Franken, Bayern und Schwaben im Vergleich

Neue Dialekt-Datenbank mit 50.000 fränkischen Begriffen ist online

19.7.2021, 09:52 Uhr
Neue Dialekt-Datenbank mit 50.000 fränkischen Begriffen ist online

© Christiane Richter

Ab sofort kann jeder Interessierte in der Datenbank BDO (steht für "Bayerns Dialekte Online") die Bedeutung von Begriffen wie "Pullenbatzer" (ein Aufsatz für Babytrinkflaschen), "Schmierjackel" (ein eitler Mann mit gegelten Haaren) oder "Dachschlupfer" (ein sehr kleines Haus) recherchieren und ganze Wörterbuchartikel dazu lesen. Die neue Suchmaschine soll einmal alle Forschungsergebnisse des Bayerischen Wörterbuchs, des Fränkischen Wörterbuchs und des "Dialektologischen Informationssystems von Bayerisch-Schwaben" zusammenfassen und der Allgemeinheit zugänglich machen.

Zurzeit allerdings steht dieses digitale Sprachinformationssystems noch ganz am Anfang. Wenn der Nutzer diesen oder jenen Begriff anklickt, bekommt er in den meisten Fällen den Hinweis "Dieser Artikel ist ein Platzhalter für dieses Stichwort, da es sich noch in Bearbeitung befindet und künftig in die BDO eingespeist wird" angezeigt. Am weitesten ist bisher die digitale Transformation des fränkischen Wörterbuchs vorangeschritten, etwa 50.000 fränkische Begriffe sind inzwischen in der BDO-Datenbank zu finden.

Jerusalemsschleicher oder Jesuitenschlappen

Etwa der erwähnte "Rabenschinder", ein Synonym für ein stumpfes Messer, der "Kapellbucktiroler", ein abfälliger Ausdruck für einen Franken, der bayerische Tracht trägt, oder die "Jerusalemsschleicher", eine fränkische Variante der Jesuslatschen oder Jesuitenschlappen - also Riemensandalen, die für manche Menschen eine ziemliche Modesünde sind und die sich auf diese Weise über deren Träger mokieren.

Das Angebot wendet sich laut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften nicht nur an die Fachwissenschaft, sondern gezielt auch an das sprachinteressierte Laienpublikum. Es wird der Wortschatz aller Dialekte Bayerns – von Aschaffenburg bis Berchtesgaden, von Nördlingen bis Passau, von Lindau bis Hof – gesammelt und greifbar gemacht.


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Mechthild Habermann, Professorin für Germanistische Sprachwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg und Projektleiterin des Fränkischen Wörterbuches, betont: "Die BDO zeigt den Reichtum der Dialekte Bayerns im Verbund. Erst durch diese Gesamtschau wird deutlich, wie eng Bairisch, Schwäbisch und Fränkisch miteinander verwoben sind." Die Initiatoren erhoffen sich durch das neue Sprachinformationssystem Anregungen für weitere Forschungsfragen, die über den einzelnen Dialekt hinausgehen.

Auch Anthony Rowley, Projektleiter des Bayerischen Wörterbuches, betont die neue Perspektive auf die Dialekte: "Bayerns Dialekte Online wird einen ganz neuen Blick erlauben auf den Wortschatz der Dialekte aller Landesteile. Mit der neuen Datenbank wird man den Dialektwortschatz Altbayerns, Frankens und Schwabens nebeneinanderstellen und vergleichen können."

Angebot lädt zum Stöbern ein

Nutzer der neuen Online-Datenbank können das gesuchte Wort einfach in eine Suchzeile eingeben und bekommen dann die Bedeutung, Quellen und eine Karte mit der Verbreitung angezeigt. Aber auch zum Stöbern lädt die Webseite ein, denn in einer "Wort-Cloud" sieht man unterhalb der Suchmaske eine zufällige Sammlung von Worten, die sich auch direkt anklicken lässt.

Auf diese Weise erfährt man dann zum Beispiel, dass ein "Ochsenmockelein" ein junges kastriertes männliches Rind ist und dass jemand ein starker Raucher ist, wenn er "tabakelt". Der Begriff "Käsmockelein" wiederum wurde in manchen fränkischen Gegenden für das körperlich schwächste Kind in der Klasse verwendet.


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