Präsident der Versöhnung? Was jetzt auf Biden zukommt

7.11.2020, 18:26 Uhr
Die USA sind ein zerrissenes Land, nicht erst seit der Präsidentschaftswahl.

© JOE RAEDLE, AFP Die USA sind ein zerrissenes Land, nicht erst seit der Präsidentschaftswahl.

Ist der Krimi zu Ende? Nun steht es fest: Joe Biden hat die nötige Anzahl von Wahlmänner-Stimmen erreicht. Aber der Weg, der den Demokraten ins Weiße Haus führen kann, ist noch lang und mühsam. Vor allem wegen Donald Trump.


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Dass der noch amtierende Präsident juristisch prüfen lässt, ist sein gutes Recht. Ob er gute Chancen hat, ist fraglich. Eine erste Niederlage musste er einstecken. Für seine Behauptungen, man stehle ihm Stimmen, ja seinen Sieg, liefert er keine Belege. Das Verhalten Trumps ist zunehmend pathologisch.

Zweifel wachsen weiter

Da braucht es nun couragierte Parteifreunde, die ihm klarmachen: Wenn Trump auch juristisch scheitert, dann ist die Show zu Ende. Ob er das dann auch versteht? Zweifel wachsen angesichts seines unerhörten Verhaltens nach der Wahl.

Aber die Grand Old Party, als die sich die Republikaner mit ihrer großen Geschichte verstehen, kann es nicht hinnehmen, wenn Trump sich weigern sollte, das Amt geordnet zu übergeben. Danach sieht es aktuell jedoch aus. Niemand erwartet von diesem Präsidenten die übliche "concession speech" - eine Rede, in der ein abgewähltes Staatsoberhaupt seine Niederlage eingesteht und dem Nachfolger gratuliert. Aber dass er den Weg wenigstens frei macht für Biden - das wäre das mindeste.

Eine gewaltige Fülle an Herausforderungen

Sollte der Demokrat diese ersten Hürden genommen haben, dann ist er aber auch erst mal nur angekommen im Amt; dann beginnt die Arbeit. Die hat es in sich. Eine Fülle von gewaltigen Herausforderungen kommt auf den Mann zu, der bei der Inaugurationsfeier im Januar 78 Jahre alt sein wird.


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Er muss versuchen, ein zutiefst gespaltenes Land zusammenzuführen. Er hat es mit der Corona-Pandemie zu tun, deren effektivere Bekämpfung er offenbar zu seinem ersten Schwerpunkt machen will (und muss). Die USA sind wegen Corona wirtschaftlich geschwächt. Sie waren in der Ära Trump kein berechenbarer Partner mehr - weil der irrlichternde Republikaner auf Alleingänge setzte, Verbündete brüskierte und Despoten hofierte.

Möglich, dass Biden der Richtige ist, um Brücken zu bauen. Er braucht dazu aber auch Bürger, die bereit sind, solche Brücken zu beschreiten. Dazu scheinen keineswegs alle Trump-Anhänger überzeugt zu sein: Sie sehen im politischen Gegner den Feind. Und Feinde, so die Logik mancher Hardcore-Trumpisten, muss man bekämpfen.

Bleibt es friedlich?

Auch da hat Trump selbst die Tonlage vorgegeben. Sie ist kriegerisch und höchst riskant. Man kann nur hoffen, dass seine Saat des Hasses nicht aufgeht, dass die kommenden Woche friedlich bleiben in den aktuell alles andere als Vereinigten Staaten.

Biden stimmt auf das buchstäblich Notwendige ein, wenn er sagt: "Nach Abschluss des Wahlkampfes ist es an der Zeit, die Wut und die harte Rhetorik hinter uns zu lassen und als Nation zusammenzukommen." Man kann ihm dazu nur Glück wünschen - es wäre im Interesse der ganzen Welt, wenn die USA wieder für Verlässlichkeit und Solidität stünden.

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