Kommentar: Der Digitalpakt ist ein einziges Desaster

20.2.2020, 13:18 Uhr
In Bezug auf die Digitalisierung der Klassenzimmer haben die Kommunen zu wenig mitzureden, findet NN-Redakteur Georg Escher.

© Uli Deck, dpa In Bezug auf die Digitalisierung der Klassenzimmer haben die Kommunen zu wenig mitzureden, findet NN-Redakteur Georg Escher.

Von den vom Bund bewilligten fünf Milliarden Euro ist nur ein winziger Bruchteil tatsächlich abgerufen worden. Dieses Paket war von Anfang an völlig weltfremd. Es ist viel zu bürokratisch. Die Schulträger sollten erst einmal vorfinanzieren, sie wären auch auf den Folgekosten sitzengeblieben. Es ist eine einzige Katastrophe.

Das Ergebnis ist, dass die Digitalisierung der deutschen Schulen ähnlich blamabel ist wie die Lücken in der Wlan-Abdeckung selbst in vielen städtischen Bereichen. Für ein Industrieland, für einen Exportweltmeister, ist das ein unfassbarer Dilettantismus. Digitale Klassenräume sind kein Garant für Bildungserfolge. Dazu braucht es vor allem hervorragende Lehrkräfte. Doch mit Gerätschaften, die oft viele Jahre alt sind, sind Schulen nicht gut aufgestellt.

Relikte aus der Steinzeit

Solche Ergebnisse kommen regelmäßig heraus, wenn die Kultus- und Bildungsminister von 16 Bundesländern irgendwelchen Vereinbarungen mit dem Bund abschließen, dem sie eigentlich am liebsten gar keine Kompetenzen in Bildungsfragen zumessen wollten. Dass wir mit dieser bildungspolitischen Kleinstaaterei international wie Relikte aus der Steinzeit wirken, beirrt die Länderregierungen aber keineswegs. Mit Zähnen und Klauen verteidigen sie dieses wichtigste Politikfeld, das ihnen verblieben ist. Ob es funktioniert, spielt dabei offenbar keine Rolle.

Ein Umdenken ist nirgends zu Erkennen. Gerade eben hat es Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher - der Mann befindet sich vor einer wichtigen Wahl - erneut strikt abgelehnt, dem Bund mehr Rechte bei der Bildungspolitik einzuräumen. Man wolle sich "das Schulsystem in Hamburg und unsere Schwerpunkte in der Bildungspolitik nicht von anderen Ländern vorschreiben lassen."

Kommunen haben nichts zu sagen

Das Ärgerliche an dieser Sache: Die eigentlich direkt Betroffenen, nämlich die Kommunen, haben dabei so gut wie nichts mitzureden. In Schulsystemen, die in internationalen Vergleichen regelmäßig besser abschneiden als Deutschland, etwa in Finnland oder Kanada, gibt es nationale Bildungspläne. Der Rest wird dann in den Kommunen entschieden. Und die Schulen selbst sind gefordert zu überlegen, wie sie die Ziele am besten erreichen. In Deutschland werden diese Entscheidungen weitgehend in fernen Länderhauptstädten entschieden. Die Schulen können nicht einmal ihr eigenes Personal auswählen. Lehrkräfte werden nicht zu Aktivposten für gelingenden Unterricht gemacht, sondern zu ausführenden Organen.


Fürth packt die Digitalisierung an Schulen an


Solche Rezepte mögen noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts getaugt haben, nicht aber in der digitalen Welt von heute. Die Kultusministerkonferenz ist ein so verknöchertes Gremium, das Jahre braucht, um sich stets nur auf einen Minimalkonsens zu einigen, mit dem letztlich niemand zufrieden ist. Genau das ist auch der Befund bei Digitalpakt. Würden die Bildungsminister dafür eine Noten erhalten, könnte diese nur lauten: "ungenügend, setzen, sechs".

 

 

 

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