Nach RIP-Absage: Droht ein weiterer Sommer ohne Festivals?

12.3.2021, 16:12 Uhr
Was damals noch nicht zu ahnen war: Rock im Park im Jahr 2019 sollte der letzte Festivaljahrgang vor einer langen Pause sein.

© Daniel Karmann Was damals noch nicht zu ahnen war: Rock im Park im Jahr 2019 sollte der letzte Festivaljahrgang vor einer langen Pause sein.

Außerdem wirkt die Absage von Rock im Park wie ein Menetekel für eine Branche, die von den zaghaften Lockerungen der Corona-Bestimmungen praktisch nicht berührt wird.


Unser Kommentar zu den Konsequenzen der RIP-Absage


Während der am 4. März verkündete Stufenplan der Regierung die Öffnung von Kultureinrichtungen wie Museen und Theatern unter gewissen Bedingungen ermöglicht, soll über die „Entscheidung über die weiteren Bereiche Kultur, Gastronomie, Veranstaltungen, Reisen und Hotels“ erst am 22. März gesprochen werden.

„Nach wie vor wird von der Politik verkannt, dass Veranstaltungen oft Vorlaufzeiten von einigen Monaten bis hin zu einem Jahr oder länger haben“, kritisiert das Forum Veranstaltungswirtschaft das Vorgehen der Regierung. „Ein Öffnungsplan bis Ostern oder Pfingsten ist daher keine Perspektive.“

Unter den Veranstaltern macht sich allmählich Resignation breit. „Wir haben auch nichts erwartet“, meint Guido Glöckler vom Concertbüro Franken zu den Gipfelbeschlüssen. Angesichts stagnierender Inzidenzzahlen ist der Spielraum für Lockerungen begrenzt.


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Umgekehrt können die Agenturen aber unmöglich warten, bis die Coronazahlen des Sommers absehbar sind. Zwei Wochen vorher alles umzuwerfen, so das Concertbüro, sei bei großen Konzerten nicht möglich.

Festival mit Abstand?

Das Forum Veranstaltungswirtschaft fordert daher, Veranstaltungen mit Hygienekonzept bei einer Inzidenz von unter 200 grundsätzlich wieder zu erlauben. Mit Blick auf das Infektionsgeschehen der Region solle lediglich die Strenge der Regeln angepasst und die Teilnehmerzahl minimiert werden, um enge Kontakte zu reduzieren.


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Nicht alle Agenturen halten das für realistisch. „Abstand ist bei Festivals einfach nicht machbar“, erklärt Florian Gebauer vom Herzogenauracher Elektro-Festival Open Beatz. Neben der Durchsetzung solcher Regeln sei auch die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben.

„Jede Veranstaltung ist so ausgelegt, dass man eine gewisse Anzahl an Zuschauern braucht, um auf die schwarze Null zu kommen.“ Bei einem Festival wie Open Beatz mit Kosten von mehreren Millionen Euro brauche man über eine Veranstaltung mit weniger als 10.000 Teilnehmenden überhaupt nicht nachzudenken.

Auch der Einsatz von Schnelltests würde nicht weiterhelfen, heißt es beim Concertbüro Franken. Um bei einem Festival mit mehr als 5000 Zuschauern alle zu testen, müsse man mindestens zwei große Bierzelte mit je über 30 Kabinen aufstellen, Quarantäne-Bereiche einrichten und geschultes Personal engagieren.


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Allein den Platz zu finden wäre schwierig. Vor allem aber würden dabei Kosten von mehreren 100.000 Euro entstehen. Bei mehrtägigen Veranstaltungen komme hinzu, dass die Aussagekraft eines negativen Schnelltests spätestens am zweiten Tag kaum noch gegeben sei.

Kaum offizielle Absagen

Trotz der Skepsis wollen viele Veranstalter nicht offiziell absagen. „Im Moment können wir gar nichts sagen. Wir warten auf Informationen, ob wir dürfen“, heißt es bei „werk:b events“ zu den Festivals am Flughafen Nürnberg.

Man will die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben. Die Anfang März beschlossenen Lockerungen könnten „der erste Schritt Richtung Kulturrettung sein, auf die viele Veranstalter und Kulturschaffende warten“, so Alex Härtel von der Agentur Silverdust – daher plane man für das Dinkelsbühler Metal-Festival Summer Breeze noch mit allen möglichen Szenarien.

Problem Gutscheinlösung

Hinter dem Zögern stehen auch rechtliche Fragen. Zur Entlastung der Kulturbranche wurde im April 2020 eine Gutscheinregelung eingeführt: um zu verhindern, dass Veranstalter aufgrund der Rückerstattung von Ticketpreisen in die Insolvenz rutschen. Allerdings ist diese befristet bis Ende 2021.

Wer seine Veranstaltung auf 2022 verschiebt, bevor feststeht, ob diese tatsächlich verboten sein wird, muss also viel Geld für die Rückerstattung aufbringen. Dass die Gutscheinlösung verlängert wird, sei wahrscheinlich, so Florian Gebauer. Doch solange das nicht beschlossen ist, bleibt den Veranstaltern nichts anderes übrig als abzuwarten.

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