreibt: "Scho a Sahnestück", oberbayert der freundliche Herr, der uns den RS Q3 Sportback aus Ingolstadt anliefert. Oh ja: Den Zweiliter-Vierzylinder-TSI aus dem VW Tiguan R hat Audi nicht unter die Haube gelassen; stattdessen darf sich dort was in bester Vier-Ringe-Tradition austoben, ein Fünfzylinder nämlich, der aus 2,5 Litern Hubraum satte 294 kW/400 PS beschafft. 480 Newtonmeter stehen in einem breiten Drehzahlband zwischen 1950 und 5850 Touren bereit, für Druck ist somit gesorgt. Serienmäßig verteilt eine Siebengang S-tronic mit extraschnellen Schaltzeiten die enormen Antriebskräfte an alle vier Räder, quattro-Allradantrieb ist Ehrensache. Komplettiert wird das sportliche Rüstzeug von einer RS-spezifisch angepassten Progressivlenkung mit variabler Übersetzung und einem Sportfahrwerk.

Es kann nicht anders gesagt werden: Der Fünfzylinder ist eine großartige Antriebsquelle. Sein Charisma kann man hören, damit fängt es schon an. Keineswegs krawallig ist die Soundkulisse, sondern volltönend kernig, bäriger Bass at its Best, in voller lautmalerischer Pracht dann auszukosten, wenn per Lenkradtaste einer der beiden dort abgespeicherten, individuell konfigurierbaren RS-Modi aktiviert wird. Geschieht das nicht, verlegt sich der Sportback auf ein wohnstraßenkompatibleres, aber noch immer wohltönendes Akustik-Szenario.

Nach einer mikrokleinen Turbopause schaltet der Hochleistungs-Crossover auf Attacke, spannt die Muskeln und katapultiert seine Gegenmasse von 1700 Kilogramm mit geradezu unverfrorener Wucht nach vorn. Nur 4,5 Sekunden nimmt der Standardsprint von 0 auf 100 km/hin Anspruch; bei 250 km/h ist normalerweise Schluss, wer aber glaubt, das irgendwo ausfahren zu können – und sich das auch zutraut – kann sich gegen 1500 Euro Aufpreis die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h erkaufen.

Audi RS Q3 Sportback im Fahrbericht

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Wie er sich fährt: Der RS Q3 Sportback ist ein Crossover-SUV von entsprechendem Gewicht und mit vergleichsweise hohem Schwerpunkt, die Fahrdynamik einer flachen Sportwagenflunder darf und wird der Käufer nicht erwarten. Dennoch begeistert das fabelhafte Fahrwerk, enge Kurvenstrecken nimmt der Ingolstädter mit famoser Traktionsstärke unter die Räder, handlich und leichtfüßig carvt er um die Kehren, der Allradantrieb sorgt dafür, dass sich Auto und Asphalt in krisenfester Anziehungskraft verbunden bleiben - der Grenzbereich stellt eine Einladung dar, keine Bedrohung. Die optionale Keramikbremsanlage (4650 Euro) packt energisch, aber auch ziemlich giftig zu. Und das ESP – bei Audi heißt es ESC – kann vom besonders engagierten Sportfahrer auch abgeschaltet werden.

Wir raten zum 980-Euro-Upgrade auf das das Adaptivfahrwerk (RS Sportfahrwerk plus), wer nicht gerade die sportlichste Dämpfereinstellung wählt, die nur von einem hartgesottenen Rückgrat vertragen wird, kommt so in den Genuss schön ausbalancierten Fahrkomforts, der die Fahrstabilität keineswegs schmälert.
Was er verbraucht: Als Schnitt notierten wir 9,3 l/100 km Super Plus 98 Oktan. Wer den RS Q3 Sportback fliegen lässt, sollte sich auf Werte mit einer 14 vor dem Komma gefasst machen.

Was er bietet: 20-Zoll-Leichtmetallräder, Sportsitze, Ambiente-Lichtpaket, Licht- und Regensensor, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, Klimaanlage, Audioanlage mit 8,8-Zoll-Touchscreen, Navi, Virtual Cockpit (digitales Kombiinstrument), Spurverlassens- und Spurwechselwarner, Tempomat, RS-Sportfahrwerk, Progressivlenkung und Fahrmodusauswahl "drive select".

Audi RS Q3 Sportback im Fahrbericht

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Fehlt da nicht noch was, das man gern hätte? Ja, so einiges. Matrix-LED-Scheinwerfer (435 Euro) zum Beispiel, Fernlichtassistent (135 Euro), elektrische Heckklappe (490 Euro), Sitzheizung (490 Euro), Zweizonen-Klimaautomatik (590 Euro), das große MMI-Navigation- plus-Infotainment (1790 Euro), das ebenfalls größere Virtual Cockpit plus (240 Euro), Smartphone-Interface (535 Euro), Rückfahrkamera (410 Euro) oder Adaptivtempomat (690 Euro), von anderen Feinheiten ist bereits die Rede gewesen.

Was er kostet: Ab 67.000 Euro, gegenüber dem RS Q3 beträgt der Sportback-Aufpreis 1500 Euro – Schönheit, wie gesagt, kostet. Unser umfangreich ausgestatteter Testwagen kam auf bestürzende 89.650 Euro.

Was wir meinen: Natürlich kann man sich im Falle eines familientauglichen Crossovers die Frage nach der Sinnhaftigkeit von 400 Fünfzylinder-PS stellen. Und auch der nicht unerhebliche Verbrauch sowie der nicht minder unerhebliche Preis sind Futter für Kontroversen. Davon abgesehen, ist der Audi RS Q3 Sportback aber ein tolles Auto, gut anzusehen, phantastisch zu fahren, mit einem fabelhaften Motor – und dabei uneingeschränkt alltagsfest.

Die Daten des Audi RS Q3 Sportback

Hubraum 2480 ccm, Zylinder 5, Leistung 294 kW/400 PS bei 5850 – 7000/min, max. Drehmoment 480 Nm bei 1950 - 5850/min, Spitze 250, optional 280 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 4,5 sec, Normverbrauch WLTP 9,8 l S+ pro 100 km, Testverbrauch 9,3 l/100 km, CO2-Emission 222 g/km, Schadstoffklasse Euro 6d-Temp-EVAP-ISC, Energie-Effizienzklasse E, Länge 4,50 m, Breite 1,85 m (ohne Außenspiegel), Höhe 1,56 m, Kofferraum 530 bis 1400 l, Kraftstoff-Tank 63 l, Leergewicht 1700 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2250 kg, Anhängelast 1900 kg (gebremst), 750 kg (ungebremst). 7-G-S-tronic, Allradantrieb. Versicherungs-Typklassen 16 (KH), 24 (VK), 23 (TK). Preis ab 67.000 Euro.