Attentat in der Königstraße

Rechtsterroristischer Anschlag in Nürnberg: Witwe des Opfers spricht im Neuen Museum

Isabella Fischer

Leben

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13.6.2023, 12:59 Uhr
Rechtsterrorist Helmut Oxner tötete am 24. Juni 1982 drei Menschen in der Nürnberger Altstadt. Das Bild entstand kurz nach dem Blutbad, als die Polizei den Tatort abriegelte.

© Peter Vrbata Rechtsterrorist Helmut Oxner tötete am 24. Juni 1982 drei Menschen in der Nürnberger Altstadt. Das Bild entstand kurz nach dem Blutbad, als die Polizei den Tatort abriegelte.

Das, was in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 1982 im Zentrum der Nürnberger Innenstadt passierte, wissen heute wohl nur noch wenige Nürnbergerinnen und Nürnberger. Um etwa 21.45 Uhr, so ergeben es die polizeilichen Ermittlungen, steigt der 26-jährige Helmut Oxner in seinen Wagen, den er bei seinen Eltern in Nürnberg-Röthenbach abgestellt hatte. Er fährt in die Innenstadt und stellt sein Auto in der Kartäusergasse ab – gut elf Jahre später wird hier die Straße der Menschenrechte eröffnet.

Um die Schultern trägt der Mann eine Umhängetasche. Der Inhalt: ein großkalibriger Revolver der Marke Smith & Wesson Magnum 357, eine Walther PPK und eine Pistole vom Typ Luger 0.8. Außerdem liegen in der Tasche rund 200 Schuss Munition und ein Stapel Aufkleber von der in den USA beheimateten "NSDAP-AO" (AO = Auslands- und Aufbauorganisation).

Er bleibt in der Königstraße vor der Hausnummer 74 stehen. Heute steht hier ein Barhocker für den Einlasser, im Hintergrund blinkt die Werbung einer Whisky-Marke. In den 80er Jahren residierte hier die Kellerdisco "Twenty Five" im Untergeschoss. Helmut Oxner ging in jener Juni-Nacht diese Treppen hinab und schoss in der Diskothek gezielt auf Menschen, die er als "ausländisch" ansah. Anschließend feuerte er auf der Straße in eine Gruppe Passanten, verletzte drei weitere Personen schwer und tötete sich nach einem Schusswechsel mit der Polizei selbst.

Die Tat am 24. Juni 1982 löste in der Republik eine Schockwelle aus. Unter den Opfern war William Thomas Schenck, ein 24-jähriger US-Soldat aus New Jersey, der in der US-Kaserne O'Brien Barracks in Schwabach stationiert war. Er wolle nur auf einen kurzen Sprung ins "Twenty Five" gehen, sagte er seiner Ehefrau Brigitte Williams, verließ die Wohnung und wurde wenig später das erste der drei Opfer Helmut Oxners.

Knapp 41 Jahre später gibt es immer noch kein offizielles Erinnerungszeichen an den Anschlag. Nachtschwärmerinnen und Partygänger feiern heute an gleicher Stelle jedes Wochenende. Vergessen sind die Taten Oxners jedoch nicht. Der Vortrag "Rechtsterrorismus als Selbstermächtigung" klärt am Donnerstag, 15. Juni um 19 Uhr unweit des ehemaligen Tatorts, im Neuen Museum am Klarissenplatz, über dieses Verbrechen auf.

Lange Zeit konnte sie nicht über die Ereignisse und den Tod ihres Mannes sprechen. Die Witwe von William Schenck, Brigitte Williams, wird an diesem Abend im Gespräch mit Rebecca Weiß, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Memoriums Nürnberger Prozesse, über ihre Erinnerungen, die damaligen Ermittlungen und ihren persönlichen Umgang mit der Tat sprechen. Hendrik Puls, Promotionsstipendiat der Hans-Böckler-Stiftung ordnet im Rahmen der Nachwuchsforschergruppe "Rechtsextreme Gewaltdelinquenz" den Fall in die aktuelle Forschung ein. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich

Der Anschlag Oxners ist auch zentrales Element der aktuellen Wechselausstellung "Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute" , die das Memorium Nürnberger Prozesse noch bis Sonntag, 1. Oktober 2023, im Cube 600 in der Fürther Straße 104, zeigt.


Info: Am 24. Juni 2023 gibt es ein weiteres Gespräch mit Brigitte Williams. Von 18 bis 19.30 Uhr spricht sie online über die Tat. Organisiert wird das Gespräch von der Migrantenvereinigung Junge Stimme e.V. , dem Bündnis Nazistopp und dem Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldung per E-Mail an: info@isfbb.de

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