Elke Sommer: Frankens Hollywood-Star feiert 80. Geburtstag

4.11.2020, 05:48 Uhr
Elke Sommer: Frankens Hollywood-Star feiert 80. Geburtstag

© Harald Sippel

Frau Sommer, Sie werden am Donnerstag 80. Freuen Sie sich darüber?

Ich bin schon stolz, dass ich es so lange geschafft habe. Und finde es traurig und armselig, dass ich meinen Geburtstag so erleben muss. Unter diesen Umständen. Aber das geht ja jetzt jedem so, auch ohne Geburtstag.

Wie wollten Sie den Tag begehen?

Mein Mann hat mir verraten, dass er im Schlössle Atzelsberg einen Raum gemietet hat und unsere guten Freunde haben zugesagt. Alles heimlich natürlich. Das hätte eine lustige Feier werden können. Aber geht jetzt ja alles nicht mehr. Wegen diesem scheiß Virus. Die Nachbarn wollten auch kommen. Wir haben eine sehr gute Nachbarschaft. Ich koch gern für die Älteren, also für die noch Älteren. Riesengroße Töpfe, da hau ich an ganzen Giger nei!

Klingt unkompliziert ...

Ja, das war ich immer.

Ist es für schöne Menschen, speziell für Frauen, eigentlich schwerer zu altern?

Das ist eine sehr gute Frage. Mit 96 Filmen und über 50 Dean-Martin-Shows und Frank-Sinatra-Shows und bei Bob Hope – da war man halt immer die Wunderschöne. Ich glaube, es ist für jede Frau schwer, wenn man die Schwerkraft der Erde zu spüren kriegt (lacht). Für mich vielleicht etwas mehr. Es hat aber auch seine gute Seiten.

Was ist gut am Älterwerden?

Du musst nimmer schön sein! Kein Mensch erwartet von dir, dass du rumhupfst mit zwanzig Haar-Extensions auf deim Kupf! Ich bin so wie ich bin. Ich hab meine Augen und die glitzern immer noch. 80 ist schon eine Riesenzahl, ich bin auch stolz, dass ich die erreicht habe, mit den ganzen gefährlichen Sachen, die ich gemacht habe...

Elke Sommer: Frankens Hollywood-Star feiert 80. Geburtstag

© Courtesy Everett Collection via www.imago-images.de

Was denn?

Ich habe meine Stunts selber gemacht. Einmal habe ich einen Laster auf einer Landebahn gefahren. Mit Düsen hintendran. Da hat’s dir durch die Geschwindigkeit die Backen nach hinten gefetzt.
Ich hatte feuersichere Unterwäsche an.

Allmächd!

In Las Vegas bin ich mit 21 männlichen Stars ein Rennen gefahren. Der Schwarzenegger war auch dabei. Einer ist mir von oben voll reingefahren. Dann ging mein Jeep 40 Meter vor dem Ziel nicht mehr. Da bin ich halt ausgestiegen und hab ihn geschoben und wurde Erste.

Sie haben nie Schönheitsoperationen machen lassen, betonen sie. Heute greifen manche schon mit Ende 20 zu Botox. Was halten Sie davon?

Ich finde das idiotisch. Wie sollen die denn aussehen, wenn’s 20 oder 40 Jahre älter sind? Das ist doch furchtbar, wenn man manchmal diese Vorbauten sieht oder die Schlauchlippen. Bei mir ist es so: What you see, is what you get. (z.Dt.: Was du siehst, ist was du bekommst, Anm. d. Red.) Da is nix dran, was nicht der liebe Gott schon hingemacht hat oder meine Mutter. Ich habe auch Glück gehabt und immer viel für meine Figur gemacht: Gloffen, gloffen, gloffen!

Laufen war Ihr Sportprogramm?

Ja, jetzt geht’s nicht mehr so, nachdem ich mir den Fuß doppelt gebrochen hab. Jetzt bin ich viel im Garten und bück mich oft und grab mit dem Spaten.

"Wenn mir was gfällt, dann red ich fränkisch!"

