Handball-WM und Corona: Muss das sein?

13.1.2021, 17:15 Uhr
Auf Steffen Weinhold müssen die deutschen Handballer diesmal verzichten.

© Foto: Sarah Hoffmann Auf Steffen Weinhold müssen die deutschen Handballer diesmal verzichten.

Früher standen sie oft gemeinsam auf der Platte: Benjamin Franz und Steffen Weinhold. Fast ihre gesamte Jugend waren die beiden Handballer Teamkollegen – in der Bezirksauswahl und der bayerischen Landesauswahl. Ein "brutaler Techniker" und "eine G‘waltsau" war Weinhold damals schon, sagt Franz, der heute die Handballer des TV Gunzenhausen in der Bezirksoberliga trainiert. "Dass er aber mal Nationalspieler werden würde, das war nicht abzusehen."


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Mit 17 dann haben sich die sportlichen Lebenswege der beiden getrennt. Weinhold, zuvor beim TSV Altenberg und beim TSV Zirndorf aktiv, wechselt 2003 zum damaligen Zweitligisten HC Erlangen. Der Beginn einer der ganz großen Karrieren des deutschen Handballs. Je zweimal wurde der 34-Jährige inzwischen deutscher Meister und deutscher Pokalsieger, mit der Nationalmannschaft holte er 2016 die Europameisterschaft. Erst etwa zwei Wochen ist er her, dass er im Trikot des THW Kiel die Champions League gewonnen hat – auch das bereits zum zweiten Mal in seiner Laufbahn. Damit ist er der einzige deutsche Handballer, der die Champions League mit zwei unterschiedlichen Teams gewinnen konnte.

Zuschauer müssen draußen bleiben

Benjamin Franz dagegen hat den Sprung auf die große Handball-Bühne nicht geschafft. Lange trug er selbst das Trikot des TV Gunzenhausen, heute steht er als Trainer an der Seitenlinie. Seinen ehemaligen Teamkollegen Weinhold sieht er schon seit vielen Jahren nur noch im Fernsehen. Bei der Weltmeisterschaft in Ägypten wird der jedoch nicht dabei sein. Schon in Dezember hat Weinhold seine Teilnahme abgesagt. Die Familie in Zeiten der Pandemie wochenlang alleine lassen, das war es ihm nicht wert. Auch Hendrik Pekeler, Finn Lemke und Patrick Wiencek wollten angesichts der Corona-Lage nicht mit zur WM.

"Ich kann schon verstehen, wenn jemand sagt, er fährt da nicht hin. Aber letztlich muss das jeder für sich selbst wissen", sagt der Gunzenhäuser Franz. Er werde sich das Turnier anschauen, so oft er eben dazukommt. Dass man nun, entgegen der Planungen von Hassan Moustafa, dem Präsidenten des Welthandballverbands (IHF), das Turnier vor leeren Rängen austrägt, findet er nachvollziehbar: "Ich verstehe, dass die Spieler die größtmögliche Sicherheit wollen." Mit einem offenen Brief machten einige Weltklasse-Spieler in Sachen Zuschauer Druck auf den Verband.

Wenigstens im TV läuft Handball

Dass das Virus auch ohne Publikum zum Problem werden könnte, zeigte sich jedoch schon vor Turnierbeginn. Bereits am Montag meldete das tschechische Team zehn Corona-Fälle in seiner Delegation. Am Dienstag beklagte dann US-Nationaltrainer Robert Hedin, dass ganze 18 seiner Spieler positiv getestet wurden und man nun praktisch ohne Abwehr nach Ägypten fliegen müsste. Franz kommentiert das mit einem Schuss Humor: "Die Amerikaner haben sowieso keine Abwehr, auch wenn alle Spieler dabei sind." Außerdem gebe es ja letztlich für alle Nationen ein ähnliches Risiko, sich mit Corona zu infizieren. Inzwischen haben sich jedoch sowohl die USA als auch Tschechien dazu entschlossen, nicht nach Ägypten zu reisen und auf die WM zu verzichten.

Hier noch als Spieler für den TV in Aktion – Benjamin Franz.

Hier noch als Spieler für den TV in Aktion – Benjamin Franz. © Foto: Sarah Hoffmann

Auch Theresa Branner, die bei den Bezirksliga-Damen des TV Gunzenhausen als Rechtsaußen aufläuft, freut sich, in dieser tristen Zeit zumindest hochklassigen Handball im Fernsehen zu sehen. "Ich bin aber trotzdem etwas zwiegespalten. Bei 32 Mannschaften ist das Risiko natürlich schon hoch. Vielleicht hätte man das Turnier auch mit weniger Teams und weniger Gruppenspielen austragen können", schlägt sie vor.

"Die Saison fällt flach"

Spieler, die sich gegen eine Teilnahme entschieden haben, kann sie "komplett verstehen". Allerdings, fügt sie hinzu, habe die Saison in der Champions League ja ebenfalls stattgefunden. Auch da treffen sich Mannschaften aus unterschiedlichen Nationen. Ein richtiges Signal, sagt Branner, sei aber, dass nun auch bei der WM auf Zuschauer verzichtet wird: "Man kann das ja einfach im TV anschauen."


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Noch schöner als vor dem Fernseher zu sitzen wäre es natürlich, bald schon wieder selbst in der Halle zu stehen. Doch daran wollen weder Benjamin Franz noch Theresa Branner so recht glauben – zu sehr diktiert weiter das Corona-Virus den Alltag. Die 27-Jährige machte sich keine Illusionen: "Ich glaube, die Saison 20/21 fällt einfach flach."

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