Richtung rechts: Die AfD setzt auf Deutschland first

11.4.2021, 17:21 Uhr

Da deutet sich ein klarer Richtungsschwenk an bei der selbst ernannten "Alternative für Deutschland": Die Partei setzt mehr und mehr auf jene Themen, mit denen sie im Osten des Landes punktet - und da präsentiert sie sich national und sozial, als "Kümmerer" für das, was man früher "kleine Leute" nannte: Abgehängte, sozial Schwache, Ältere.


Kommentar: Die AfD provozierte den "Verdachtsfall"


In Sachsen-Anhalt wird im Juni gewählt, im September in Thüringen. In beiden Ländern könnte die AfD stärkste Kraft werden - sie ist längst eine Ost-Partei, die im Westen aktuell schwächelt. Ihre Haupt-Gegnerin Angela Merkel geht demnächst von Bord, mit ihrem Corona-Kurs kann die Partei nicht wirklich punkten. Daher nun die nationalen bis nationalistischen Töne.

Das ist nicht ungefährlich für die anderen Parteien, die den von der AfD angesprochenen Gruppen auf den ersten Blick eher wenig zu bieten haben. Diese Wende-Verlierer, die früher eher bei der Linken daheim waren, hadern mit vielen Entwicklungen, die ihnen zu schnell gehen und mit denen sie nicht mehr klarkommen.

Nicht alle nämlich jubeln über eine immer offenere, buntere Republik. Debatten um Gendern oder Diversität finden manche für drängend, es gibt da auch Nachholbedarf - nicht wenige aber reagieren genervt und gereizt darauf.

Parole für Unzufriedene

Ihnen präsentiert die AfD nun ihren nicht ungeschickten Slogan "Deutschland - aber normal". Er soll jene Unzufriedenen ansprechen, die sich als zu kurz Gekommene fühlen, als nicht mehr daheim im eigenen Land (Stichwort Migration). Und die gibt es auch im Westen der Republik.

Dazu passen die - man muss sie so nennen, auch und gerade weil eine andere Partei vor 100 Jahren mit solchen Themen punktete - national-sozialen Forderungen der AfD: Sozialleistungen nur für Deutsche, das ist ein verfassungsrechtlich brandgefährlicher Punkt, den vor allem die Ost-Landesverbände auf der Liste haben. Ähnliche Forderungen, ähnlich deutschnationale Töne durchzogen den Parteitag wie ein - man muss es nochmals so sagen: - brauner Faden.

Schlechte Karten für Meuthen

Noch ist unklar, ob die Partei diesen Weg geht. Aber vieles deutet darauf hin: Eine Mehrheit will den Noch-Parteichef Jörg Meuthen loswerden, der noch immer versucht, die AfD etwas mehr in Richtung Mitte zu positionieren.

Er sprach sich nun vergeblich gegen den "Dexit" aus, den Ausstieg aus der EU - eine Forderung, mit der die AfD nun in den Wahlkampf zieht. Meuthen wehrt sich gegen eine gar nicht so heimliche Machtübernahme des zwar offiziell ausgestoßenen, aber nach wie vor existenten rechten "Flügels".

Ruf nach EU-Austritt ist eine Scheidemarke

Doch er wird diesen Kampf wohl verlieren. Mit wem die AfD in den Wahlkampf zieht, das ließ sie nun noch offen. Tino Chrupalla wird der eine Spitzenkandidat sein, er steht für den deutschnationalen Ost-Flügel. Platz zwei ist noch frei.


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Die Richtung aber zeichnet sich klar ab: Die AfD wird mit ihrem Kurs zu einer Partei, für die es im Bund keinen Partner geben kann. Der EU-Austritt legt die Axt an die Wurzel all dessen, was Deutschlands Erfolg ausmacht - die Integration des Landes mitten in Europa, die wirtschaftliche und politische Verflechtung und Vernetzung in und mit dieser Europäischen Union, die ungeachtet ihrer Schwächen und ihrer Reformbedürftigkeit doch der Garant für 75 Jahre Frieden auf einem zuvor von Kriegen überzogenen Kontinent ist.

Brandgefährliche Selbstisolation

Berlin muss alle Kraft daran setzen, diese EU zusammen mit Paris voranzubringen und handlungsfähiger zu machen: Das ist eine Kernaufgabe der künftigen Regierung. Nicht die brandgefährliche Selbstisolation der größten europäischen Macht, die bei unseren Nachbarn (leider nur zu berechtigte) Ängste vor einer Wiederholung der Geschichte wecken würden.

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