Leidenschaftlicher Kämpfer für die Kunst

Das Germanische Nationalmuseum trauert um seinen früheren Generaldirektor Gerhard Bott

vnp

30.6.2022, 12:30 Uhr
Gerhard Bott im Mai 2017 beim Internationalen Museumstag im Germanischen Nationalmuseum

© Germanisches Nationalmuseum Gerhard Bott im Mai 2017 beim Internationalen Museumstag im Germanischen Nationalmuseum

Der Kunsthistoriker und renommierte Museumsmann starb bereits am vergangenen Donnerstag, 23. Juni, im Alter von 94 Jahren.

Als Bott 1980 das Amt des Generaldirektors antrat, konnte er bereits 30 Jahre Erfahrung als Museumsdirektor vorweisen. Nach Stationen am Historischen Museum in Frankfurt, dem Hessischen Landesmuseum in Darmstadt, dem Wallraff-Richartz-Museum und den Museen der Stadt Köln wechselte der gut vernetzte Kenner zeitgenössischer Kunst nach Nürnberg. Sein Ziel: das renommierte Forschungsmuseum für moderne Kunst zu öffnen.

Im Germanischen Nationalmuseum rief er die bis 1991 durchgeführte Ausstellungsreihe "Präsenz der Zeitgenossen" ins Leben und lud Gegenwartskünstler ein, sich mit der historischen Sammlung auseinanderzusetzen und eigene Werke in einen optischen und inhaltlichen Bezug zu alter Kunst zu stellen. Unter Bott gewannen die Bestände zum 20. Jahrhundert rasch an Umfang, die Sammeltätigkeit erweiterte er über den Expressionismus hinaus auf das gesamte 20. Jahrhundert – mit einem Schwerpunkt auf internationalen Strömungen. Dadurch gelang es, auch Freunde zeitgenössischer Kunst für das Germanische Nationalmuseum zu begeistern.

Bei insgesamt drei Ausgaben saß Bott im documenta-Beirat. Er verfolgte ein modernes, diskursives Museumskonzept. Schon in den 1960er Jahren hatte er zusammen mit Kollegen eine Museumsreform befördert, die den Kultureinrichtungen das Museale abzustreifen und sich einem neuen Publikum zuzuwenden suchte. Sein Wunsch war es, aus konsumierenden Museumsbesuchenden ein räsonierendes Publikum zu machen, das die Vergangenheit als lebendigen Teil der Gegenwart entdeckt.

Große Verdienste erwarb sich Gerhard Bott außerdem mit den von ihm angeregten Baumaßnahmen. Unter seiner Leitung entstanden mit dem Erweiterungsbau des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg eine neue Eingangshalle mit Museumscafé und Shop, Vortrags- und Ausstellungssäle, moderne Restaurierungswerkstätten und die "Straße der Menschenrechte" von Dani Karavan vor dem neuen Haupteingang.

Die Erweiterung bedeutete nicht nur einen erheblichen Zuwachs an Ausstellungs-, Depot- und Verwaltungsfläche, sie verlieh dem Germanischen Nationalmuseum auch eine neue Präsenz in der Stadt- und Museumslandschaft. Mit der Eröffnung der neuen Eingangshalle im Jahr 1993 verabschiedete sich Gerhard Bott in den Ruhestand – blieb dem Haus aber bis zuletzt eng verbunden.

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