Studie am Klinikum Nürnberg

Die perfekte Nahrung für Frühgeborene

28.7.2021, 12:50 Uhr
Frühgeborene haben spezielle Bedürfnisse: Das Klinikum will nun mit einer Studie die Nahrung optimieren.

© Guido Kirchner, NN Frühgeborene haben spezielle Bedürfnisse: Das Klinikum will nun mit einer Studie die Nahrung optimieren.

Manchmal ist es ganz anders als geplant - und so manches Kind kommt urplötzlich vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt. Diese Neugeborenen müssen kämpfen, und es kämpfen auch die Ärzte und die Eltern darum, dass der Start ins Leben trotz aller Schwierigkeiten möglichst gut gelingt.

Frühgeborene sind laut Klinikum Säuglinge, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Dazu erklärt Professor Christoph Fusch, Ärztlicher Leiter der Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche am Klinikum: "Je früher die Kinder geboren werden, desto mehr Probleme haben sie in der Regel. Ein Baby, das vor der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, wird also mehr Schwierigkeiten haben als eine späte Frühgeburt nach der 34. Schwangerschaftswoche."

Ein häufiges Problem sei die "Unreife der Organe", wie Fusch sagt: "Bei der Lunge macht sich das am ehesten bemerkbar. Je früher das Kind zur Welt kommt, desto mehr Unterstützung bei der Atmung braucht es. Die Atemunterstützung erfolgt nicht-invasiv. Das heißt: Die Kinder bekommen über eine kleine Maske oder zwei Röhrchen über die Nase ein Sauerstoff-Luftgemisch, damit sie optimal versorgt sind."


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Schon seit vielen Jahren wird am Klinikum zur Ernährung von Babys geforscht. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) am Klinikum möchte nun in einer Studie die individuelle Bewegung von Frühgeborenen messen - und hat dafür den Forschungsförderungspreis der "Nürnberger Krankenversicherung" in Höhe von 10.000 Euro erhalten.

Die optimale Entwicklung

Bereits am Anfang des Lebens wird der Grundstein für viele spätere Krankheiten wie Adipositas, Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelegt. Ein Baustein ist dabei die bestmögliche Ernährung für Früh- und Neugeborene: Denn dies ist eine wichtige Voraussetzung, dass sich Kinder körperlich und neurologisch optimal entwickeln.

Die Studie, die vier Jahre lang laufen soll, setzt hier an. "Wir wollen herausfinden, wie die körperliche Aktivität der Frühgeborenen ist und wie viel zusätzliche Energie wir deshalb mit der Nahrung ausgleichen müssen. Wir erhoffen uns dadurch eine Verbesserung des Wachstums und eine optimale Körperzusammensetzung mit normaler Fettmasse und der besten neurologischen Entwicklung des Kindes", erklärt Privatdozent Dr. Niels Rochow, Oberarzt der Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche am Klinikum Nürnberg. Er leitet das Projekt gemeinsam mit Assistenzärztin Lea Kahlenberg.

Warum ist eine individuelle Nahrung so wichtig? Ganz einfach: Eine zu geringe Nährstoffzufuhr kann unter anderem zu einer nicht ausreichenden neurologischen Entwicklung und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Ein Zuviel von Ernährung fördert dagegen eine hervorragende neurologische Entwicklung, aber eben auch ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit und Erkrankungen wie Adipositas oder Diabetes mellitus.

Dr. Christoph Fusch, Ärztlicher Leiter der Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche am Klinikum Nürnberg, auf der Frühchen-Station. Das Bild wurde vor der Pandemie aufgenommen.

Dr. Christoph Fusch, Ärztlicher Leiter der Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche am Klinikum Nürnberg, auf der Frühchen-Station. Das Bild wurde vor der Pandemie aufgenommen. © Rudi Ott, NNZ

Fusch führt aus: "Frühchen haben einen unterschiedlichen Energiebedarf für ihren Stoffwechsel, für ihre Atmung oder für ihre Bewegungen. Es gibt ganz agile Frühchen und andere, die sich weniger bewegen. Deshalb ergibt es Sinn, die Bewegung zu messen, um daraus Rückschlüsse auf den Nahrungsbedarf ziehen zu können."

"Muttermilch ist das Nonplusultra"

Grundsätzlich sagt der Mediziner: "Muttermilch ist auch für Frühchen das Nonplusultra, um einen guten Start ins Leben zu haben. Alle Frühchen dürfen Muttermilch bekommen - unabhängig davon, wie jung, reif oder unreif sie sind." Er führt aus: "Wichtig ist für die Kleinen auch die Vormilch der Mutter, das Kolostrum. Diese Vormilch beinhaltet viele Eiweiße und andere wichtige Substanzen." Je älter und reifer die Frühchen sind, desto eher schaffen sie es, selbst zu trinken. "Manche können das schon ab der 31. oder 32. Schwangerschaftswoche. Jüngere Babys erhalten die Milch über eine Magensonde."


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Fusch verdeutlicht: "Wir beobachten bei uns im Klinikum das Wachstum der Kinder jeden Tag ganz genau. Dafür schauen wir uns auch die Zusammensetzung und den Nährstoffgehalt der Muttermilch an, denn jede Muttermilch setzt sich ein bisschen anders zusammen." Er ergänzt: "Wir können dann zum Beispiel Kohlenhydrate oder Eiweiß beimengen je nach Bedarf, um einen optimalen Muttermilch-Mix zu erhalten."

Der Mediziner erklärt: "Wenn Mütter noch keine Milch haben oder nicht stillen können oder wollen, dann geben wir unseren Frühchen gespendete Muttermilch." Christoph Fusch gehört zu den Gründern der Frauenmilchbank-Initiative. Der gemeinnützige Verein setzt sich dafür ein, dass alle bedürftigen Frühgeborenen in Deutschland, denen keine Muttermilch zur Verfügung steht, einen Zugang zu Milch aus einer Frauenmilchbank erhalten.

Die Idee dahinter ist ganz simpel: Nicht immer haben Mütter nach der Geburt sofort genügend Milch. Wenn Frauen etwa selbst bestimmte Medikamente einnehmen müssen oder mit einer Chemotherapie behandelt werden, dann können sie ihre Kinder nicht stillen. Grundsätzlich kommen für die Milchspende gesunde Mütter in Frage, die einen deutlichen Milchüberschuss haben.


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Derzeit sind 33 Frauenmilchbanken in Deutschland bekannt. Die meisten versorgen ausschließlich Neugeborene der eigenen Klinik mit Spendermilch. Nürnberg hat keine Milchbank, wie Christoph Fusch berichtet - noch nicht. "Wir sind aber dabei, eine Milchbank zu planen und aufzubauen." Er ergänzt: "Im Umkreis gibt es leider keine Möglichkeit, Milchspenden abzugeben. Die nächste Adresse wäre Leipzig."

Bleibt die Frage: Wie soll für die Studie die Bewegung der Frühchen gemessen werden? "Dafür machen wir ultraleichte Sensoren an Füßchen und Händchen, welche die Bewegung des Babys rund um die Uhr aufzeichnen." Fusch betont: "Wir machen das natürlich nur, wenn die Eltern einverstanden sind."

Unter www.frauenmilchbank.de gibt es mehr Infos.

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