Wo Treuchtlingens Stromherz schlägt
19.9.2019, 12:18 UhrSeit der Übernahme vom Netzbetreiber N-Ergie vor sieben Jahren hat Treuchtlingen sein eigenes Stromnetz. Noch ist es ein Draufzahlgeschäft, doch die Unabhängigkeit und die langfristigen Perspektiven waren Stadt und Stadtwerken bei der damaligen Entscheidung wichtiger. Einer der größten finanziellen Brocken ist nun im Stadtbild sichtbar: das unlängst fertiggestellte Schalthaus in der Kästleinsmühlenstraße. Es ist das neue "Herzstück der Treuchtlinger Stromversorgung".
Rund 250.000 Euro hat der Rohbau gekostet, eine weitere halbe Million Dach, Installation und Außenanlagen sowie stattliche anderthalb Millionen die Schaltanlagen samt Kabelkeller. 32 große, graue Kästen stehen im Hauptraum des knapp 200 Quadratmeter großen Pultdachgebäudes, das im vergangenen Jahr nahezu lautlos gegenüber der Minigolfanlage zwischen dem markanten Steinturm des alten Schalthauses und der Firma Hirschmann entstanden ist.
Jeder der Kästen wiegt gut eine Tonne und beherbergt Kabelverteiler und Steuerung von 32 sogenannten Schaltfeldern. Dies sind Stadtteile, Straßenzüge oder große Einzelabnehmer wie Industriebetriebe. Darunter befindet sich der knapp mannshohe Kabelkeller mit seinem Gewirr aus Leitungen, Schächten und Stützen.
Hier kommt der Strom an
Hier kommt der Strom an, den die Main-Donau-Netzgesellschaft über das Weißenburger Umspannwerk ins Treuchtlinger Netz einspeist. Drei Zuleitungen gibt es von dort, eine weitere für Notfälle bei Franken-Schotter in Dietfurt sowie zwei kleine Einspeisestellen nahe Zwerchstraß und Wieshof. Die Gesamt-Bezugsleistung liegt derzeit bei gut 12.300 Kilowatt im Jahr. Davon laufen 9250 Kilowatt durch das neue Schalthaus in der Kästleinsmühlenstraße. Umgekehrt speisen die Stadtwerke hier auch den im Stadtgebiet produzierten Strom ins allgemeine Netz ein.
Stadtwerke-Chef Max Filser und der Technische Leiter Matthias Reichenthaler sind mit der Abwicklung des vor 14 Monaten gestarteten Neubaus bei laufendem Betrieb hochzufrieden. "Dass beim Aufgraben keine Leitung angekratzt wurde, ist schon ungewöhnlich", so Filser. Besonders der Tiefbaufirma und den Monteuren der Stadtwerke spricht er ein großes Lob aus. "Es gab während der Bauzeit nicht einen Stromausfall."
Das alte Schalthaus nebenan ist nun "offline". Nur die Steuerungssender für Nachtspeicheröfen und eine sogenannte Erdschluss-Kompensationsspule zum Gegensteuern bei unterirdischen Stromverlusten stehen noch in dem turmartigen Block mit der abweisenden Jurastein-Fassade. Er bleibt erhalten, die Stadtwerke wollen ihn weiter nutzen. Außerdem wäre der Abbau der tonnenschweren Schaltfelder viel zu teuer.
Netz ist vielerorts zu schwach
Weiterhin zu schaffen machen den Stadtwerken unterdessen die wegen der vermehrten Einspeisung von Solar- und Windenergie zu geringen Netzkapazitäten. Die Netzverstärkung kommt nur langsam voran und kostet viel Geld. "Da kämpfen wir nach wie vor", sagt Max Filser. Insbesondere die hinter der Trafostation an der Tankstelle Linss liegenden Solaranlagen im Möhrenbachtal seien derzeit "kaum anschließbar".
Und auch vom neuen Schalthaus zum Gewerbegebiet an der Heusteige braucht es mehr Leitungskapazitäten. Am kommenden Donnerstag, 26. September, berät der Stadtrat darüber. Wenn alles glatt läuft, könnten die Arbeiten laut Filser bis Jahresende ausgeschrieben und im neuen Jahr in Angriff genommen werden.
Für die Stadtwerke wird das teuer: Etwas mehr als eine Million Euro veranschlagt der Werkleiter. Deutlich günstiger wäre es ihm zufolge gewesen, die Kabel zusammen mit den geplanten Wasserrohren der Firma Altmühltaler zu verlegen. "Das hätte einen mittleren sechsstelligen Betrag gespart." Ob die Leitungen zu einer möglichen neuen Mineralwasser-Abfüllanlage irgendwann noch kommen, steht nach der Ablehnung der Fördermengenerhöhung jedoch in den Sternen. Für die Stadtwerke wird es vermutlich zu spät sein.
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