Anschlag in Unterfranken

Nach Messerattacke in Würzburg: Sind solche Taten zu verhindern?

27.6.2021, 13:48 Uhr
 "Danke für eure Zivilcourage" ist auf einem Schild vor einem geschlossenen und abgesperrten Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt zu lesen. 

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa  "Danke für eure Zivilcourage" ist auf einem Schild vor einem geschlossenen und abgesperrten Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt zu lesen. 

Ein sonniger Sommerabend, eine Stadt, deren Bürger es genießen, dort zu flanieren - endlich wieder, in Zeiten der Pandemie. Und dann zerstört ein Attentäter diese Wochenend-Atmosphäre: Würzburg ist seit dem Amoklauf vom Freitag in Trauer.

Es ist ein Verbrechen, das uns - wie jeder Anschlag - erst einmal fassungslos macht. Und dann auch Fragen aufwirft. Schwierige Fragen. Sie lassen sich nicht so leicht beantworten, wie dies manche tun.

Rasch instrumentalisiert von der AfD

Die AfD instrumentalisierte die Tat sehr rasch zu ihrer üblichen Hetze gegen die Migrationspolitik von Angela Merkel. Von "Messereinwanderern" ist da wieder die Rede. Eine fahrlässige Pauschalisierung.

Ja: Unter den Migranten, die vor allem 2015 nach Deutschland und Europa kamen, waren auch Straftäter, teils Terroristen. Das hat sich an etlichen Taten gezeigt, die sie verüben konnten - vor allem in Frankreich, aber eben auch hierzulande. Würzburg hat das 2016 erstmals erleben müssen, bei der Axt-Attacke eines Afghanen in einem Regionalzug.

Somalia: ein gescheiterter Staat

Und nun wieder. Der Täter stammt aus Somalia. Einem chaotischen, gescheiterten Staat. Von dort wollen, müssen viele fliehen. Lange wurden Flüchtlinge aus Somalia gar nicht abgeschoben, so dramatisch war (und ist) die Lage dort. Manche bringen die Deformationen ihrer Heimat mit - vielleicht auch der nun verhaftete und von couragierten Passanten gebremste 24-Jährige, der sich legal in Deutschland aufhielt.

Ist er psychisch krank? Die Video-Szenen, die ihn zeigten, erwecken den Eindruck. Ist er ein islamistischer Terrorist? Er rief - wie viele Attentäter - "Allahu Akbar" und soll nach der Tat mit drei Todesopfern und mehreren Verletzten gesagt haben, er habe seinen "persönlichen Dschihad" verwirklicht.

Die Ermittlungen stehen erst am Anfang, sie dürften ein genaueres Bild des Mannes liefern. Die Grenze zwischen psychischer Krankheit und Terror-Neigung kann fließend sein, Wahn, Hass, Fanatismus und persönliche Krisen kommen da teils verhängnisvoll zusammen.

Wieder ein Einzeltäter?

Vieles spricht dafür, dass der Mann ein Einzeltäter ist. Wieder mal. Experten sagen: Solche Einzeltäter prägen mehr und mehr den Terror - weniger Organisationen.

Der antisemitische Anschlag gegen die Synagoge in Halle, der rassistische Amoklauf eines ebenfalls psychisch Kranken von Hanau mit zehn Toten - auch da waren Einzeltäter am Werk, die sich im Netz radikalisiert haben und oft auf "Vorbilder" wie den Massenmörder Anders Breivik verweisen.

Niemand kann in den Kopf solcher Einzeltäter schauen. Der Würzburger Attentäter war allerdings schon zuvor auffällig geworden, hatte mit Messern hantiert. Reicht so ein Verhalten für eine Überwachung? Wenn ja, was fraglich ist: Reichen die Kapazitäten der Behörden und der Polizei für so eine Überwachung? Kaum.

Unbefriedigende Antwort

Daher sind solche Taten - so unbefriedigend das klingt und ist - wohl kaum zu verhindern. Freiheitliche Demokratien müssen mit diesem Risiko leben. Der Rechtsstaat hat nun sein Urteil über den Täter zu fällen. Würzburg ist zu wünschen, dass die Stadt weiter zusammensteht und sich nicht auseinanderdividieren lässt.

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