Ärger über Commerzbank-Tochter

Ohne Angabe von Gründen: Comdirect kündigt Kunden einfach das Girokonto

Nicole Netter

Politik und Wirtschaft

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Anne Kleinmann

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8.4.2022, 11:35 Uhr
Zugang zum Geld auf dem Konto ist für das tägliche Leben unumgänglich. Wird das Konto plötzlich gekündigt, ist das für viele ein Schock. 

© Bodo Marks, NZ Zugang zum Geld auf dem Konto ist für das tägliche Leben unumgänglich. Wird das Konto plötzlich gekündigt, ist das für viele ein Schock. 

Ein gutes Bild macht die Comdirect bei "Trustpilot" derzeit nicht. Mit nur 1,4 von 5 möglichen Punkten rangiert die im November 2020 mit der Commerzbank verschmolzene Tochter auf dem Bewertungsportal. Vor allem über überraschende Kündigungen empören sich ehemalige Kunden: "Waren eigentlich zufrieden, dann wurde plötzlich unser Konto von der comdirect ohne Angabe von Gründen gekündigt. Es war keine Auskunft zu erhalten, warum. (...) Sehr unverschämt und viel Ärger für uns." Oder: "Seit über 15 Jahren bei dieser Bank. Leider wurde mir vor 2 Wochen gekündigt. Nach kurzer Nachfrage per Telefon wurde mir keinerlei Auskunft gegeben."

Auch wenn es viele Bankkunden erstaunt: Ein solcher Schritt steht dem Geldhaus zu. "Sowohl der Kunde als auch die Bank haben auf Basis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Ziffer 19, Absatz 1) die Möglichkeit, den Vertrag ohne Angabe von Gründen zu beenden", schreibt Sprecher Thomas Kleyboldt. Das bestätigt auch die Fachjuristin der Verbraucherzentrale Bayern, Sibylle Miller-Trach, als eine Nürnbergerin im vergangenen Jahr von der Comdirect-Mutter, der Commerzbank, eine überraschende Kündigung erhielt.

Nach welchen Kriterien Kunden nun bei der Comdirect gekündigt wird und wie viele derartiger Fälle es in diesem oder im vergangenen Jahr gab - hierzu äußert sich das börsennotierte Institut, das mit 2,75 Millionen Privatkunden im Geschäftsjahr 2020 eine der größten Direktbanken in Deutschland ist, nicht.

Vor dem Hintergrund des BGH-Urteils vom April 2021 (Az. XI ZR 26/20) ist es aber möglich, dass es schlicht darum geht, unrentable Kunden loszuwerden. In dem wegweisenden Urteil hatte der Bundesgerichtshof festgelegt, dass Banken sich die explizite Einwilligung von Kunden einholen müssen, wenn sie Preiserhöhungen durchführen möchten. Das BGH kassierte damit die Banken-Klauseln zur sogenannten schweigenden Zustimmung. In der Folge gab es Kündigungs-Androhungen und Kündigungen von vielen Bankinstituten.

Sind die Kunden nicht rentabel genug?

Auch Verbraucherschützerin Miller-Trach hält mangelnde Rentabilität für ein Motiv für Konto-Kündigungen. Generell würden die Banken allein mit Girokonten nichts am Kunden verdienen, sondern erst mit Geldanlagen. Habe man solche, werde sicher nicht so schnell eine Kündigung ausgesprochen. Es sei denn, es gibt einen Gesetzesverstoß. Hat eine Bank zum Beispiel den Verdacht, dass Geldwäsche betrieben wird, muss sie dem nachgehen - und kann die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden auch fristlos beenden.

Für die Kunden unangenehm und mit Aufwand verbunden sind Kündigungen auch ohne einen derartigen Verdacht zwar - wehren können sie sich aber nicht dagegen. Die Bank muss dem Kontoinhaber lediglich zwei Monate Zeit für den Wechsel geben. Grundsätzlich gilt: Weder Verbraucher noch Banken müssen einen Grund für eine Kündigung angeben.

Generell kommt es laut Miller-Trach nicht besonders häufig vor, dass Geldhäuser Kunden von sich aus kündigen. "Wenn, dann sind es aber meist Privatbanken, wie beispielsweise die Commerzbank, und nicht VR Banken oder Sparkassen." Letztere hätten hier sowieso eine Hürde mehr: "Als Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen Sparkassen für die Kündigungen einen sachgerechten Grund und müssen den auf Nachfrage der Kunden auch nennen", erklärt Miller-Trach.

Ob ein solches Gebaren, selbst wenn es rechtens dient, jedoch dem Image einer Bank dient, sei dahingestellt, auch der Comdirect-Sprecher lässt die Frage unbeantwortet. Ein User von Trustpilot, der als Vermieter die Mietkautionen auf einem Tagesgeldkonto hinterlegt hat, hat hingegen eine klare Meinung dazu: Die Bank, die ihm nun ohne Begründung gekündigt hat, "ist übrigens als systemrelevant in der Bankenkrise unter anderem von meinen Steuergeldern gerettet worden. Und so bekommt man das gedankt."

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