Coronavirus: Fränkische Wirtschaft spürt Auswirkungen

18.2.2020, 05:57 Uhr
Coronavirus: Fränkische Wirtschaft spürt Auswirkungen

© Foto: Ole Spata/dpa

In Roth ist das Coronavirus schon angekommen, gewissermaßen. "Wir haben für die kritischen Teile zum Glück noch ein bisschen Lagerbestand, aber der ist natürlich endlich", beschreibt Thomas Krüger die missliche Situation. Krüger sitzt beim Maschinenbauer Speck in der Geschäftsleitung, einem typischen Mittelständler mit 600 Beschäftigten, gut im Geschäft mit Pumpen für Industrieanlagen. Für deren Fertigung aber bezieht das Unternehmen wichtige Gussteile von einem Zulieferer aus China. Und das wird gerade zum Problem.

Mit keinem Land der Welt betreibt Deutschland, gemessen am Umsatz, mehr Handel als mit China, so die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts – und Mittelfranken mischt munter mit. 565 hiesige Unternehmen pflegen regelmäßige Kontakte mit der Volksrepublik, betreiben Büros, Werke, Joint Ventures.

Eine Nähe, die die Probleme des einen aber auch leicht zu denen des anderen werden lässt. Und dass China aktuell Probleme hat, ist bekannt: Das Coronavirus schränkt das Leben in weiten Teilen des Landes ein, die Produktion läuft häufig nur reduziert oder ruht gleich ganz.

"Natürlich merken wir das. Das wird nicht spurlos an uns vorübergehen", sagt Armin Siegert, Außenhandelsexperte der IHK Mittelfranken. Bei den ersten leichten Symptomen wie weniger Besucher auf der Nürnberger Spielwarenmesse Anfang Februar werde es nicht bleiben. Welche Branchen betroffen sind?


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Siegert zögert einen Moment – als müsste er überlegen, welche nicht. Besonders konkret sind die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus bereits im Maschinenbau und bei den Kfz-Zulieferern. "Da geht es nicht zuletzt um die Lieferketten. Ist die an einer Stelle gestört, gibt das eine Kettenreaktion, die alle betrifft", erklärt der IHK-Experte.

In Abhängigkeit

Obwohl zum Beispiel keines der neun chinesischen Werke, in denen Leoni Kabel und Kabelsätze für Autos fertigt, in der vom Coronavirus hauptsächlich befallenen Region Hubei liegt, läuft keines dieser Werke momentan auf 100 Prozent. "In Abhängigkeit von Logistik, der Verfügbarkeit von Bauteilen und von den Kunden abgerufenen Stückzahlen passen wir unsere Kapazitäten an", erläutert Leoni-Sprecher Sven Schmidt. Ganz ähnlich äußert sich zur Situation auch eine Bosch-Sprecherin.

Speck-Manager Schmidt fürchtet, dass sich durch die vom Virus ausgelösten Folgen Lieferzeiten verlängern und dem Rother Pumpen-Hersteller vielleicht auch der ein oder andere Auftrag verloren geht. Es sei ja nicht nur so, dass der chinesische Gussteile-Zulieferer derzeit nicht die gewünschten Mengen produziere. "Man kriegt aktuell nicht einmal einen Container aus China zurück, weil die dortigen Häfen nicht auf Hochtouren abfertigen."

Ebenfalls für Unruhe sorgt das Virus bei Adidas. "Wir können bestätigen, dass wir derzeit eine negative Auswirkung auf unser Geschäft in China erleben", erklärt eine Sprecherin. Man setze die lokalen Bestimmungen der Behörden um. "Dazu gehört die Schließung einer beträchtlichen Anzahl unserer eigenen Geschäfte im Land."

Betroffen sind aber auch Branchen, die man nicht sofort im Blick hat. Buchverlage etwa. Alles, was besonders aufwendig sei – Kinderbücher mit Klappen und Folien etwa – werde heute häufig in China gedruckt, erklärt eine Insiderin. Auch Aufträge für Lizenzprodukte wie Bücher zu beliebten Kinofilmen gingen oft nach Asien.

Immerhin, nach ein paar Tagen Funkstille habe man wieder Kontakt mit der chinesischen Druckerei, die für den eigenen Verlag druckt. "Die tun ihr bestes. Aber wir rechnen trotzdem mit Verzögerungen etwa in unserem Herbstprogramm."


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Wie schlimm es noch für die Wirtschaft wird, hängt jetzt vor allem vom weiteren Verlauf der Coronavirus-Fälle ab. Da es da viele Unwägbarkeiten gibt, wächst die Nervosität. Warnungen für die Gesamtwirtschaft und für einzelne Branche gibt es mittlerweile nahezu täglich, die jüngsten von der Deutschen Bundesbank und der Beratungsgesellschaft BCG.

Für IHK-Experte Siegert zeigt die Entwicklung einmal mehr, wie wichtig es für Unternehmen ist, nicht nur von einem Land abhängig zu sein. Dass viele mittelfränkische Unternehmen seit zwei, drei Jahren verstärkt auch in Südostasien investierten, bewähre sich nun. "Und von vielen Ländern dort haben sie ebenfalls freien Zugang zum wichtigen chinesischen Markt."

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