Stürmersuche

Club-Talent im Fokus: Taugt Torjäger-Azubi Vonic schon zum Hoffnungsträger?

20.6.2022, 05:58 Uhr

Leonardo Vonic gilt beim Club als Hoffnungsträger. Trainer Robert Klauß weist dem Sturmtalent den Weg. © Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr

Als der Ball auf der linken Seite über Tim Handwerker und Manuel Wintzheimer zu Nathaniel Brown kam, hatte Leonardo Vonic wohl schon geahnt, was gleich folgen würde. Geschickt löste sich der 18-
Jährige in der Mitte von seinen Bewachern, verwertete Browns Querpass mit einem platzierten Rechtsschuss aus acht Metern und brachte den 1. FC Nürnberg damit im noch etwas holprigen ersten Test am Samstag bei Viktoria Aschaffenburg (2:0) kurz vor der Pause auf Kurs.

"Schön herausgespielt" fand Trainer Robert Klauß dieses Tor und freute sich, weil man Tore just "aus diesen Räumen" vorher ja explizit besprochen und trainiert hatte. Das 2:0 durch den Einheimischen Benjamin Baier, der eine Hereingabe von Lukas Schleimer ins eigene Tor abfälschte (50.), war vermutlich nicht ganz so besprochen und trainiert worden, die Gäste nahmen das Geschenk aber gerne an. Ihnen selbst war in der Offensive nämlich relativ wenig eingefallen gegen kompakt stehende Unterfranken, die sich im Regionalliga-Alltag mit der Club-Reserve messen. "Wir haben uns aus unserer Dominanz zu wenig Torchancen herausgespielt", bemängelte Klauß.

Dabei hatten sie nach den Eindrücken der vergangenen Saison eigentlich gedacht, dass nicht unbedingt das Kreieren, sondern eher das Verwerten von Torchancen ein Problem sei, weshalb ein sogenannter Knipser kommen soll. Nach der vom FC St. Pauli per Präsidiumsbeschluss torpedierten Rückholaktion von Guido Burgstaller, der wie erwartet nun bei Rapid Wien unterschrieben hat, gilt Christoph Daferner als Wunschkandidat. Der 24-jährige trainiert derzeit aber weiter in Dresden, im Ablösepoker scheinen Club und Dynamo noch keine akzeptable Lösung gefunden zu haben. Vom Tisch sein dürften die Gerüchte um den tschechischen Nationalspieler Michael Krmencik, den die belgische Zeitung "Het Laatste Nieuws" mit Nürnberg in Verbindung gebracht hatte. Den 29-Jährigen, der zuletzt vom FC Brügge an Slavia Prag ausgeliehen war, zieht es laut seines Instagram-Accounts nach Indonesien.

Werbung
Werbung

Vorbereitung mit den Profis

Vielleicht aber hat der Club mit Vonic den gesuchten Stürmertyp ja bereits in seinen Reihen. Exzellente Qualitäten im Abschluss bewies der Darmstädter mit kroatischen Wurzeln bereits in der U19, wo er mit 16 Treffern und fünf Vorlagen wesentlich zum zweiten Platz in der Junioren-Bundesliga Süd/Südwest beigetragen hatte. Deshalb war es auch keine große Überraschung, dass Vonic in den neu geschaffenen Perspektivkader befördert wurde und nun ebenso wie Brown, Pascal Fuchs und Filip Ilic als eines von vier ausgewählten Top-Talenten die Vorbereitung mit den Profis absolvieren darf. In Aschaffenburg setzte der bewegliche, technisch versierte Angreifer ein erstes kleines Ausrufezeichen. Aber reicht das schon, um als neuer Hoffnungsträger zu gelten? "Das Zeug dazu hat er, er muss aber im Kopf klar bleiben", urteilte U19-Trainer Andreas Wolf über seinen Vorzeigestürmer.

Shuranov als mahnendes Beispiel

Dass die Karriere auch für geborene Goalgetter kein Selbstläufer wird, lässt sich derzeit an Erik Shuranov beobachten. Der Bamberger war ebenfalls mit 18 Jahren hochgezogen worden und schien alle Lobeshymnen zu bestätigen. Fünf Tore, eines davon beim Startelfdebüt gegen Fürth, und eine Vorlage gelangen ihm in 14 Zweitliga-Einsätzen, auch die vergangene Spielzeit begann vielversprechend: Bis zur Winterpause hatte Shuranov fünfmal getroffen und drei Tore vorbereitet, im September feierte er seine Premiere in der deutschen U21. Trotz der vorzeitigen Vertragsverlängerung im November, die der Verein in den Sozialen Medien etwas übertrieben mit einem Videoclip inszeniert hatte, galt Shuranov beim klammen Club schon als potenzielles Verkaufsobjekt.

In der Rückrunde musste der Jungstar dann allerdings die erste Formkrise erleben – was sein Trainer wohl schon zu ahnen schien. "Der Erik", mahnte Klauß vergangenen Herbst, habe "sehr viel Potenzial", sei aber gerade "mittendrin in seiner Entwicklung". Und die stagnierte irgendwann. Shuranov agierte seltsam phlegmatisch, wirkte kaum mehr ins Spiel eingebunden und steuerte als Joker lediglich noch das späte 3:0 in Hannover bei. Das Portal Transfermarkt.de listet ihn aktuell als einen der großen Marktwertverlierer in der Zweiten Liga, die theoretische Ablösesumme für den 20-Jährigen sei seit Dezember von 3,5 auf drei Millionen Euro gefallen.

Was Leonardo Vonic gerade so wert sein könnte, dazu gibt es noch keine seriöse Prognose – offiziell wird der U19-Nationalspieler dem Nürnberger U21-Kader zugeordnet. Und an diesem Status dürfte auch ein Testspieltor so schnell kaum etwas ändern.