Schulöffnung und Stillstand: So beurteilt Fürths Rathaus die neuen Beschlüsse

12.2.2021, 06:00 Uhr
Schulöffnung und Stillstand: So beurteilt Fürths Rathaus die neuen Beschlüsse

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Eine Woche Vorlauf haben die Schulen diesmal. Immerhin. "Eine gewisse Lernfähigkeit ist also vorhanden", sagt Markus Braun. Ein wenig Sarkasmus schwingt da mit – vor allem aber ist Fürths Schulreferent, der früher selbst Grundschulrektor war, froh, dass die Schulen sich auf den Neustart vorbereiten können. Anders als so oft in den vergangenen Monaten.


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Am 22. Februar sollen zunächst die Jahrgänge eins bis vier an die Grund- und Förderschulen zurückkommen, außerdem die Abschlussklassen der Real- und Mittelschulen.

Grundschulen, die im Klassenzimmer den Mindestabstand von 1,5 Metern garantieren können, dürfen nach der Entscheidung des Kabinetts Präsenzunterricht für alle Kinder anbieten – allerdings gibt es kaum Schulen, die so großzügige Räumlichkeiten haben. In Fürth fällt Braun nur eine private ein.

Die allermeisten Grund- und Abschlussschüler werden somit demnächst die Mischform erleben, die in den letzten Tagen für viel Kritik sorgte: Die Abschlussklassen der Gymnasien sowie der BOS und FOS sind seit Anfang Februar im Wechselunterricht – viele von ihnen ungern.

Bei diesem Modell ist eine Hälfte der Klasse im Schulhaus, die andere zuhause – im täglichen oder wöchentlichen Wechsel. Etliche Abiturienten befürchten Nachteile, weil eine Gruppe den Stoff vom Lehrer vermittelt bekommt, während der Rest ihn sich daheim erarbeitet. Livestreams aus dem Klassenzimmer glücken oft nicht. Und will eine Lehrkraft die Inhalte mit beiden Gruppen persönlich behandeln, kommt sie zu langsam voran.


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Braun kann die Unzufriedenheit nachvollziehen. Bei älteren Schülern klappe der Distanzunterricht inzwischen gut. Er hat deshalb nicht verstanden, warum ausgerechnet die Abschlussklassen zurückgeholt wurden: "Für mich wären die Grundschüler die ersten gewesen, sie haben es im Distanzunterricht am schwersten."

Braun sorgte sich in den vergangenen Wochen bereits, dass Kinder, die nicht von Mama und Papa unterstützt werden, denen Kontakte fehlen, immer mehr abgehängt werden.

Für viele Eltern werde der Wechselunterricht eine Entlastung sein. Für Lehrer indes sei diese Mischform "hochanstrengend"; und dann sei da ja auch noch die Notbetreuung zu stemmen. Trotzdem vermutet Braun, dass der Wechselunterricht an Grundschulen dank des Klassenlehrerprinzips ganz gut funktionieren kann.

Vertrauen ins Kultusministerium ging verloren

Einen "gewissen Charme" hat für ihn die Lösung, auf die die Abiturienten drängten: Sie fordern das Kultusministerium auf, die Entscheidung über die Unterrichtsform den Schulen individuell zu überlassen, unter Abwägung der Gegebenheiten vor Ort.

Auf ein einheitliches Vorgehen habe man sich ja auch bundesweit nicht einigen könne, betont Braun. Zudem sei "Vertrauen ins Kultusministerium verloren gegangen". Insofern spreche viel dafür, den Schulen mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu geben, abhängig vom Inzidenzwert.

Jugendamtsleiter Hermann Schnitzer hat derweil mit Freude registriert, dass die Politik endlich "Jugendliche in den Blick nimmt". So soll ein Unterstützungskonzept ausgearbeitet werden, um die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen für Kinder und Jugendliche aufzufangen. Schnitzer hofft, dass man dabei die freie Jugendarbeit nicht vergisst.

Enttäuscht von dem, was Bund und Länder präsentierten, zeigt sich indes Rathauschef Thomas Jung. Am Donnerstag betrug die Sieben-Tage-Inzidenz in Fürth 45,9. Seit Monaten sei eine 50er-Inzidenz "sowohl von der Kanzlerin als auch von den Länderchefs als die entscheidende Marke für mögliche Lockerungen postuliert" worden, heißt es in der Pressemitteilung aus dem Rathaus. "Jetzt liegt sie aber plötzlich bei 35." Auch andere Politiker übten rasch Kritik an der "35".


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Er habe Verständnis dafür, dass angesichts der Virusmutationen zu frühe Lockerungen kontraproduktiv wären. Dass aber "keinerlei Perspektiven aufgezeigt werden, keine Konzepte für kontrollierte Öffnungen vorliegen", sei den krisengeschüttelten Branchen nicht mehr zu vermitteln, so Jung. Mehr erwartet hatten sich auch Einzelhändler, Gastronomen und Kulturschaffende aus Fürth.

Verstärkt würden die Probleme durch die "weiterhin sehr unbefriedigende Versorgung mit den Impfstoffen", sagt Jung.

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