Karl-Bröger-Medaille

"Af Nämberch nei": Mundartdichter Günter Stössel für Lebenswerk ausgezeichnet

25.9.2021, 18:50 Uhr

© Roland Fengler, NNZ

"Er gehört zu Nürnberg wie die Burg oder das Bardentreffen", formulierte es Michael Ziegler bei der Verleihung der Karl-Bröger-Medaille an ein Urgestein der Nürnberger Mundart-Dichtung: Günter Stössel. Bei bestem Wetter für eine Open-Air-Veranstaltung wurde der 77-Jährige im lauschigen Wolfsgarten für sein Lebenswerk geehrt. Für die Nürnberger - und Fürther - Sprache und Kultur hat er sich immer stark gemacht.
Mit Klassikern, über die man auch heute noch lachen kann.

Asterix auf Fränkisch

Darunter Lieder wie "Af Nämberch nei", "Haus von Meiers Gerchla" und natürlich sein genialer Einfall des "Nämberch English spoken", das über 100.000 Mal gedruckt wurde. Der Gag besteht darin, englische Worte aneinander zu reihen, die ausgesprochen dann fränkische Sätze ergeben. ("Sea, bringers dry bills/ Sie, bringer’S drei Pils".) Von Fremdsprachlern vorgelesen, ein Effekt bei dem sich das Publikum vor Lachen bog.

Er übersetzte Wilhelm-Busch ins Fränkische und auch zwei Asterix-Bände. Daneben brachte er diverse Platten mit Songs heraus und hatte eine Kolumne beim Bayerischen Rundfunk. Beim Bardentreffen, das Stössel einst mitbegründete, trat er zehn Mal auf, wurde dort unter anderem von Thomas Gottschalk anmoderiert.


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"Er hat gezeigt, dass Kultur Spaß machen kann", sagte Uli Glaser, Leiter der Stabsstelle Bürgerschaftliches Engagement, in seiner Rede. Seit Jugend an ist er ein großer Stössel-Fan. "Danke, was du für mich persönlich und für die fränkische Kultur gemacht hast." Für ihn sei er "der fränkische Heinz Erhardt", meinte Thomas Grämmer, Direktkandidat der SPD für die Bundestagswahl und Schirmherr der Veranstaltung.

"A Liebeslied wär`s beinoh wor`n"

Aus gesundheitlichen Gründen kann Stössel nicht mehr selbst Gitarre spielen. Seine Lieder wie "Nachtgiger" oder, Stössels persönliches Lieblingslied, "A Liebeslied wär’s beinoh wor’n" wurde vom Musikerduo Wulli & Sonja leidenschaftlich angestimmt. Sie verbindet eine lange Freundschaft mit Stössel. Das gilt auch für Radiomoderatorin Anja Seidel, die zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Stefan Schuster (SPD) im Wechsel die offizielle Laudatio hielt und das Leben des Mundartdichters Revue passieren ließ.

"A trümmer Ding": Mundartdichter Günter Stössel freute sich über die Auszeichnung.

"A trümmer Ding": Mundartdichter Günter Stössel freute sich über die Auszeichnung. © Roland Fengler, NNZ

Geboren wurde Stössel in Nürnberg, aufgewachsen ist er aber in Fürth. Was ihn zu Werken wie "Nämberch - bei Fürth", inspirierte. Die Fürther hätten "keine Stadtmauer um den Kopf", befand er. Als junger Mann zog er trotzdem nach Nürnberg zurück, dort lebt er bis heute. Bei einer weltbekannten Firma in Erlangen arbeitete er als Ingenieur. "Ja, ich hab’ auch was Gescheites gelernt", meinte er. 1989 gab er seinen Brotjob auf, um hauptberuflich fränkische Lieder und Texte zu verfassen. Auf sämtlichen Bühnen der Region war er zu Gast, oft auch mit Musiker Klaus Brandl. "Die Leuchtenkrankheit", wie er Lampenfieber nennt, hat ihn aber nie verlassen.

"In einem Wichtigkeitsschwurbel"

"Ich war nie der großartig Gelöste", meinte er. Aber er war mit der angesagteste Mundart-Dichter und Sänger Frankens und bekam viele Preise: Unter anderem den Frankenwürfel, den Goldenen Trichter, den Frankenrechen und den Bayerischen Dialektpreis. "Ich war in einem Wichtigkeitsschwurbel", sagt der 77-Jährige heute über seine Erfolgszeit.

Über die Bröger-Medaille freute er sich sichtlich: "Die macht scho was her. Des is‘ scho a trümmer Ding, net bloß a Dosendeggala aus Blech", meinte er und biss scherzhaft in die Medaille. Sie ist nach dem Arbeiterdichter und SPD-Politiker Karl Bröger benannt. Ob der Ehre sei er ganz platt, meinte Stössel gerührt: "Ich kann gar nix dazu sagen. Das muss man erstmal verkraften." Auch Kolumnist Klaus Schamberger und Mundartautor Fitzgerald Kusz haben die Medaille bereits verliehen bekommen.


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Am Ende gab Stössel noch eine Kostprobe seines Witzes und verlas mit Seidel, die lange seine Bühnenpartnerin war, seine fränkische Version von "Max und Moritz". Seidel auf Hochdeutsch, Stössel auf Fränkisch. Die Witwe Bolte klingt bei ihm dann so: "Iech kennt greina wäi a Sau, wenn iech auf meine Henna schau!"

Einen langen herzlichen Applaus gab es dafür von den rund 100 Gästen, darunter Staatsminister a. D. Günter Gloser, Musiker Heinrich Hartl, Lebenshilfe-Vorsitzender Horst Schmidbauer und Ilse Weiß, Chefredakteurin des Sozialmagazins "Straßenkreuzer", das letztes Jahr den Preis bekam.

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