Corona-Denunziation? Pro Tag Hunderte Anrufe in Franken

8.5.2020, 09:10 Uhr
Das "Herz der Polizei“: In der Einsatzzentrale des Präsidiums in der Nürnberger Schlotfegergasse gehen täglich rund 700 Notrufe ein.

© Michael Matejka Das "Herz der Polizei“: In der Einsatzzentrale des Präsidiums in der Nürnberger Schlotfegergasse gehen täglich rund 700 Notrufe ein.

Ja, es gibt ihn. Den Nachbarn, der zum Hörer greift, wenn die Familie nebenan trotz des Verbots eine Grillparty im Garten feiert oder auf einer Parkbank mehr als zwei Leute sitzen. Manche in den Naherholungsgebieten der Region haben auch Fahrzeuge mit Argusaugen beobachtet und der Polizei gemeldet, wenn das Kennzeichen mit "N" oder "FÜ" anfängt. Weil Städter in Corona-Zeiten hier nichts zu suchen haben. Ungeachtet dessen, dass hier auch ein Einheimischer in einem Firmenauto sitzen kann.


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Es ist schwer zu klären, aus welchen Motiven die Menschen wirklich in den Polizei-Einsatzzentralen anrufen und auf Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz hinweisen. Klar ist aber, dass das bayerische Innenministerium anfangs die Bürger ermuntert hat, Verstöße zu melden. Während in anderen Bundesländern die Regierungen ihre Bürger zur Mäßigung aufgefordert haben, weil sich Einheimische nicht zu Hütern der Ausgangsbeschränkungen aufschwingen sollen.

"Das ist aber keine signifikante Gruppe"

Von Denunziantentum will Peter Herold aber nicht sprechen. Der Leiter der Einsatzzentrale in Nürnberg findet, dass das kein angemessener Begriff sei. Die große Mehrheit der Anrufer "macht sich ernsthaft Gedanken. Die Leute wollen nicht, dass sich das Virus ausbreitet", sagt er. Natürlich gebe es den Nachbarn, der einem anderen eins auswischen wolle. "Das ist aber keine signifikante Gruppe."

Corona-Denunziation? Pro Tag Hunderte Anrufe in Franken

Im Durchschnitt wählen täglich 700 Menschen den Notruf 110 und landen in der Einsatzzentrale. Davon haben 50 bis 300 Anrufe einen Bezug zu Corona. Vorwiegend geht es um Menschenansammlungen, bei denen der Sicherheitsabstand von 1,50 Metern unterschritten wird. Es geht aber auch um fremde Personen, die sich in Wohnungen aufhalten, in denen sie nicht gemeldet sind.

Betrieb in drei Schichten

"Uns erreichen auch viele Notrufe, die keinen Einsatz nach sich ziehen. Sie beziehen sich auf allgemeine Auskünfte, ob Baumärkte öffnen oder ob man die Familie besuchen darf." Dafür sei die Einsatzzentrale aber nicht zuständig. Für diese Fälle gebe es spezielle Corona-Bürgertelefone (in Nürnberg: 09 11/6 43 75 - 8 88, Montag bis Sonntag von 8.30 bis 16 Uhr). Schwierigkeiten bekommt jemand, der mit so einem Anliegen über die 110 in der Einsatzzentrale anruft, aber nicht. "Das ist kein Missbrauch des Notrufs. Da steckt ja keine Absicht dahinter", sagt der 56-Jährige.

Die Einsatzzentrale des Präsidiums an der Nürnberger Schlotfegergasse ist das "Herz der Polizei". Es gelten auch hier besondere Infektionsschutz-Regeln. Die 82 Beschäftigten halten den Betrieb in drei Schichten rund um die Uhr am Laufen. Um das Risiko einer Ansteckung zu verringern, ist eine zweite, provisorische Einsatzzentrale eingerichtet worden. Bei Schichtwechsel nimmt die antretende Gruppe die Plätze in der zweiten Zentrale ein, die in den Stunden zuvor frisch desinfiziert wurde. Hat die vorherige Schicht die genutzte erste Einsatzzentrale verlassen, rücken dort die Reinigungstrupps an, um sie für die nächste Schicht vorzubereiten.

In der Regel, also außerhalb der Corona-Krise, sind es vor allem Verkehrsunfälle, die Anrufer melden. An zweiter Stelle, so Herold, stehen "verdächtige Wahrnehmungen". Wenn sich zum Beispiel fremde Personen in Häusern aufhalten. "Dieser Anlass wird bei uns erfasst, um die Bearbeitung kümmern sich die Inspektionen." Bei verdächtigen Wahrnehmungen kann nichts oder etwas Handfestes dahinterstecken – etwa ein Einbruch oder ein Kfz-Diebstahl.

Über aktuelle Entwicklungen in der Corona-Krise  Die Anzahl der Corona-Infizierten in der Region finden Sie hier täglich aktualisiert. Die weltweiten Fallzahlen können Sie an dieser Stelle abrufen.


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