So nutzen fränkische Politiker die sozialen Netzwerke

17.1.2020, 05:43 Uhr
Marcus König, Katrin Albsteiger und Thomas Jung (von links) haben unter Bayerns Kommunalpolitikern mitunter die meisten Follower in sozialen Netzwerken.

© Collage: Redaktionsservice NN Marcus König, Katrin Albsteiger und Thomas Jung (von links) haben unter Bayerns Kommunalpolitikern mitunter die meisten Follower in sozialen Netzwerken.

Mit einem breiten Lächeln und den Arm in der Hosentasche blickt Thomas Jung in die Kamera. Um ihn herum haben sich sieben Frauen in warmen Winterjacken versammelt, die ebenso strahlen. Angesichts des Menschenauflaufs im Stall schaut sogar eine Kuh von ihrem Fressen auf.

Für den beschriebenen Schnappschuss des Fürther Stadtoberhaupts hagelte es innerhalb von nur zwei Stunden über 100 Gefällt-mir-Angaben auf dem sozialen Netzwerk Facebook. Die Aufnahme entstand im Kuhstall eines Bauernhofs in Vach, wo sich Jung am Mittwoch mit aktiven Bäuerinnen zum Gespräch traf. Zu dem Posting schrieb der Oberbürgermeister: "Sie verdienen viel Wertschätzung für ihre wertvolle Arbeit für gesunde und regionale, hochwertige Lebensmittel." Politik hautnah auf Social Media - das ist längst keine Seltenheit mehr. Auch nicht auf kommunaler Ebene.


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Zehn Wochen vor den Wahlen in Bayern ist der Kampf um Stimmen auch in den sozialen Netzwerken eröffnet. "Vor allem in bayerischen Großstädten - wie München, Regensburg und Fürth - gibt es social-affine Politiker", teilt die Fürther Kommunikationsagentur "Kontext" mit. Im Rahmen einer Studie analysierte die Agentur die Social Media-Profile von bayerischen Kommunalpolitikern. Spitzenreiter aus Franken ist dabei eben jener Thomas Jung, Oberbürgermeister von Fürth, der mit insgesamt 7527 Fans auf Facebook, Instagram und Twitter auf Platz fünf des Rankings landet.

Seine Popularität führt der Politiker auf seine lange Amtszeit sowie die Nähe zu den Bürgern zurück. "Dann ist die Neugierde und das Interesse offensichtlich relativ groß, auch über soziale Medien mit mir Kontakt zu halten", so Jung. Das Potenzial von Facebook und Co. im Hinblick auf die Wählergenerierung will er aber nicht überbewerten. "Mindestens 80 Prozent meiner Aktivitäten sind Straßenwahlkampf und die Begegnung von Menschen. Auch Plakate, Flyer und beliebte Giveaways sind immer noch vorrangig im Einsatz", erklärt der Oberbürgermeister. Unterstützung bei der Social Media-Arbeit bekommt Jung während des Wahlkampfes von einem Team. Einige Hobbyfotografen aus Fürth stellen zudem ihr Bildmaterial zur Verfügung. Von Hassnachrichten blieb der Oberbürgermeister bislang verschont.

Einwohnerzahl ist nicht erfolgsentscheidend

Auch die Social Media-Aktivitäten anderer fränkischer Politiker können sich sehen lassen: Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik schafft es mit 7131 Follower auf Platz sieben der Studie, Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke landet mit 6367 Follower auf Platz neun. Spitzenreiterin in Sachen Social Media-Beliebtheit in Bayern ist laut der Analyse Katrin Albsteiger (CSU), die als Oberbürgermeisterin in Neu-Ulm kandidiert. Die 36-Jährige erreicht über Facebook, Instagram und Twitter insgesamt 24.580 Menschen. Und damit sogar mehr als Münchens amtierender Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der mit 22.531 Social Media-Fans nur auf dem zweiten Platz landet. Somit entscheidet nicht die Popularität oder Größe der jeweiligen Stadt des Politikers über dessen Erfolg in den sozialen Netzwerken, sondern vielmehr individuelle Inhalte sowie eine stetige Betreuung der Kanäle.


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"Nimmt man die Followerzahlen aller untersuchten Politiker zusammen, erreichen sie online weniger als 150.000 Menschen. Das ist gemessen an der Zahl der Einwohner und damit auch Social-Media-Nutzer Bayerns erschreckend wenig", mahnt Jan Frankowski, Social-Media-Experte bei "Kontext" an. Dem Fachmann zufolge würde vielerorts das Potenzial der verschiedenen Online-Kanäle noch nicht ansatzweise ausgenutzt. Obwohl besonders über Instagram junge Wähler erreicht werden können. "Der Aufwand für Politiker mit kleineren Budgets erscheint verhältnismäßg groß. Zudem sind auf kommunaler Ebene viele Akteure relativ unbedarft, was die Differenzierung der Kanäle angeht", erklärt Frankowski die ungenutzte Chance.

Bei Thomas Jung ist von Unbedarftheit oder zu hohem Arbeitsaufwand aber keine Spur zu erkennen. Im Gegenteil, der Oberbürgermeister hat klare Vorstellungen, welche Inhalte er auf sozialen Netzwerken von sich preisgeben will. "Einblicke in persönliche Ereignisse wie Geburtstage oder den Hochzeitstag gebe ich gerne, weil das die Menschen besonders interessiert. Es gibt nicht nur den Politiker Thomas Jung, sondern auch den Menschen. Mit Posts, die beispielsweise Essen zeigen oder Bilder, die im Urlaub entstanden sind, halte ich mich aber zurück", erklärt er. Ob die Social-Media Präsenz von Politikern letztendlich nur ein netter Einblick in ihre Arbeit ist oder doch das Potenzial hat, eine Vielzahl von Wählern zu mobiliseren, wird wohl erst die Kommunalwahl im März zeigen.

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