Kommentar: Zeit für ein neues Siemens

20.3.2020, 16:51 Uhr
Joe Kaeser (links) geht, Roland Busch wird sein Nachfolger an der Siemens-Spitze: Für den Konzern ist das mehr Chance als Risiko.

© CHRISTOF STACHE, AFP Joe Kaeser (links) geht, Roland Busch wird sein Nachfolger an der Siemens-Spitze: Für den Konzern ist das mehr Chance als Risiko.

Schneller. Agiler. Aber auch nachhaltig erfolgreicher? Eines steht jetzt schon fest: Joe Kaeser hat in seiner Amtszeit bei Siemens keinen Stein auf dem anderen gelassen. Der einst hochintegrierte Konzern zerlegt sich in seine Einzelteile. Die Energiesparte? Soll noch dieses Jahr eigenständig an die Börse. Die Gesundheitssparte? Ist es bereits. Und auch die Mobilitysparte käme schon jetzt ganz gut ohne die Weisungen aus der Zentrale zurecht. Dort wäre man dann nur noch für die Bereiche Digital Industries und Smart Infrastructures unmittelbar zuständig.

Nun muss es in unruhigen Zeiten, in denen sich in vielen Branchen Geschäftsmodelle nicht zuletzt durch die Digitalisierung rasant verändern, keine dumme Idee sein, statt auf einen schweren Tanker auf kleinere Einheiten zu setzen, die schneller und flexibler handeln können. Hier hat Kaeser geliefert. Weit weniger überzeugend steht Siemens heute allerdings dar, was die Frage angeht, mit welchen Produkten der Konzern eigentlich in zehn, 20 Jahren noch überzeugen will. Abgesehen davon, dass durch den ständigen Umbau auch stete Unruhe an sämtlichen Standorten herrschte.

Nach dem Finanzer Kaeser wird das jetzt die größte Aufgabe für den Techniker Roland Busch als sein Nachfolger. Kaeser hat zweifellos seine Verdienste, doch der Wechsel an der Spitze ist für Siemens daher mehr Chance als Risiko. Der Erlanger Busch gilt als guter Zuhörer, genießt auch bei den Arbeitnehmervertretern einen guten Ruf, kennt sich mit der Materie fachlich bestens aus. Unter ihm könnte der alte Ingenieursgeist wieder mehr zur Geltung kommen, der Siemens zu dem gemacht hat, was es heute ist. Verdient hätten es die Beschäftigten.

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