Vor dem Bürgerentscheid: Amazon spaltet Allersberg

11.5.2020, 06:00 Uhr
Vor dem Bürgerentscheid: Amazon spaltet Allersberg

© Foto: Giulia Iannicelli

In der Marktgemeinde, in der knapp 8400 Menschen leben, gibt es zwei Bürgerinitiativen. Eine sammelte 1100 Unterschriften gegen das Projekt, die andere 1300 dafür. Am nächsten Sonntag wird in einem Bürgerentscheid darüber abgestimmt. Gestritten wird seit Monaten um ein insgesamt 33 Hektar großes Gewerbe- und Industriegebiet nahe der Autobahn und des benachbarten Regionalbahnhofs sowie um die Ansiedlungspläne von Amazon.

Der US-Versandhändler möchte auf 19 Hektar, der größeren von zwei Teilflächen, ein Logistikzentrum errichten. Die Befürworter sehen die Chance, dass das Vorhaben Geld in die klamme Gemeindekasse spült, die Gegner sprechen von Ausverkauf und hegen Misstrauen gegen den Online-Riesen.

CSU goss Öl ins Feuer

Allersbergs parteiloser Bürgermeister Daniel Horndasch sieht eher die Vorteile der Pläne für seine hochverschuldete Kommune. "Wo soll das Geld denn herkommen, wenn nicht über mehr Gewerbe?", fragte er kürzlich. Warnenden Naturschützern hielt er entgegen: "Wer dort lieber ein Biotop möchte, muss der Bevölkerung auch erklären, warum wir das Freibad zusperren und den Hort nicht renovieren können."


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Seine Kritiker sprechen von einer Gier auf das schnelle Geld, das schnell verbraucht sei, und führen den schlechten Ruf von Amazon als umstrittener Arbeitgeber mit bedenklicher Steuermoral ins Feld. Jetzt, wenige Tage vor dem Bürgerentscheid, verschärfte Allersbergs CSU-Ortschef Thomas Schönfeld, bis vor Kurzem noch 2. Bürgermeister, die ohnehin schon aufgeheizte Debatte. Schönfeld behauptete, dass längst geklärt sei, wer sich auf der größeren Gewerbefläche ansiedle: "Die Entscheidung ist bereits für P3 Logistic Parks gefallen."

Dieses Unternehmen ist unter anderem als Projektentwickler für Amazon tätig. Es ist eine hundertprozentige Tochter von GIC, der Government of Singapore Investment Corperation, dem Staatsfonds von Singapur. Asiaten auf Einkaufstour in der fränkischen Provinz – diese Argumentation machte schnell die Runde.

Fest steht noch nichts

"Die gesamte Bevölkerung ist seit 2018 belogen worden und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gegeneinander ausgespielt worden", schrieb Schönfeld in einem Flyer. Bürgermeister Horndasch betont dagegen unermüdlich, über Grundstücksverkäufe sei noch keine Entscheidung gefallen: "Das ist Sache des Marktgemeinderates."


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Vorbehaltlich des Ausgangs des Bürgerentscheids am Sonntag stehe in keiner Weise fest, was und wie entwickelt werden könne. Die Motivation für Schönfelds Aktivitäten sieht Horndasch eher in den seit der Kommunalwahl im März geänderten Machtverhältnissen. Die CSU ist seither im Marktgemeinderat nicht mehr Mehrheitsfraktion.

Unterstützung bekommt Horndasch von P3 Logistic Parks. Es seien noch keine Vorverträge mit der Gemeinde geschlossen worden, hieß es dort. Dem Unternehmen seien auch noch keine Grundstücke zugesichert oder gar schon verkauft worden.

Man sei sehr erstaunt über das Ausmaß des Misstrauens, das P3 Deutschland in Allersberg begegne, sagte Geschäftsführer Sönke Kewitz. Man sei ein europäisches Unternehmen mit Haupt- und Verwaltungssitz in Prag, entrichte Steuern und Abgaben entsprechend der geltenden Gesetze – darunter falle auch die Gewerbesteuer für Kommunen – und fühle sich nachhaltigem Handeln verpflichtet. Allersberg sei ein sehr guter Standort, so Kewitz, "wir siedeln uns aber nur dort an, wo wir auch willkommen sind".

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