Zimmerer schlagen Alarm: US-Bauboom führt zu Holzmangel in Bayern

9.4.2021, 17:26 Uhr
Zimmerer müssen derzeit oft lange auf ihr Holz warten. Durch die gestiegenen Preise zahlen sie momentan drauf, weil die Preise mit den Kunden beim Hausbau zuvor vertraglich festgelegt wurden. Bei künftigen Bauprojekten werden aber wohl vor allem die Häuslebauer selbst draufzahlen müssen.

© Markus Scholz, NN Zimmerer müssen derzeit oft lange auf ihr Holz warten. Durch die gestiegenen Preise zahlen sie momentan drauf, weil die Preise mit den Kunden beim Hausbau zuvor vertraglich festgelegt wurden. Bei künftigen Bauprojekten werden aber wohl vor allem die Häuslebauer selbst draufzahlen müssen.

Anders als hierzulande ist Holz das bevorzugte Baumaterial in den USA - und das wird nun zu einem gewaltigen Problem für den bayerischen Holzmarkt. Denn das bayerische Holz wird gerade in Massen in die USA exportiert, wo dank eines beispiellosen Baubooms die Preise in den Himmel schießen und die bayerischen Sägewerke enorme Erlöse erzielen können.

42 Prozent mehr Holz-Exporte in die USA

Im Vergleich zum Vorjahr haben die Exporte von Nadelschnittholz aus Deutschland in die USA im Jahr 2020 um 42 Prozent zugenommen. Gleichzeitig überschritt die Zahl der verkauften Neubauten in den USA im August erstmals seit 2006 wieder die Millionen-Marke. Die Schnittholzpreise in den USA erreichten ein neues Rekordhoch.

Gleichzeitig zur enormen Nachfrage war das Angebot knapp. Die Trump-Regierung hatte schon 2017 hohe Einfuhrzölle auf kanadisches Holz verhängt. "Da hat man sich dann eben anderswohin orientiert. Und die Deutschen haben die entstandene Lücke genutzt", verdeutlicht Josef Ziegler, Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes. "Wir hatten im vergangenen Jahr extrem viel Schadholz. Die US-Verbraucher stören kleine Farbfehler aber nicht so sehr. Deshalb war das Holz dort fantastisch gut absetzbar", sagt Ziegler.

Nach den Trockenjahren 2018 und 2019 war die Borkenkäfer-Situation in etlichen Regionen außer Kontrolle geraten. "In Tschechien gab es da gigantische Ausfälle, aber auch in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. In Bayern hatten wir das noch ganz gut im Griff, aber auch eine schwierige Situation in Ost- und Nordostbayern", sagt Martin Zierhut, stellvertretender Leiter des Referats Holzwirtschaft, Forstvermögen, Forsttechnik im Bayerischen Forstministerium.

Holzpreise sackten auf Rekordtief ab

Der Markt wurde mit Unmengen an Schadholz überschwemmt, die Preise sackten auf ein Rekordtief ab. Für einen Festmeter Fichtenholz bekamen die Waldbesitzer nur noch 25 bis 35 Euro. "Phasenweise konnten die Waldbesitzer froh sein, wenn sie wenigstens die Erntekosten wieder reinbekommen haben", betont Zierhut.

Doch nun hat sich die Situation gedreht. "Nach einer aktuellen Prognose des Bundes wird in diesem Jahr 40 Prozent weniger Schadholz erwartet", erläutert Zierhut. Mit 35 Millionen Kubikmetern wären das allerdings immer noch gewaltige Mengen. "Das Borkenkäfer-Problem ist noch nicht ausgestanden, so etwas dauert schon zwei bis drei Jahre", sagt Zierhut.

Trotzdem: Es ist eben auch jetzt schon deutlich weniger Schadholz auf dem Markt als zuvor. Und weil die Baubranche in Deutschland trotz Corona boomt und extrem viel Holz ins Ausland abfließt, explodieren die Preise. Die zu zahlenden Beträge für Fichten-Rundholz haben sich auf mehr als 80 Euro pro Festmeter verdoppelt. "Im langjährigen Mittel liegt der derzeitige Preis im oberen Drittel", erläutert Josef Ziegler vom Waldbesitzerverband.


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"Die Holzmarktkrise ist erst einmal vorbei", sagt Stefan Wimberger, Sprecher der Bayerischen Staatsforsten. Die Waldbesitzer haben ihre Ausfälle der vergangenen Jahre durch den derzeitigen Aufschwung aber noch lange nicht ausgeglichen und hoffen, dass sich die Preise dauerhaft auf höherem Niveau stabilisieren.

