"Playmobil - der Film": Mutlos aus der zweiten Reihe

29.8.2019, 11:34 Uhr
Von New York City ins plastik-stilisierte Miniatur-Mittelalter: Eine Szene aus "Playmobil – Der Film", der im Kino läuft.

© Foto: Concorde Filmverleih Von New York City ins plastik-stilisierte Miniatur-Mittelalter: Eine Szene aus "Playmobil – Der Film", der im Kino läuft.

Weil der kleine Charlie (eindimensionale Grinsekatze: Gabriel Bateman) am Leuchtturm gefummelt hat, werden er und seine große Schwester Marla (nervig ohne Ende: Anya Taylor-Joy) aus New York City in die Playmobil-Welt gebeamt. Dort geht es im Schweinsgalopp einmal quer durch den Produktkatalog, sprich: die diversen Themengebiete von Antike bis Jetztzeit, wo Charlie und Marla schnell Freunde finden und mit diesen gegen Wikinger, Cowboys und Gladiatoren kämpfen. Die gute Nachricht: Man kann alles schaffen, wenn man nur fest genug an sich glaubt ...

An der Optik liegt’s nicht, dass "Playmobil – Der Film" eine äußerst enttäuschende Angelegenheit geworden ist. Wenn die Bildebene nach einer geschleckten Realfilm-Einleitung ins animierte Playmobil-Land wechselt, sieht alles prima aus. Wie die Figuren auf der Leinwand zum Leben erwachen, das ist handwerklich tadellos gemacht. Alles darüber hinaus wirkt bemerkenswert lieb- und seelenlos. Ohne Bezug zu dem Spielzeugklassiker liefert das eingekaufte französische Team um Regisseur Lino DiSalvo (Head of Animation bei Disneys "Die Eiskönigin – Völlig unverfroren") einen Trickfilm von der Stange ab, bei dem das Grundthema austauschbar bleibt.

Vielleicht hat das ein wenig mit der Geschichte von Playmobil zu tun. Nichts solle die Fantasie der Kinder bei ihrem Spiel beeinflussen, lautete das eiserne Credo von Playmobil-Chef Horst Brandstätter, der das Unternehmen mit Sitz im mittelfränkischen Zirndorf bis zu seinem Tod im Sommer 2015 streng patriarchalisch führte. Vor allem vorgegebenen Geschichten stand Brandstätter ablehnend gegenüber. Die Kinder, so seine Überzeugung, sollen ihre eigene Fantasie spielen lassen. So ehrbar dieser Ansatz aus pädagogischer Sicht sein mag, so hausbacken war oft das Ergebnis: Da gab es bei Playmobil statt "Star Wars" dann halt einen unentschlossenen Mix aus Nasa-Raumfahrtprogramm und waffenlosen Sternenkriegern – ein Beispiel von vielen.

Machtvakuum bei Playmobil seit Brandstätters Tod

Seit Brandstätters Tod soll unter den Erben ein Machtvakuum herrschen und Unstimmigkeit darüber, wo der Weg künftig hinführt. Aber auch dieses Problem kennt man von in die Jahre gekommenen Familienunternehmen, die Entwicklungen über Jahrzehnte hinweg verschlafen haben. Gleichwohl gab es zuletzt erstmals zaghafte Versuche, große Themen zu lizensieren und im Playmobil-Format anzubieten, etwa "Drachenzähmen leicht gemacht" oder den im Kino grausam gefloppten neuen "Ghostbusters"-Teil.

Auch der Kontakt zur Basis wird bei Playmobil eher distanziert abgewickelt. Ganz anders bei Lego: Dort begannen Fans im letzten Jahrtausend damit, kleine Stop-Motion-Filme ("Brickfilme") zu drehen. Als dann Rockbands wie The White Stripes anfingen, Musikvideos mit den bunten Steinen zu drehen, erkannte man bei Lego die Zeichen der Zeit und schuf mit "The LEGO Movie" ein Kinoabenteuer, das den Geist der Fanfilme auf ein professionelles Niveau hievte und kleine wie große Fans der bunten Bausteine (engl.: Bricks) vom Fleck weg verzauberte. Jetzt zieht Playmobil nach – und schafft es nur zur billigen Kopie.

Im Kinosessel weiß man gar nicht, über was man sich bei "Playmobil – Der Film" am meisten ärgern soll: Über die hauchdünne Geschichte oder die völlige Abwesenheit von Gags und (Selbst-)Ironie, über die flachen Charaktere, die öde Musik, die Mutlosigkeit, die über allem schwebt ... oder über das Frauenbild, das hier transportiert wird. Während gute Trickfilme alle Altersgruppen auf unterschiedlichen Ebenen bedienen, wird dieser glanzlose Streifen ältere Playmobil-Fans kaum erreichen.

Doch wie die Marke, so der Film. Wo Lego-Fans die Qual der Wahl haben zwischen "Star Wars", Harry Potter, Batman und dem "Herrn der Ringe", tauchten bei Playmobil bislang mit etwas Glück mal der ADAC und das Technische Hilfswerk auf. Hier der Freizeitpark Legoland, dort ein besserer Spielplatz hinter Fürth mit gastronomischem Schwerpunkt, dessen zentrale Attraktion ein Holzkahn ist, der mit viel Fantasie an das ikonische Piratenschiff aus den Kinderzimmern erinnert. "Playmobil – Der Film" fügt sich in dieses Gesamtbild perfekt ein.

Ab Donnerstag, dem 29. August, läuft der Film in den Kinos. Dauer: 100 Minuten.

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