Soziale Gerechtigkeit

Bundestagswahl: Jan Jaegers will für Die Linke im Kreis Bamberg-Forchheim überzeugen

27.8.2021, 15:03 Uhr
Für das Foto die richtige Position finden und lächeln, macht ihm nichts aus: er habe in seiner Jugend mal gemodelt. Er tritt für Die Linke bei der Bundestagswahl an.

© Jürgen Petzoldt, NN Für das Foto die richtige Position finden und lächeln, macht ihm nichts aus: er habe in seiner Jugend mal gemodelt. Er tritt für Die Linke bei der Bundestagswahl an.

Aktuell klopft Jan Jaegers an viele Türen in der Region. Nicht alle öffnen sich. Er kandidiert bei der Bundestagswahl 2021 für die Linke im Wahlkreis Bamberg-Forchheim. "Im Schnitt ergibt sich bei 30 Türen ein Gespräch", sagt er. Aber der Austausch sei dann umso intensiver. "Ich habe da viel mitgenommen, auch persönlich."

Es gehe um ernsthafte Probleme der Menschen. Zum Beispiel erzählte ihm eine Alleinerziehende, wie sehr sie sich vom Staat im Stich gelassen fühle, und eine Rentnerin, dass sie mit 250 Euro im Monat leben müsse, aber aus Angst keine Hilfen beantragen wollte. "Die Menschen sind frustriert von der Politik. Viele fühlen sich regelrecht verarscht. Das bekommt man im Haustürwahlkampf und an Infoständen direkt mit", sagt er.

Seine Prognose für die Linke bei der Bundestagswahl: "Fünf-Prozent-Hürde schaffen wir auf jeden Fall"

Darin sieht er Potenzial für die Linke, jetzt bei der Bundestagswahl zu überzeugen. Seine Prognose zum bundesweiten Abschneiden seiner Partei: etwa sieben bis acht Prozent. "Die fünf-Prozent-Hürde schaffen wir auf jeden Fall, da mache ich mir gar keine Sorgen. Er nehme wahr, dass die Menschen einen Wandel in der Politik wollen - "auch in Bayern, wo wir von der Linken es besonders schwer haben", ist er sich sicher.

Der 26-Jährige stammt aus dem erzkonservativen Oberbayern, ist gebürtiger Rosenheimer und kommt "aus einer weniger wohlhabenden Familie". Jan Jaegers war dort Schülersprecher, später Bezirkssprecher für etwa 70 Gymnasien und machte sein Abi. Sein Vater ist Sozialarbeiter, in der Familie war keiner politisch aktiv. Aber Jaegers wollte es werden. Er sah sich alle Parteiprogramme an. Sein Urteil: 80 Prozent Zustimmung mit der SPD, 95 Prozent mit der Linken - die Wahl war getroffen.

In "typischem Niedriglohnsektor" gearbeitet

Eineinhalb Jahre lang arbeitet er bei einer Security-Firma und unter anderem auf dem Oktoberfest im Einsatz. "12- bis 18-Stundenschichten waren da normal. Typischer Niedriglohnsektor", sagt er. In Chemnitz wählte er an der Uni Europastudien und Wirtschaftswissenschaften. Seit dreieinhalb Jahren lebt er in Bamberg und studiert dort Politikwissenschaften im Master. Währenddessen arbeitete er als Bauhelfer in Forchheim. Zudem ist er Geschäftsführer der Bamberger Stadtratsfraktion.

"Die Fränkische ist wunderschön. Dort bin ich gerne, um abzuschalten und die Seele baumeln zu lassen", sagt er. Er findet es wichtig, "den Kommunen mehr Geld zurückzugeben". Seit der Agenda 2010 habe es mehr Zentralismus gegeben und der Bund mehr Geld eingesteckt.

Kleinere Kommunen brauchen mehr Geld vom Bund für Investitionen

Gerade kleinere Kommunen im Landkreis Forchheim und Bamberg bräuchten eine bessere finanzielle Lage, um Investitionen zu tätigen, betont er. Und: der ÖPNV sei hier noch keine echte Alternative. "Wenn er schlecht getaktet und teuer ist, sagen natürlich viele: Dann fahre ich lieber mit dem Auto." Die Linke will den ÖPNV kostenlos machen.

Weitere Forderungen: Faire Löhne, einen Mietendeckel, eine solidarische Mindestrente von 1200 Euro, das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben, mehr Klimaschutz und eine nachhaltige Landwirtschaft. Darüber hinaus will die Partei einen Systemwechsel im Gesundheitssystem mit je 100.000 Pflegekräften mehr in deutschen Krankenhäusern und in Pflegeheimen sowie 500 Euro mehr Grundgehalt. Wie das finanziert werden soll? "Die Reichen stärker besteuern und Gelder des Bundes anders verteilen", sagt er. "Einkommen und Vermögen ist in Deutschland so stark ungleich verteilt."

"Peinlich, wie Deutschland beim Netzausbau aufgestellt ist"

In der Fränkischen, unter anderem Eggolsheim, gehe aktuell der Netzausbau voran: "Insgesamt finde ich es peinlich, wie schlecht wir in Deutschland als eines der reichsten Länder da aufgestellt sind." Er will den Naturschutz erhalten, den Tourismus stärken und erneuerbare Energien ausbauen - Hallerndorf sei da gut dabei, sagt er. Mehr Klimaschutz, aber solidarisch: "Steigende Strompreise und teure E-Autos können sich Ärmere nicht leisten."

Nach bisherigen Erfolgen gefragt, sagt Jan Jaegers: "Ich bin erst stolz und zufrieden, wenn ich Großes erreicht habe, hin zu mehr Sozialer Gerechtigkeit in Deutschland." Auf bisherige Projekte angesprochen, berichtet er: "Als wir 17 Jahre alt waren, haben ein Freund und ich uns einen Spendenlauf ausgedacht, bei dem an einem Tag 75.000 Euro für eine Schule in Ghana und für Frauen und Kinder in Indien zusammengekommen sind. Das ist etwas: da habe ich mich gefreut, dass das geklappt hat."

Interner Streit bei Die Linke nach Sahra Wagenknechts Buch

Zum internen Streit bei Die Linke in den vergangenen Monaten um das Buch von Ex-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht "Die Selbstgerechten" will er nicht viel sagen: "Sie ist eine brillante Ökonomin. Von einem Ausschlussverfahren halte ich nichts."

Jedoch habe er ihr Buch noch nicht selbst gelesen. Darin kritisiert sie Identitätspolitik, spricht von "Lifestyle-Linken" und fordert, linke Politiker müssten sich wieder mehr um materielle Ungleichheit kümmern. "Die Linke ist eine Partei, die sich um die Menschen kümmert und soziale Gerechtigkeit anstrebt", ist Jaegers überzeugt.

Und: "Wir sind grüner als die Grünen." Sein Wunsch für die Bundestagswahl: ein rot-rot-grünes Bündnis mit einer stärkeren Linken. Er will sich keinen Illusionen hingeben: "Bevor wir alleine regieren, friert die Hölle zu." Selbstverständlich gehe es im Anschluss darum Kompromisse zu finden. "Aber eben keine faulen", betont er.

Verwandte Themen


2 Kommentare