Sie haben ein Haus in L.A. und in Marloffstein. Wo sind Sie zuhause?

Na, in Marloffstein, schon immer! Ich hab mich immer als ein Kindlein im Schoße Frankens gefühlt. Der einzige, der das jemals gewürdigt oder verstanden hat, war der Herr Söder. Der hat mir letztes Jahr den Bayerischen Verdienstorden übergeben. Und gesagt hat: "Sie sind die beste Botschafterin, die Deutschland je haben konnte als Schauspielerin im Ausland."

Sie haben mit vielen Stars gedreht: Horst Buchholz, Paul Newman, Glenn Ford. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Peter Sellers. Durch seine Tragik und sein unsägliches Talent als Komiker.

Wie sind Sie auf dem Boden geblieben?

Ich war immer auf dem Boden. Ich wollte ja nie Schauspielerin werden.

Sondern?

Ich wollte Medizin studieren. Das war der große Wunsch meines Vaters, der gestorben ist als ich 15 war, und den ich über alles geliebt habe. Da musste ich dann ganz schnell erwachsen werden. Wir hatten 70 Mark im Monat, da kann man nicht viel bewerkstelligen. Medizin hätte ja ewig gedauert. Weil ich in Sprachen gut war, bin ich dann als Au-pair nach England, um Dolmetscherin zu werden.

Bei einer Italienreise kam dann alles anders. Sie wurden bei einer Miss-Wahl entdeckt. . .

Nein, das stimmt so nicht. Ich bin ins Meer gegangen und mir sind die Kinder, die Männer und Frauen in ihren Kirchenkleidern hinterhergelaufen und haben "Bambola, Bambola!" (Puppe, Anm. d. Red.) gerufen. Ein Fotograf hat ein Bild gemacht. Und das hat dann Vittorio de Sica (ital. Regisseur, Anm. d. Red.) in der Zeitung entdeckt und mich nach Rom eingeladen. Es gab Probeaufnahmen – und dann hat’s nimmer aufgehört.

Dann stimmt die Missen-Story gar nicht?

Nein, ich hätte bei so was doch nie mitgemacht! Es war so: Ein Student hat mich eingeladen zu einem touristischen Fest und dann habe ich beim Tanzen ein Schildchen mit einer Nummer bekommen. Bevor wir gingen, haben sie gesagt, ich wäre für die Woche "Miss Viareggio Turistica".

Die Sauerkraut-Bardot

Sie wurden von einer französischen Zeitung als Sauerkraut-Bardot bezeichnet. Fanden Sie das lustig oder blöd?

Das ist doch lustig. Deutsche sind halt Krauts. Ich hab die Bardot sehr verehrt. Erotisch zu sein, das ist ja in den Augen des Betrachters. Ich fand mich nie erotisch. Schöne kräftige Hände sind für mich erotisch. Schöne Augen. Wie man redet, die Stimmlage. Erotik hat nur mit Ausstrahlung zu tun.

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© Harald Sippel


Kann man im Alter erotisch sein?

Mein Mann findet schon noch, dass ich für ihn sehr erotisch bin. Meine Augen oder mein Lachen. Aber bitte das Wort sexy nicht benutzen. Das geht mir auf den Arsch! Das ist so billig.

War es bei Ihnen Liebe auf den ersten Blick?

Bei ihm schon. Bei mir nicht, denn ich kam aus einer Ehe, die ich nicht hätte eingehen sollen, auf der Suche nach einer Vaterfigur. Wenn du mit 20 einen 40-Jährigen heiratest, da denkst du, der kann dir den Weg weisen und dich umsorgen. Genau das Gegenteil war der Fall. Der hat mir zur Hochzeit einen Rolls-Royce geschenkt. Dann hat sich herausgestellt, dass ich den selber bezahlt habe. Wie alles andere auch. Ich hab mir meine Häuser ganz allein aufgebaut. Darauf bin ich stolz.

Wie oft sind Sie in L.A.?

