Gutschein nach 62 Jahren eingelöst: Nürnberger Ehepaar ging viral

21.8.2020, 17:46 Uhr
Richard Müller mit Frau Gisela beim morgendlichen Zeitung lesen. Er liest hauptsächlich den politischen Teil. Sie zuerst die Todesanzeigen.

© Stefan Hippel Richard Müller mit Frau Gisela beim morgendlichen Zeitung lesen. Er liest hauptsächlich den politischen Teil. Sie zuerst die Todesanzeigen.

Eigentlich wollte Gisela Müller nur das Rezept für eine schmackhafte Gemüsesuppe suchen. Sie blätterte in dem Kochbuch, das sie zur ihrer Hochzeit im Jahr 1958 geschenkt bekommen hatte. Und dabei entdeckte sie einen Gutschein für einen Monat kostenlosen Bezug der Nürnberger Zeitung. Ob der noch gilt, fragte sich Ehemann Richard Müller. Eigentlich mehr aus Spaß, ernsthaft war das nicht gemeint, merkt der 86-Jährige augenzwinkernd an.

Wie die Zeit vergeht: Ursula und Richard Müller bei ihrer Hochzeit vor 62 Jahren in der katholischen Kirche St. Karl Borromäus in Mögeldorf

Wie die Zeit vergeht: Ursula und Richard Müller bei ihrer Hochzeit vor 62 Jahren in der katholischen Kirche St. Karl Borromäus in Mögeldorf © Foto: privat

Zumal auf dem beigen Gutschein vermerkt war: "Nur für Brautleute. Nicht übertragbar." Naja, taufrische "Brautleute" kann man die Müllers nicht mehr nennen, immerhin sind sie schon seit 62 Jahren glücklich verheiratet. Aber fragen kostet nichts, und so beschlossen die beiden, über einen Bekannten im Verlag Nürnberger Presse nachzuhaken.

Spontane, überraschende Zusage

Zu ihrer großen Überraschung kam prompt eine positive Antwort: "Selbstverständlich darf Ehepaar Müller den Gutschein jetzt noch einlösen", erklärte Alexander Wolf, Leiter des Lesermarkts des Verlags Nürnberger Presse, spontan, auch wenn die Gültigkeit des Gutscheins von 1958 auf lediglich drei Monate begrenzt war. Diese Frist war also längst abgelaufen. Doch der Verlag Nürnberger Presse fand die Geschichte so originell, dass das Mögeldorfer Paar bereits am nächsten Morgen die Nürnberger Zeitung zuverlässig zugestellt bekam. Und ein Artikel dazu im Blatt erschien.

Im Briefkasten befand sich aber nicht nur die aktuelle Zeitung. Mehrere Bekannte der Familie Müller, die die Nürnberger Zeitung oder die Nürnberger Nachrichten schon seit langem abonniert haben, schnitten den Zeitungsbericht aus und warfen ihn bei den Müllers ein. Während einer Familienfeier und bei Begegnungen mit Nachbarn wurden sie ebenfalls darauf angesprochen.

Hohe Wellen in den sozialen Netzwerken

Doch nicht nur in ihrem Bekanntenkreis machte die Geschichte die Runde: Auch in den sozialen Netzwerken schlug die Story hohe Wellen. Über 3,6 Millionen facebook-Nutzer wurden mit der Geschichte erreicht, der Artikel wurde ausführlich kommentiert. Manche User beglückwünschdten die Müllers zu ihrem 62-jährigen Ehebund, andere lobten den Verlag: "Das ist eine schöne Geste von der Zeitung" oder "Das nenne ich mal Service".

Etliche Zeitungsleser merkten auch an: "Endlich einmal eine positive Nachricht. Man liest sonst so viel über Katastrophen und Kriege." Damit hat der Zeitungsartikel seine Absicht erreicht: den Lesern etwas Erfreuliches, Originelles mitzuteilen und nicht immer nur "schwere Kost".

"Das macht Spaß"

Ehepaar Müller sitzt jetzt jeden Morgen am Frühstückstisch und studiert interessiert die neuesten Meldungen. "Noch bevor die Kaffetasse in der Hand ist, schaue ich in die NZ", sagt Ehemann Richard. Ihn interessieren hauptsächlich politische Nachrichten ("vor allem zu Rentenfragen"), seine Frau sucht als erstes die Todesanzeigen. So hat jeder seinen speziellen Blick auf das Printprodukt.


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Und natürlich tauschen die beiden die Zeitungsseiten aus, damit jeder über alles informiert ist. "Das macht Spaß", meint Richard Müller, der als musikalischer Alleinunterhalter noch in Altenheimen unterwegs ist und anderen Altersgenossen Freude bringt. Er selbst freut sich schon auf den Weg zum Briefkasten morgen früh.

Wer keinen 62 Jahre alten Gutschein für ein kostenloses Monatsabo der Zeitung hat, kann immerhin auf andere Sonderangebote des Zeitungsverlags zurückgreifen. Zu finden sind sie hier.

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