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Hofbauers Erotik ist zurück: Dieses obskure Filmfestival lockt am Wochenende nach Nürnberg

Stefan Gnad

"Leben"

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5.1.2023, 12:58 Uhr
Szene aus „Schulmädchen-Report Teil 5: Was Eltern wirklich wissen sollten ...“ (1973) von Ernst Hofbauer, nach dem sich das geheimnisvolle Hofbauer-Kommando benannt hat. Das lädt nun wieder ins Nürnberger Kommkino ein.

© Constantin Szene aus „Schulmädchen-Report Teil 5: Was Eltern wirklich wissen sollten ...“ (1973) von Ernst Hofbauer, nach dem sich das geheimnisvolle Hofbauer-Kommando benannt hat. Das lädt nun wieder ins Nürnberger Kommkino ein.

Der Blick auf den Namensgeber verrät die Richtung: Der in München wirkende Wiener Regisseur und Drehbuchautor Ernst Hofbauer (1925-1984) beglückte die Bundesrepublik in den frühen 1970er Jahren mit Kinofilmen wie "Wenn die prallen Möpse hüpfen" und der pseudodokumentarischen Reihe "Schulmädchen-Report", in der sich immerhin spätere deutsche Film- und Fernsehlieblinge wie Ingrid Steeger, Lisa Fitz, Heiner Lauterbach, Jutta Speidel und Sascha Hehn ihre ersten Schauspiel-Meriten verdienten.

Zumindest waren Hofbauers Streifen im Vergleich zu dem, was es damals sonst noch so alles in die (Bahnhofs-)Kinos schwemmte, handwerklich gekonnt gemacht. Der Mann war ein Gelernter, hatte unter anderem das Max-Reinhardt-Seminar in Wien absolviert.

Diese frühen, immer ein wenig verklemmten Sexfilme, die vor der Legalisierung von Pornografie entstanden und sich noch verpflichtet fühlten, Geschichten zu erzählen, in die die erotischen Schauwerte eingebettet wurden, stehen im Mittelpunkt des Interesses, wenn das geheimnisvolle Hofbauer-Kommando zusammentritt und zu einer weiteren Sichtungen ins Nürnberger Kommkino (Künstlerhaus, Königstraße 93) einlädt.

Exklusive Dachbodenfunde

Was einst als privater Videoabend unter Freunden startete, ist eineinhalb Jahrzehnte später zu einem nischigen Filmfestival gewachsen, das sogar dem "Deutschlandfunk Kultur" einen Beitrag wert ist. Gezeigt werden im Kommkino richtige Spielfilme, in denen es um Sexualität mitten in der Gesellschaft ging und die nun in Zeiten, in denen diese Sexualität nahezu komplett ins Internet ausgelagert wurde, im Kollektiv eines dunklen Kinosaals neu entdeckt werden.

Auch die 20ste Auflage des "Hofbauer Kongresses" verspricht wieder tiefe Einblicke in das Gefühls- und Sexualleben sowie in die Moral einer längst vergangenen Zeit, quer durch alle Formate des populären Kinos: Komödie, Heimat- und Schlagerfilm, Sexklamotte, Sitten-Melodram und zwischendrin gerne auch mal was richtig Handfestes. Und das alles ohne gehässigen oder ironischen Duktus.

Ein offizielles Programm gibt es nicht, nur Anfangszeiten sowie die ein oder andere nebulöse Ankündigung.

"Besonders in diesem Jahr ist, dass wir mehrere Filme dabei haben, die seit Jahrzehnten als verschollen galten oder noch nie öffentlich gezeigt wurden", verrät Christoph Draxtra, der das Filmfestival zusammen mit der Schriftstellerin Silvia Szymanski, Felix Mende vom Kölner Zündclub 813 und dem Frankfurter Filmwissenschaftler Andreas Beilharz veranstaltet – komplett ehrenamtlich selbstredend. "Birdie" etwa, 1971 von den mächtigen Paramount Studios produziert: Der Münchner Drehbuchautor Eckhart Schmidt wird die deutsche Komödie, in der die 15-jährige Susanne Uhlen die Hauptrolle spielt, beim Kongress vorstellen und im Anschluss seine jüngste Regiearbeit "Generation Z – da war ein Himmel" präsentieren.

"Verdammt zur Lust"

Der US-Streifen "Scarp Of Mist" aus dem Jahr 1968 (deutscher Verleihtitel: "Verdammt zur Lust") galt als verschollen, doch durch Zufall stieß das Hofbauer-Kommando im Archiv der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung auf ein Negativ der englischen Originalfassung – und zeigt den Film nun pünktlich zum 100sten Geburtstag von Regisseur Joseph W. Sarno zum ersten Mal seit 1967.

Szene aus dem Film "Lujuria tropical" ("Tropische Sinnlichkeit", 1964), zu sehen beim "20. außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos" am Sonntag, 8. Januar 2023, um 21 Uhr im Kommkino Nürnberg.

Szene aus dem Film "Lujuria tropical" ("Tropische Sinnlichkeit", 1964), zu sehen beim "20. außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos" am Sonntag, 8. Januar 2023, um 21 Uhr im Kommkino Nürnberg. © Kommkino

Ebenfalls reichlich obskur: Die Produktion "The Girls" aus Sri-Lanka aus dem Jahr 1978. Die analoge Filmrolle hat Regisseurin Sumitra Perie höchstpersönlich nach Deutschland geschickt. Der Film ist in einem schlechten Zustand, es wird eines der letzten Male sein, dass er öffentlich aufgeführt wird. Auch das ist ein Reiz beim "Hofbauer-Kongress": Vergessene Filme auf 35-Millimeter zu sehen, die ohne Aussicht auf eine Digitalisierung in den hinteren Regalen der Archive auf ihren endgültigen Verfall warten.

Wir zitieren aus der Ankündigung: "Man sieht da, ganz buchstäblich, einem Teil der Filmgeschichte beim Sterben zu, teils in immer noch beglückend leuchtenden Farben, teils aber auch durch rotstichige Schlieren hindurch."


"20. außerordentliche Filmkongress des Hofbauer-Kommandos" von 5. bis 8. Januar 2023 im Kommkino, Königstraße 93. www.kommkino.de

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