Studie

Warum russische Propaganda-Accounts gerne Twitters Bezahl-Abo nutzen

Christian Urban

Redakteur - nordbayern.de

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25.2.2023, 16:10 Uhr
Die Profile verbreiten laut der Studie russische Falschinformationen über den Angriffskrieg in der Ukraine und machen Stimmung gegen westliche Unterstützung für das Land.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa Die Profile verbreiten laut der Studie russische Falschinformationen über den Angriffskrieg in der Ukraine und machen Stimmung gegen westliche Unterstützung für das Land.

Früher gab es auf Twitter normale Accounts - und dann gab es die mit dem blauen Haken. Dieser zeigte an, dass der Account seitens der Betreiber des Kurznachrichtendienstes verifiziert worden war, wodurch sich beispielsweise der echte Stephen King, unangefochtener König aller Horror-Schriftsteller, leicht von seinen zahllosen Nachahmern unterscheiden ließ. Neben Personen des öffentlichen Lebens war der blaue Haken auch für Politiker und Organisationen ein Symbol von enormer Bedeutung.

Nachdem der Milliardär Elon Musk das Netzwerk im vergangenen Herbst für 44 Milliarden Dollar übernommen hatte, setzte er dort zahlreiche Änderungen durch. Eine davon betraf besagten blauen Haken: Seit Ende November 2022 kann ihn jeder Twitter-Nutzer bekommen - für 8 bis 11 Euro im Monat. Einzige Voraussetzung ist eine im Account hinterlegte Telefonnummer.

Durch das Abonnement sollen die entsprechenden Nutzer nicht nur weniger Werbung angezeigt bekommen und längere Videos mit höherer Auflösung hochladen können, sondern es ist auch angekündigt, dass Beiträge von Abo-Kunden bei Twitter sichtbarer platziert werden sollen. Bei Twitter kann man sich Tweets nicht nur chronologisch anzeigen lassen, sondern auch von Algorithmen ausgewählt. In dieser Ansicht können auch Beiträge von Accounts vorkommen, denen man nicht folgt.

Das macht das Abonnement offenbar auch für prorussische Propaganda-Accounts attraktiv: Diese kaufen sich laut einer Studie Verifikations-Häkchen, um ihre Reichweite bei dem Dienst zu erhöhen. Die Profile verbreiteten russische Falschinformationen über den Angriffskrieg in der Ukraine und machten Stimmung gegen westliche Unterstützung für das Land, schrieb die "Washington Post" am Mittwoch unter Berufung auf Erkenntnisse der US-Forschungsgruppe Reset.

Musk, der mehr als 129 Millionen Follower bei Twitter hat, interagierte mit einem der von Reset-Forschern hervorgehobenen Accounts, dessen Tweets danach häufiger angezeigt wurden. Musk kommentierte einen Tweet, in dem unter anderem behauptet wurde, dass im Ukraine-Krieg 157.000 ukrainische Militärangehörige und 2458 Nato-Soldaten getötet worden seien mit den Worten: "Ein tragischer Verlust von Leben." Später rief er Twitter-Nutzer zu einem Faktencheck der Zahlen auf. Nato-Soldaten nehmen nicht am Krieg teil.

Musk hatte vor einigen Monaten als Friedenslösung vorgeschlagen, in den von Russland völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten Abstimmungen zur künftigen Zugehörigkeit unter UN-Aufsicht zu veranstalten. Dabei regte er auch an, die rechtswidrig besetzte Krim als Teil Russlands anzuerkennen. Zugleich sorgen die Starlink-Systeme seiner Firma SpaceX für Internet-Versorgung in der Ukraine nach russischen Attacken auf die Infrastruktur. Allerdings sprach er sich gegen eine militärische Nutzung der Technik aus.

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