Nürnberg kann auch digital: Das Online-Angebot der Stadt

16.10.2020, 05:48 Uhr
 Oberbürgermeister Marcus König registrierte sich bei "mein.nuernberg.de".

© Stadt Nürnberg/Christine Dierenbach  Oberbürgermeister Marcus König registrierte sich bei "mein.nuernberg.de".

Als Oberbürgermeister Marcus König in der vergangenen Woche in die Servicestelle in der Äußeren Laufer Gasse 29 spazierte, stand er noch nicht unter Corona-Verdacht. Inzwischen schon. Noch bis Freitag befindet er sich in Quarantäne und arbeitet von daheim aus. Dass er, auf dem Sofa sitzend und das Laptop auf dem Schoß, einen "Antrag zur Eigenwasserversorgungsanlage mittels Tief- oder Flachbrunnen" einreicht, ist eher unwahrscheinlich. Er könnte es aber, denn König hatte an jenem Tag in der Servicestelle ein Konto auf dem Serviceportal "Mein Nürnberg"-Konto freigeschaltet.

Nürnberg schneidet überraschend gut ab

Im Februar hatte der Eigentümerverband Haus und Grund untersucht, wie gut die digitalen Dienstleistungen und Informationen der 100 einwohnerstärksten deutschen Städte sind. Das Ergebnis: Den besten Service hat Berlin – "der Einäugige unter den Blinden hat gewonnen", gratulierte der Verbandspräsident Kai Warnecke damals wenig charmant. Nürnberg belegte in dem Ranking einen überraschend guten 13. Platz. Erlangen landete auf Platz 49, Fürth auf Platz 92. Aber wenn schon die Siegerstadt nicht überzeugt, ist das kein Ergebnis, auf das Nürnberg stolz sein kann.


Kommentar: Deutschland kann Digitalisierung nur bedingt


Im März überrollte die Coronavirus-Pandemie Deutschland. Auch die Nürnberger Verwaltung befand sich im Lockdown und damit unter einem enormen Zugzwang. "Das hat an vielen Stellen zu einer deutlich höheren Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalisierung geführt und – zum Teil notgedrungen – auch zu einer deutlich höheren Nutzung der digitalen Angebote", weiß Olaf Kuch, der Leiter des Direktoriums Bürgerservice, Digitales und Recht. Die Krise habe Schlaglichter auf Defizite und Potenziale geworfen.

Hundesteuer digital

"Die Hundesteuer lässt sich in Nürnberg prima digital regeln. Zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht. Im November 2019 habe ich unseren verstorbenen Hund abgemeldet, im Juli unser neues tierisches Familienmitglied angemeldet. Ich möchte dazu sagen, dass ich in Sachen "praktische Anwendung von Computertechnik" zumindest beim ersten Kontakt gerne mal auf dem Schlauch stehe. Aber sowohl die Ab- als auch die Anmeldung liefen reibungslos und schnell. Ich habe alles sofort kapiert und umsetzen können. Nach ein paar Minuten war alles ausgefüllt und verschickt, nach kurzer Zeit kam der schriftliche Bescheid der Stadt. Den bereits geleisteten Hundesteuer-Beitrag habe ich recht schnell zurückerstattet bekommen. Wenn die digitale Welt doch immer so unkompliziert wäre!"

Ein erboster Leser hat der Redaktion einen Screenshot geschickt. Darauf ist zu sehen, dass im gesamten Oktober keine Termine bei der Führerscheinstelle des Ordnungsamts frei sind. Dazu schreibt er: "Nürnberger bekommen ihre Führerscheine nicht, da sie keine Termine erhalten."

An diesen beiden Nutzer-Beispielen sieht man: Die Nürnberger haben sich längst daran gewöhnt, viele Behördengänge online zu erledigen. So haben in den letzten zwölf Monaten insgesamt 18 459 Bürger einen Bewohner-Parkausweis beantragt. Davon erledigten 15 093 das online, das sind 82 Prozent. 18 Prozent der Anträge wurden persönlich vor Ort abgegeben.


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Gleichzeitig kämpft die Verwaltung mit einem enormen Rückstau an unerledigten Anfragen, die auch während des Lockdowns entstanden sind. Termine für die persönliche Vorsprache sind rasend schnell ausgebucht. Wer die zentrale städtische Rufnummer 2 31-0 wählt, um sein Anliegen zu schildern, hört oft das Besetztzeichen. Das verärgert die Bürger und setzt die Mitarbeiter der Stadt unter zusätzlichen Druck.

Digitale Zukunft

Besserung ist in Sicht. "Derzeit wird ein dienstleistungs- und standortübergreifendes Terminreservierungssystem auf die verschiedenen Ämter der Stadtverwaltung ausgerollt", erklärt Olaf Kuch. Dieses System sei bereits beim Einwohneramt und bei der Kfz-Zulassungsstelle im Einsatz, bis Jahresende kommen noch die Führerscheinstelle, das Standesamt und die den dezentralen Bürgerämter dazu.

Im Grunde, so Olaf Kuch, muss der Bürger überhaupt nicht mehr ins Rathaus, wenn er nicht gerade Fingerabdrücke abgeben muss für den Personalausweis oder eine persönliche Identitätsklärung notwendig ist. So groß sei das Online-Angebot der Stadt. Das nächste große Ziel sei eine "bürgerfreundliche Wort- und Bildsprache" unter anderem im Internetauftritt und im Mailverkehr.

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