Den Sommer erleben wir immer in Marloffstein. Ende Oktober bis Mai sind wir dann in Los Angeles. Jetzt überlegen wir aber, ganz nach Franken zu übersiedeln. Ich bin kein Stadtmensch. Wenn ich in L.A. aus meinem Castle rausgehe, dann bin ich in einem Wahnsinnsverkehr. Hier kann ich raus und bin in 50 Metern im Wald.

Sie wechseln in unserem Gespräch zwischen Hochdeutsch und Fränkisch. . .

Wenn ich etwas eindrucksvoll sagen will, rede ich hochdeutsch. Und wenn mir was g’fällt, dann red ich fränkisch.

Nochmal zurück zur Liebe: Heute finden sich viele Menschen übers Internet. Würden Sie so etwas, wenn Sie an der Stelle heute wären, nutzen?

Niemals. Ich bin da viel zu altmodisch. Ich hab nichts dagegen, wenn Menschen das tun, wenn sie einsam sind. Ich kann aber auch nicht mitreden, denn ich kann ein Internet nicht mal anmachen.

Haben Sie ein Smartphone?

Nein, ich habe gar nichts. Ich bin froh, wenn ich ein Telefon, das keine Schnur dran hat, bedienen kann. Ich bin deppert in der Beziehung. Ich kann mit dem Handy vom Babbabär ein Foto machen, das war’s.

"Babbabär", das ist Ihr Mann ...

Ja, weil er das ist, was ich gesucht habe, seitdem ich 15 bin. Zu Ihrer Frage: Ich habe mich gradually, in ihn verliebt, immer a weng mehr. Er hat mich nach einem Jahr gefragt, ob ich seine Frau werden will. Ich habe gesagt, ich muss drüber nachdenken. Und dann hab ich mich so in ihn verliebt. So langsam, aber so g’scheit! Er hätte nie mehr gefragt. Deshalb bin ich nach zwei Jahren auf meine Knie gesunken und hab ihn gebeten, mich zu heiraten.

Elke Sommer: Frankens Hollywood-Star feiert 80. Geburtstag

© Harald Sippel

Sie sind seit über 30 Jahren ein Paar, was raten Sie in puncto Liebe?

Es ist eine Gemeinschaft und da muss der andere respektiert werden. Natürlich muss es auch mal krachen. Die Liebe ändert sich, das anfängliche Herzklopfen. Auch die Sexualität – hormonell bedingt. Aber die Liebe vergrößert sich um ein Vielfaches!

Sie haben aber auch Angst davor, wenn einer von ihnen nicht mehr ist. . .

Eine Riesenangst. Dann ist die Hälfte von dir weg. Dein Sein, alles.

Das ist quasi der Preis der großen Liebe?

Ja, ein Riesenpreis. Und jede Sekunde und jeden Gedanken wert. Weil es so ein Geschenk ist.

Haben Sie Angst vorm Tod?

Nicht vorm Sterben. Wenn der Babbabär nicht wäre, hätte ich überhaupt keine Angst.

Wofür sind Sie am dankbarsten im Ihrem Leben?

Am dankbarsten bin ich, dass ich geboren worden bin.

Gibt es etwas, dass sie bedauern?

Ja, meine erste Ehe. Sonst nix.

Was wünschen Sie sich?

Dass es uns noch vergönnt ist, ein paar gute Jahre zu haben. Ich möcht noch so viel wissen von der Welt!

Zur Person: Elke Sommer wurde 1940 als Elke Schletz in Berlin geboren. Als Zweijährige floh sie mit den Eltern nach Franken. In den 60ern gelang ihr der Sprung nach Hollywood. Sie spielte in rund 100 Filmen und über 50 Theaterstücken, u.a. in "Der Preis" oder "Das Totenschiff". Mit Größen wie Paul Newman oder Glenn Ford. Sie erhielt den Golden Globe und zweimal den Bambi. Sie ist auch Malerin mit internationalen Ausstellungen. Mit dem ehemaligen Hotelier Wolf Walther ist sie in zweiter Ehe verheiratet. Das Paar lebt in Marloffstein bei Erlangen und in Los Angeles.

Fernsehtipp: Doku "Tafelrunde für Elke Sommer" am 5.11. um 22.45 im BR.

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