Erlanger haben eine Scheune fürs Leben gefunden
2.9.2016, 11:30 UhrAls Birgitt und Richard Hückel zum ersten Mal die Scheune betraten, poppten ganz plötzlich ganz viele Ideen in ihrem Kopf auf wie Popcorn in einem Topf. Die Scheune gehört zu einem alten Wohnhaus in Alterlangen. Eigentlich wollten die Eigentümer vor allem das verkaufen. Die Scheune gab es quasi als Teil des Gartens oben drauf. „Dass jemand sie aber erhalten und darin wohnen will, damit hatten die Besitzer nicht gerechnet“, sagt Birgitt Hückel. Sie und ihr Mann allerdings wollten das sofort.
Keine Angst vor dem Umbau
Sofort erhielten sie den Zuschlag für Haus und Scheune. Angst vor dem Umbau hatten sie nicht. Richard Hückel arbeitet seit 25 Jahren als Architekt. „Als wir das erste Mal hier waren, stand noch ein Boot dort“, erinnert sich Sohn Lukas. Die Vorderseite war komplett offen. „Wir haben den Entwurf für das Haus über Nacht gemacht“, sagt Richard Hückel.
Im September 2011 begann der Umbau. „In einem alten Gebäude gibt es immer Überraschungen“, sagt der 50-Jährige. Zum Beispiel kam hinter einer Wand eine Stütze zum Vorschein, die nicht bis zum Boden reichte und schlicht in der Luft hing. Im Vordergrund stand, alles so energieeffizient wie möglich zu sanieren. In einem bereits bestehenden Gebäude ist das meist aufwendiger als bei einem Neubau, aber ebenso wichtig. Es gibt aber auch finanzielle Unterstützung.
„In einem alten Haus hat man technische Zwänge“, sagt Richard Hückel. Als Architekt hat er sich auf Energiedesign spezialisiert. In der Scheune konnten sie nicht überall dämmen oder Fußbodenheizung einbauen. „Ein Gebäude ist wie ein Spinnennetz, zieht man an einem Faden, beeinflusst man das Gesamte.“
Bereits nach einem guten halben Jahr war die Scheune samt Nutzungsänderung und Sanierung zum Wohnraum mit zirka 210 Quadratmeter umgewandelt. Sie gilt nun als Effizienzhaus 70 nach KfW, sprich mit einer energetischen Mindesteffizienz. „Mehr geht immer im Bereich Energie“, sagt Richard Hückel. „Aber so war es für uns finanzierbar.“
Anders ist es beim Wohnhaus. Das hat der Architekt nach obersten energetischen Standards saniert. „Wenn wir darauf keinen Wert gelegt hätten, würde das einen Kosten-Unterschied von fünf Prozent ausmachen. Doch das berechnet sich schon nach zehn Jahren wieder.“ Richard Hückel ist überzeugt: Energetisch sanieren lohnt sich immer.
Das Wohnhaus stammt wohl aus dem Jahr 1924, belegt ist die Existenz erstmals 1933. „Ziel war es, aus dem unverfälschten Anwesen aus Wohnhaus und Scheune zwei Einheiten zu entwickeln, die ein Generationenwohnen ermöglichen.“ Aktuell sind die beiden Gebäude noch verbunden. Der jüngere Sohn Moritz hat sein Zimmer im Erdgeschoss des Wohnhauses, Bruder Lukas ist seit ein paar Monaten ausgezogen. „Wenn irgendwann beide weg sind, werden wir das Haus vermieten“, sagt Richard Hückel.
Er und seine Frau leben in der umgebauten Scheune. Wo früher keine Wand nach vorne war, haben sie bodentiefe Fenster eingebaut. Holztüren im Boden führen zum alten Kartoffelkeller. Wohn- und Esszimmer befinden sich im Erdgeschoss, die Küche ist abgetrennt. Überall sind Elemente der Scheune zu sehen, Holzbalken, offene Geländer.
Eine Ablage an einem Holzbalken diente früher einer Standbohrmaschine. Es ist eine Mischung aus altem Charme und moderner Geradlinigkeit. „Ich freue mich jeden Tag, wenn ich nach Hause komme“, sagt Birgitt Hückel. Selbst nach vier Jahren hat sie ihr Zuhause nie als selbstverständlich wahrgenommen. Es ist und bleibt eine Scheune.
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