Zengers Taktiktafel: der FC St. Pauli

Dreierketten und andere Hindernisse: Der Club-Gegner scheint decodiert

29.4.2022, 09:46 Uhr
Ein bisschen ratlos wirken sie schon: Die Ende 2021 sehr gute Ausgangsposition des FC Sankt Pauli ist im April 2022 nur noch ganz okay.

© Marcus Brandt, dpa Ein bisschen ratlos wirken sie schon: Die Ende 2021 sehr gute Ausgangsposition des FC Sankt Pauli ist im April 2022 nur noch ganz okay.

Wie war das Hinspiel?

Der 1. FC Nürnberg lief schnell einem 0:2-Rückstand hinterher. Nach zehn Minuten hatten Burgstaller und Paqarada je einmal getroffen und einmal vorgelegt. Trotzdem stellte der Club St. Pauli vor einige Probleme. Die Kiezkicker taten sich mit dem Nürnberger Pressing über weite Strecken schwer. Dabei war es weniger die Intensität des Drucks, den der Club ausübte und mehr dessen gezielter Einsatz, der den Hamburgern zu schaffen machte.

Die Bewegung der Außenverteidiger mit Ball wurde als Pressingauslöser gewählt, aus dem 4-4-2 mit Raute wurde – wie immer – gegen den Ball ein 4-3-3 und dann konsequent angelaufen und zugestellt. St. Pauli wählte aus dem Pressing meist den Ball nach vorne. So eroberten Krauß und Tempelmann im Zentrum viele Bälle. Einzig Matanović, Burgstallers Sturmpartner, funktionierte als Anspielstation.

So wurde das Spiel wild und fahrig. Der Club machte aber zu wenig aus seinem Pressing. Er kam zu einigen Chancen, aber nur zu einem Tor durch Johannes Geis, das die Hamburger nach der Pause in einer Nürnberger Dominanzphase durch Adam Dźwigała konterten. "Wenn wir das 2:2 machen, kippt das Spiel auf unsere Seite”, meinte Robert Klauß. Machten sie aber nicht und auch der erneute Anschlusstreffer durch Manuel Schäffler verhinderte die 2:3-Niederlage nicht - oder, wie Johannes Geis sagte: „Es fehlen gegen solche Mannschaften noch Kleinigkeiten.“

Was ist seitdem anders?

Der Schwung, den St. Pauli in der Hinrunde hatte, ist den Kiezkickern verloren gegangen. Lediglich 17 Punkte holte St. Pauli in der Rückrunde, nachdem man die Hinserie noch mit 36 Punkten abgeschlossen hatte. Elf Siege hatte St. Pauli bis dahin geholt. Es kamen seitdem nur noch vier dazu. Auch die Heimstärke wurde deutlich geringer. Nur noch acht Punkte aus sechs Spielen holte man am Millerntor. In der Hinrunde hatte St. Pauli noch alle acht Heimspiele gewonnen.

Ein möglicher Grund liegt darin, dass immer mehr Trainer sich entschlossen, gegen St. Paulis 4-4-2 mit Raute von ihrer gewohnten Formation abzuweichen. Soweit, dass Timo Schultz fast schon frustriert zu Protokoll gab: „Ich habe mir abgewöhnt zu gucken, wie die Mannschaften vorher gespielt haben, weil es gegen uns dann ja meist ein bisschen anders aussieht.“ Viele gehen dazu über, mit einer Dreierkette zu agieren. Angesichts dessen, dass St. Pauli gegen Dreierketten im Schnitt 1,21 Punkte (17 Punkte/14 Spiele) holte, gegen Viererketten aber 2,09 Punkte (44/21), ist das durchaus nachvollziehbar und nicht allein mit Gegnerqualität zu erklären.

Allerdings wendet Schultz gegenüber dem „Millernton“ auch ein: „Wir haben diese Saison auch sehr gute Spiele gegen Dreierketten gezeigt. Ich sehe das Problem eher in der eigenen Zweikampfführung, in der Griffigkeit gegen den Ball und dass wir die Kompaktheit halten. (…) Ich tue mich immer schwer, das an einem System fest zu machen. Teilweise war aber gegen defensiv denkende Dreierketten unsere Konterabsicherung aber auch einfach nicht so gut.“ Dennoch erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass Robert Klauß – wie in Bremen – auf eine Dreierkette zurückgreift.

Wer sind die Top 2 unter 23?

Die Besonderheit bei St. Pauli ist, dass die Hamburger das Team sind, das den höchsten Anteil an Minuten für Spieler zwischen 24 und 29 gibt. Gemeinhin gilt dieses Alter als das Alter, in dem Spieler ihren Leistungszenit haben. Auch darin könnte ein Grund für den Erfolg der "Boys in Brown" liegen. Dennoch haben sie natürlich jüngere Spieler in ihren Reihen. Jakov Medić (23), der einst in der U21 des FCN zusammen mit St. Paulis Torwart Nikola Vasilj spielte, ist in dieser Kolumne schon vorgestellt worden.

Ein anderer Junger, der am Freitag in den Mittelpunkt rücken könnte, ist Finn-Ole Becker (21). Der U21-Nationalspieler wechselt nach der Saison zur TSG Hoffenheim, obwohl er meist nur zweite Wahl als rechte Acht hinter Jackson Irvine gewesen ist. Doch der Australier ist ebenso wie die linke Acht, Marcel Hartel, gesperrt, so dass Becker wohl zum Einsatz kommen wird. Das Eigengewächs der Hamburger zeichnet sich dadurch aus, dass er den Ball dort hinspielen, aber auch empfangen kann, wo es wichtig ist und dass er Situationen im zentralen Mittelfeld auch einmal im Eins-gegen-Eins lösen kann.

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