Maßnahmen zu Lehrermangel sind "völlig inakzeptabel"

7.2.2020, 06:00 Uhr
Maßnahmen zu Lehrermangel sind

Das Beste kommt zum Schluss? Das, befürchtet Stefan Bühler, wird für die letzten Jahre seiner Berufslaufbahn nicht zutreffen. Stefan Bühler ist 62 Jahre alt, Lehrer an der Penzoldt-Mittelschule in Spardorf und außerdem Vorsitzender des Kreisverbands Erlangen des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV). Im Moment sieht er, dass es brennt an der Lehrerfront. 


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Damit weiß Bühler sich auch im Einklang mit seinen Verbandskolleginnen Manuela Janisch (Kreisverband Herzogenaurach) und Elke Bohnhorst (Kreisverband Erlangen-Oberland). Mit deutlichen Worten prangern sie die aus Sicht des BLLV verfehlte Planung der Regierung an, die mit ihren Prognosen bezüglich der Schülerzahlen schon seit Jahren daneben liege. "Wir mahnen und fordern seit vielen Jahren, dass dringend etwas gegen den Lehrermangel geschehen muss."

Zu einem landesweiten Aktionstag hat der BLLV für heute aufgerufen, Bühler wird um 15.30 Uhr in Nürnberg vor der Lorenzkirche bei der Kundgebung dabei sein. Der Protest richtet sich unter anderem gegen das angekündigte "Arbeitszeitkonto" für Grundschullehrer, die in den nächsten fünf Jahren eine Stunde in der Woche mehr unterrichten und danach wieder abbauen sollen.

Vor über zehn Jahren habe er an der Mittelschule genau das schon einmal mitgemacht, sagt Bühler. "Wir hatten damals einen Schülerberg, der untertunnelt werden musste, so die Formulierung des Kultusministerium in jenen Jahren." Heute wie damals müssen aus seiner Sicht die Lehrer das Versagen der bayerischen Schul- und Bildungspolitik ausbaden.

 

Auch gegen die Anhebung der Unterrichtsstunden bei Lehrern in Teilzeit richten sich die Proteste. Betroffen davon sind neben den Grundschul- auch die Mittelschullehrer, nicht betroffen sind Lehrer mit Kindern in "familienpolitischer" Teilzeit. "Das Kind ist in den Brunnen gefallen", konstatiert Bühler. "Und jetzt werden die älteren Lehrer losgeschickt und sollen es herausholen."

Ältere Lehrkräfte seien erschöpft und ausgebrannt

Das aber, so glaubt er, werde der Politik "auf die Füße fallen". Es werde vermehrt zu Krankschreibungen kommen, weil ältere Lehrkräfte erschöpft und ausgebrannt seien. Die bis Ende Januar versprochenen neuen Regeln für Vorruhestandsanträge wiederum seien noch nicht bekannt gegeben worden. Eine Antwort auf den Antrag, den er selbst gestellt hat, hat er ebenfalls noch nicht.

Bühler befürchtet aber auch, dass letztlich die Kinder die Leidtragenden der Bildungspolitik sein werden. Denn bisher übernehmen viele Lehrer über das bezahlte Stundenkontingent hinaus zusätzliche freiwillige Aufgaben, vom Schullandheim –"das im Lehrplan ein Kann-Angebot ist, aber kein Muss"– bis hin zu Schulfesten an Samstagen.

Bühler selbst, der seit 1989 die Big Band an der Ernst-Penzoldt-Mittelschule aufgebaut hat, erinnert sich an Auftritte zum Beispiel beim Erlanger Weihnachtsmarkt. Letzteres fällt in die Kategorie "Unbezahltes Engagement". Viele Lehrer, so sagt er, würden aus Idealismus "ähnliche Sachen" machen. Aber das sieht er in Gefahr, die Motivation "schwindet stark". Man werde beim BLLV überlegen, "was wir an zusätzlichen Aufgaben streichen müssen".


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Dass der Lehrermangel an den Grundschulen hausgemacht ist, steht für Bühler außer Zweifel. Auf das Studium habe es eine Zulassungsbeschränkung gegeben, "weil wir zu wenig Studienplätze haben". Auch wenn die Zahl der Studienplätze nun um 900 steigen wird: Zur Geringschätzung der Lehrer passt in seinen Augen, dass – wie berichtet – der Nürnberger Lehrstuhl für Kunstpädagogik eine Stelle an die Chemie abgeben muss. "Mit der Lehrerausbildung kann an den Universitäten kein Staat gemacht werden", meint Bühler. Umso wichtiger, dass der BLLV auf mehr Bildungsqualität dringe. Und dies nun auch mit dem Aktionstag und mit Protest-Postkarten an den Kultusminister herantrage.

Elternverband kann den Protest nur bedingt nachvollziehen

Von Elternseite kommen unterdessen auf EN-Nachfrage verhaltene Töne. Der Bayerische Elternverband e. V. könne den Protest der Lehrer an den Grund- und Mittelschulen nur bedingt nachvollziehen, meint die Kreisbeauftragte für Erlangen und Erlangen-Land Monika Roemer-Girbig. "Sicher wäre es schön, "wenn für alle Stunden und alle krankheitsbedingten Ausfälle genügend Ersatz zur Verfügung stünde". Allerdings werde "von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen auch erwartet, dass er oder sie in schwierigen Zeiten seinen oder ihren Beitrag leistet".

Roemer-Girbig betont, dass der Zunahme von Anforderungen an die Lehrer mit der verstärkten Einführung von multiprofessionellen Teams begegnet werden sollte – durch die Hinzuziehung von mehr Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern, Ergotherapeuten und Logopäden sowie von Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten.

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