Nürnbergs berühmtester Eisbär: Zehn Jahre ohne Flocke

23.4.2020, 06:43 Uhr
Flocke wurde 2008 im Nürnberger Tiergarten geboren.

© Ralf Schedlbauer Flocke wurde 2008 im Nürnberger Tiergarten geboren.

"Wir greifen nicht in die natürliche Entwicklung ein. Wir sind nicht darauf angewiesen, auf Biegen und Brechen ein Junges aufzuziehen." Dieser Satz stammt von Helmut Mägdefrau. Gesagt hat ihn der stellvertretende Tiergarten-Direktor Anfang Januar 2008. Damals sonnte sich Vera vor ihrer Höhle. Und Mägdefrau befürchtete, dass sie sich nicht genug um ihren Nachwuchs kümmert. Mägdefrau sollte Recht behalten. Zumindest teilweise. Als ein paar Tage später ein Kameramann von hinten an den Eisbärenstall kletterte, flippte die Eisbärin aus. "Sie packte das Baby, ließ es auf einmal fallen, packte es dann wieder und schleppte es in die Höhle zurück," beschrieb Mägdefrau das Verhalten der Eisbär-Mutter damals.

Der Tiergarten aber griff doch ein – und zog das Bärchen per Hand auf. Nürnberg hatte einen Knut! Nur ein Jahr zuvor hatte der Bären-Bub im Berliner Zoo für ein riesiges Medienecho gesorgt. Und das Nürnberger Bären-Mädchen – da war man sich in Franken einig – war noch viel goldiger als der Berliner Bär.

Berichtet wurde täglich. Mitte Januar etwa: "Es ist ein absolut ruhiges und braves Baby", erzählte Mägdefrau da von dem Winzling, der es wie ein kleines Menschenkind auch genießt, wenn er von seinen Pflegern geknuddelt wird. Ein paar Tage später hat das Eisbär-Baby zum ersten Mal beide Augen geöffnet. "Es schielt ein bisschen", so die Meinung einer Tierpflegerin damals. Ende Februar wurde die Bärin – mittlerweile stand der Name Flocke fest und geschielt hat sich auch nicht mehr – zur kleinen Randaliererin. Neues Spielzeug musste her, das alte litt unter ihren Zähnen und Klauen. Eine ganze Bilderserie widmete die NZ der kleinen Bärin Anfang März. Da musste sich das Bärenkind daran gewöhnen, aus einem Napf zu fressen und vom Fläschchen wegzukommen.


Zuckersüßes Video: Flocke bringt in Frankreich Drillinge zur Welt


Kurz darauf: Erste Ausflüge an die frische Luft, allerdings nur auf Matten. So ist eine möglichst keimarme Umgebung gewährleistet. Mit drei Monaten gelüstet es das Bären-Mädchen nach fester Kost. An doppelt abgekochten Kalbsoberschenkel-Knochen durfte Flocke genüsslich herumbeißen. Anfang April dann tappste Flocke ins Freigehege – und sorgte bei den Besuchern im Tiergarten für Verzückung. Nur: Irgendwie sah die Bärin dort oft gar nicht wie eine Eisbärin aus. Weil Flocke ein richtiger Dreckbär war, ist sie damals an manchen Tagen auch gut und gerne als Braunbär durchgegangen. Kurz: Flocke begeisterte. Kein Wunder, dass viele Nürnberger ihre "Flogge" gar nicht nach Südfrankreich ziehen lassen wollten. "Flocke gehört nach Nürnberg, in ihre Geburtsstadt, und sonst nirgendwohin", ließen uns unsere Leser damals wissen.

Und dennoch: Ende April 2010 musste die Bärin umziehen. Von einem erfahrenen Tiertransporteur wurde sie zusammen mit ihrem Gefährten Rasputin nach Südfrankreich gebracht. Im "Marineland" fühlt sich Flocke wohl, hat 2015 schon einmal ein Junges aufgezogen und kümmert sich aktuell liebevoll um ihre Drillinge (zwei Buben und ein Mädchen), mit denen sie die Frische Luft genießt. Im Nürnberger Tiergarten ist man stolz. "Wir wussten, was wir tun und haben alles richtig gemacht", so Mägdefrau.

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