Preise für Häuslebauer steigen

Doch Zimmerer und Schreiner klagen: Sie leiden unter langen Lieferzeiten für ihr Holz. Bei schon bestehenden Bauverträgen müssen sie jetzt ordentlich draufzahlen, bei künftigen Aufträgen werden die Kunden deutlich mehr hinlegen müssen.

Einfach mehr Holz in den Markt zu pumpen, um die Preise zu senken, ist allerdings nicht möglich. "Wir haben einen festen, nachhaltigen Hiebsatz. Wir wollen die Wälder gesund erhalten", betont Stefan Wimberger von den Staatsforsten, dem mit Abstand größten Waldbesitzer in Bayern. Jedes Jahr verlässt etwas weniger Holz die Staatswälder als gleichzeitig nachwächst.

Zuletzt konnte deshalb kaum noch Frischholz geschlagen werden, weil die geplante Menge in vielen Regionen schon durch Schadholz erreicht wurde. In diesem Jahr können die Staatsforsten aber wohl wieder planmäßig auf Frischholz umsteigen.

Staat hat kaum Einfluss auf den Holzmarkt

Die Waldbesitzer freuen sich zwar, dass sie sich langsam finanziell wieder erholen können, richtig viel Geld wird allerdings in der Großsägeindustrie verdient, die das Holz in der Regel an den Meistbietenden verkauft - derzeit eben oft ins Ausland. "Wir leben in einer von Freihandel geprägten Europäischen Union. Da können wir kaum dirigistisch eingreifen", betont Martin Zierhut vom Forstministerium. Man versuche aber, die Marktpartner beständig an einen Tisch zu gemeinsamen Gesprächen zu bringen .

"Wir bemühen uns, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Wir verkaufen unser Holz vor allem auch an kleinere und mittlere Sägebetriebe. Aber auch die Großen kaufen natürlich bei uns", sagt Stefan Wimberger von den Staatsforsten.

"Die Säger sollten sorgsam mit ihren heimischen Kunden umgehen. Sie haben in der Vergangenheit gut von ihnen gelebt - und werden sie schon bald wieder brauchen", appelliert Josef Ziegler vom Waldbesitzerverband und mahnt die Sägeindustrie, den heimischen Markt auch zu versorgen, wenn anderswo höhere Preise zu erzielen sind.


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Eigentlich könnte die deutsche Sägeindustrie den heimischen Bedarf decken. 25,2 Millionen Festmeter Schnittholz wurden im vergangenen Jahr produziert, bei einem Bedarf von 21 Millionen Festmetern. Doch viel Holz wird eben exportiert, zuletzt waren es 9,8 Millionen Festmeter.

Holz-Exportstopp in Russland

"Wir haben nicht weniger Holz, aber die Nachfrage ist weltweit gestiegen und ist höher als die Produktion. In vielen Ländern gibt es Förderprogramme für den Holzbau. Skandinavien exportiert nicht mehr so viel nach Mitteleuropa, Russland plant einen Exportstopp für Rundholz", verdeutlicht Julia Möbus, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Säge- und Holzindustrie.

Dazu komme eine psychologische Komponente, die die Spirale weiter befeuert. "Durch eine wahrgenommene Knappheit kommt es zu Mehrfachkäufen und Bevorratung", erklärt Möbus. Auch die Sägeindustrie habe aber ein großes Interesse daran, dass der deutsche Markt auf allen Stufen der Wertschöpfungskette gestärkt werde. "Es sollten möglichst alle profitieren", meint Möbus.

Sie erwartet, dass sich die Lage in den kommenden Monaten etwas beruhigen wird. "Die Sondernachfrage in den Baumärkten zum Beispiel, wo sich während der Corona-Pandemie sehr viele mit Material und Gartenmöbeln eingedeckt haben, um ihr Zuhause zu verschönern, wird sich wieder normalisieren", verdeutlicht sie.

"Zimmerer waren das nicht gewohnt"

Auch Josef Ziegler vom Waldbesitzerverband erwartet, dass sich die "zufällige Konstellation auf dem Weltmarkt" wieder einpendeln wird. "Die Zimmerer und Holzverbraucher bei uns haben so eine Situation bisher eben nicht gekannt. Sie mussten nie auf ihr Holz warten. Aber andere Baustoffe sind schon lange viel volatiler. Und jetzt trifft es eben zum ersten Mal auch das Bauholz", sagt Ziegler. Wenn man jetzt mal 1000 Euro mehr für einen Dachstuhl zahlen müsse, sei das im Vergleich zu den Gesamtkosten eines Hauses aber letztlich doch überschaubar.

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