Rückkehr aus dem Lockdown

Das Filmfestival Türkei/Deutschland feiert 25. Jubiläum

19.7.2021, 17:22 Uhr
Freuen sich riesig, dass das Festival endlich wieder stattfinden kann: Ayten Akyildz (vorn, Mitte) und Adil Kaya (hinten, li.) von der Festivalleitung, OB Marcus König, der Schauspieler Tim Seyfi und Michael Bader, Leiter des KunstKulturQuartiers (vorn, von li.) sowie der Präsident der Spielfilm-Jury Tevfil Baser, Mit-Juror Luk Piyes sowie der "Anons"-Regisseur Mahmut Fazil Coskun und sein Produzent Bulut Reyhanoglu (hinten, v. li.) vor dem Festivalplakat im Garten des Gemeinschaftshauses.  

© Stefan Hippel, NNZ Freuen sich riesig, dass das Festival endlich wieder stattfinden kann: Ayten Akyildz (vorn, Mitte) und Adil Kaya (hinten, li.) von der Festivalleitung, OB Marcus König, der Schauspieler Tim Seyfi und Michael Bader, Leiter des KunstKulturQuartiers (vorn, von li.) sowie der Präsident der Spielfilm-Jury Tevfil Baser, Mit-Juror Luk Piyes sowie der "Anons"-Regisseur Mahmut Fazil Coskun und sein Produzent Bulut Reyhanoglu (hinten, v. li.) vor dem Festivalplakat im Garten des Gemeinschaftshauses.  

Sommerfestival! Als hätte die Sonne davon gehört, zelebrierte sie einen großen Abgang, gerade als die Gäste der Eröffnungsveranstaltung für das „Filmfestival Türkei Deutschland“ am Sonntagabend zu einem kleinen Empfang in den Biergarten traten. Ein Empfang am ungewohnten Ort.

Erstmals fand die Eröffnung nicht in der Nürnberger Tafelhalle statt, sondern im neu gestalteten Gemeinschaftshaus Langwasser, das neben dem Künstlerhaus im Stadtzentrum 2021 seine Premiere als Spielstätte der interkulturellen Begegnung erlebt. Und das mit Open Air Kino unter hohen Baumwipfeln hinter dem großen Saal den Sommer-Titel zusätzlich rechtfertigt.

Vielstimmige Erleichterung

Es gibt also viel Neues bei dem als „Türkeifilmtage“ 1992 gestarteten Festival. In diesem Jahr wird die 25. Ausgabe gefeiert – das Jubiläum stand bereits 2020 an, wurde aber von Corona vereitelt. Der Auszug nach Langwasser und die zeitliche Verschiebung von März auf Juli sind der weiter andauernden Pandemie geschuldet.

Eröffnung im großen Saal des Gemeinschaftshauses unter dem Plakat von Ehrenpreisträgerin Senta Berger: Oberbürgermeister Marcus König, Moderator Tim Seyfi und Festivaldirektor Adil Kaya (von links).

Eröffnung im großen Saal des Gemeinschaftshauses unter dem Plakat von Ehrenpreisträgerin Senta Berger: Oberbürgermeister Marcus König, Moderator Tim Seyfi und Festivaldirektor Adil Kaya (von links). © Stefan Hippel, NNZ

Am Sonntag wurde vielstimmige Erleichterung und echte Begeisterung artikuliert, wieder auf einer Bühne zu stehen und endlich Publikum zu treffen. Das musste trotz anfänglicher Freiheits-Gerüchte im Saal die Masken aufbehalten.

Premiere für den OB

Zu den Novitäten gehörte auch, dass Marcus König als Oberbürgermeister Eröffnungs-Gast war. Er wurde im ersten Jahr seines neuen Amts ebenfalls von Corona ausgebremst. Jetzt hielt er keine Ansprache, sondern wurde von Moderator Tim Seyfi (der schreckte vor Club-Witzen nicht zurück) zusammen mit Festival-Leiter Adil Kaya locker befragt.
48 Prozent der Nürnberger, sagte König, hätten inzwischen eine Migrationsgeschichte. Das sei eine Qualität seiner weltoffenen Stadt, so der OB, der das Festival als Plattform der Vielfalt würdigte. „Das Virus hat weder Halt gemacht vor Hautfarbe noch vor Religion. Es hat alle Menschen betroffen. Und es sind Menschen, die vor den Filmleinwänden zusammenkommen können.“


Das Programm der Jubiläumsausgabe


Dass diese Leinwände in Nürnberg schon so lange leuchten, ist tatsächlich Adil Kaya als Festival-Gründer und unermüdlicher Kurbelwelle zu verdanken. Nun gibt es bei ihm berufliche Veränderungen, und er plant erstmal nicht weiter als bis zum Finale am 25. Juli. Dass er bei allen sonstigen Veränderungen dem Festival treu bleiben wird, machte er deutlich, als er einen Blick auf 2022 riskierte. „Ich bin Winter-Fan“, sagte Kaya und deutete eine Rückkehr zum traditionellen Termin im März an.

Entspannte Atmosphäre beim lockeren Plausch im Garten: OB König, Festivalleiter Kaya und Tevfik Baser (Mitte). Der vielfach ausgezeichnete, international renommierte Regisseur ist in diesem Jahr Präsident der Spielfilm-Jury.

Entspannte Atmosphäre beim lockeren Plausch im Garten: OB König, Festivalleiter Kaya und Tevfik Baser (Mitte). Der vielfach ausgezeichnete, international renommierte Regisseur ist in diesem Jahr Präsident der Spielfilm-Jury. © Stefan Hippel, NNZ

Nach den Honneurs im Saal des Gemeinschaftshauses und spannenden Trailern auf die kommenden Filme – insgesamt 34 stehen bis Sonntag auf dem Programm – konnte das Publikum das Sommerfestival dann auch maskenfrei genießen. Unter einem fetten Halbmond, der so gar nicht osmanisch aussah, lief zur Eröffnungs „Anons – Die Ansage“ von Mahmut Fazil Coskun.

Der Film ist eine eigenwillige Groteske auf die türkische „Tradition“ sich überschlagener Militärputsche. Angesiedelt in den 1960er Jahren und in einem visuellen Stil, wie er damals im Kino Polens oder der Tschechoslowakei entwickelt wurde, erzählt „Anons“ von ein paar aufständischen Offizieren, die mit ihrer Macht-Erklärung über den Rundfunk einfach nicht zu Rande kommen. Banales Geschwätz, sinnlose Autofahrten und eine Kamera, die mit langen, starren Einstellungen die „Helden“ an den Rand kleinbürgerlicher Ereignisse versetzt, führen eine terroristische Aktion (es gibt Tote) ins lächerlich Absurde.

Vor dem gelungenen cineastischen Auftakt der Jubiläumsausgabe hatte Stefan Kleeberger, Mitglied der Spielfilmjury seine Freude kundgetan, nach langer Pandemie-Abstinenz gleich elf Filme auf einmal sehen zu können (im Wettbewerb laufen sechs Filme aus Deutschland und fünf aus der Türkei). Und vielleicht darf sich das Publikum 2022 tatsächlich auf den Auftritt der Ehrengäste Senta Berger und Genco Erkal freuen. Beide sind 80 Jahre alt und 2021 noch zurückhaltend mit Reisen.
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