Persönliches zum Handball-Titelkampf

Exklusiv! Ein Erlanger berichtet von der EM: Es ist aus. Gedanken zum Abschied.

20.1.2022, 09:10 Uhr
Es ist wohl vorbei: Christoph Steinert.

© imago images/Kessler-Sportfotografie, NNZ Es ist wohl vorbei: Christoph Steinert.

Von Tag 1 dieser Europameisterschaft musste ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass es jeden Augenblick vorbei sein kann. Wir haben so viel darüber gesprochen, ich habe auch in diesem Tagebuch immer wieder darüber gesprochen. Dass es passieren kann, jederzeit, überall. Jetzt ist es passiert. Es ist aus.

Auch mein PCR-Test ist positiv. Und doch tröstet es überhaupt nicht, dass diese Gedanken daran immer da waren. Im Gegenteil, das alles hier hat unglaublich viel Spaß gemacht und es wäre bedeutend cooler gewesen, bis zum Ende weiterzuspielen. Doch fühlt es sich fast merkwürdig emotionslos an, allein hier auf dem Hotelzimmer, isoliert und darauf wartend, was noch kommt und ob noch etwas kommt. Ich habe keinerlei Symptome. Und doch bin ich schlapp, aber führe das auf diese vielen Handballspiele in den vergangenen Tagen zurück.

Tage wie im Traum

Diese Tage vergingen wie im Traum. Es ist unfassbar, was auf mich eingeprasselt ist nach dem Polen-Spiel, weil dir plötzlich 6 Millionen Menschen im öffentlich rechtlichen Fernsehen dabei zusehen, wie du etwas machst, dass du schon 10.000 Mal gemacht hast: Handball spielen. Trotzdem, weil es mir zuletzt so gut gelang, hatte ich nach dem Polen-Sieg mehr als 500 Nachrichten auf Instagram und per Whatsapp. Alle haben mich beglückwünscht, zu meinem Geburtstag, zu dieser Leistung. Ich habe mich bei allen einzeln bedankt.

Plötzlich waren Liveschaltungen mit mir geplant, ich war bei Stefan Kretschmar und Karsten Petrzika zugeschaltet, gab Interviews für ARD und ZDF, plötzlich standen 20 Journalisten vor mir und ich stand erstmals in einem Fragenhagel. Wie das möglich war? Das Leben hat uns mit Scheiße beworfen - und wir haben daraus all unsere Energie und Aggressivität gezogen.

Zunächst noch negativ

Beim Frühstück am Mittwoch waren alle Schnelltests negativ. Vor dem Nachmittagstraining kam ein Labormitarbeiter extra aus Wien, nahm PCR-Tests und fuhr damit zurück nach Österreich. Am Nachmittag standen wir zusammen vor dem Hotel, Oliver Roggisch (Teammanager, d. Red.) bekam die Ergebnisse aufs Handy - und rief nur die Namen der vier, die auf ihr Zimmer gehen sollen, sich isolieren. Er rief auch meinen.


Und jetzt ist eben das, womit ich immer gerechnet habe und wovon ich immer gehofft hatte, es würde nie passieren, doch eingetroffen: Es ist vorbei.

Euer Steini

1 Kommentar