Auf der Auswechselbank

Schon einmal gebencht worden? Das steckt hinter dem fiesen Dating-Trend

Markus Maisel

Online-Redaktion

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12.8.2023, 05:57 Uhr
Apps wie Tinder vereinfachen es, mögliche Partner kennenzulernen, aber auch diese zu "benchen".

© IMAGO Apps wie Tinder vereinfachen es, mögliche Partner kennenzulernen, aber auch diese zu "benchen".

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie haben auf Ihrer Lieblings-Dating-App Ihren potenziellen Traumpartner kennengelernt: smart, charmant, attraktiv. Die Chatblasen sind lang und stecken voller Feuer. Sie möchten die Person unbedingt treffen - doch plötzlich: Die an den anderen gerichteten Nachrichten bleiben lange ungelesen. Wochenlang antwortet der Chatpartner kaum oder gar nicht, die Stimmung hat sich deutlich abgekühlt. Nach einiger Zeit kommt das Interesse aber scheinbar zurück und es gibt wieder süße Nachrichten und womöglich auch Telefonate.

Definition: Was Benching bedeutet

Was steckt dahinter? Möglicherweise die Dating-Taktik "Benching". Sie leitet sich vom englischen Wort "bench" ab, was soviel wie Bank - oder in diesem Fall auch Ersatzbank - bedeutet.

Wenn man jemanden bencht, dann findet man die Person nett, ist aber nicht wirklich verliebt und will sich nicht entscheiden, ob man den Kontakt beenden oder die Beziehung vertiefen will. Stattdessen setzt man die Person quasi auf die Ersatzbank und lässt sie warten, während man insgeheim andere Personen kennenlernt.

Wenn man gebencht wird, muss sich also mit einem Minimum an Zeit und Aufmerksamkeit zufriedengeben. Ist man dann frustriert und will den Kontakt abbrechen will, schürt der Bencher oft neue Hoffnung, dass eine Beziehung doch noch etwas werden könnte. Denn er will seine Auswahl nicht schrumpfen lassen.

Das Online-Dating vereinfacht Taktiken wie das "Benching". Man kann leicht mit verschiedenen Personen chatten oder diese auch immer wieder treffen, ohne dass sie voneinander wissen. Wirklich neu ist die Taktik des Vertröstens aber natürlich nicht. Nur der englische Begriff dafür wurde erst vor einigen Jahren geprägt.

Benching sollte man dabei nicht mit Ghosting verwechseln. Während der Kontakt beim Ghosting plötzlich ganz abgebrochen wird, wird er beim Benching auf Sparflamme gestellt.

Anzeichen für das Benching

Wie erkennt man, dass man gebencht wird? Dafür gibt es folgende Anzeichen:

  • Der Kontakt findet hauptsächlich online statt, da das weniger Energie und Aufwand mit sich bringt. Der Flirtpartner schreibt süße Nachrichten und schickt Bilder, ruft auch mal an. Das Planen von Treffen gestaltet sich aber nicht so einfach.
  • Wenn ein Treffen zustande kommt, dann oft kurzfristig. Der Grund dafür ist, dass sich für den Bencher keine bessere Option aufgetan hat. Man dient quasi als Lückenbüßer.
  • Die Nachrichten sind dafür oft besonders liebevoll und voller Komplimente, zumindest eine Zeitlang. Bencher sind meist charmant und gut darin, Menschen um den Finger zu wickeln. Wenn das Interesse später sinkt, geben sich sie sich aber auch weniger Mühe mit den Nachrichten.
  • "Tut mir leid, dass ich so selten antworte, ich bin gerade voll im Stress." Solche Aussagen hört man häufig. Oft werden immer wieder neue Gründe genannt, warum nur selten Antworten kommen. Klar ist damit: Feuer und Flamme ist die andere Person jedenfalls nicht.
  • Man kennt weder Freunde noch Familie: Wenn man auch nach längerer Bekanntschaft niemandem vorgestellt wurde, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass nur eine von mehreren Optionen ist.

    Warum wird jemand zum Bencher?

    Mehrere Flirts auf einmal haben und alle hinhalten - warum tut man das? Dafür gibt es viele mögliche Gründe. Dazu zählen die folgenden:

    • Ego: Es fühlt sich gut an, begehrt zu werden. Wenn man mehrere Eisen gleichzeitig im Feuer hat, bekommt man viel Bestätigung: Man fühlt sich attraktiv und besonders. Die erhaltene Aufmerksamkeit ist Balsam für das eigene Selbstwertgefühl.
    • Angst vor der Konfrontation: Eigentlich weiß man, dass das Interesse am anderen für eine Beziehung nicht ausreicht. Aber es ist so unangenehm für einen selbst und schmerzhaft für den anderen, einen Korb zu verteilen, oder? Deshalb schieben Bencher das gerne auf. Dass es auch weh tun kann, im Unklaren zu bleiben, blenden sie oftmals aus.
    • Nicht nein sagen können: Manche Menschen tun sich schwer damit, jemanden abzulehnen. Sie wollen zwar den Kontakt beenden, bringen das aber nicht über die Lippen.
    • Bindungsangst: Wenn man Angst vor einer festen Bindung hat, passiert es leicht, dass man beim Texten stecken bleibt. Dann hat man zwar nicht unbedingt mehrere Flirts gleichzeitig am Laufen, aber scheut persönliche Treffen. Je länger man sich schreibt, desto schwerer kann es fallen, die Beziehung aus dem virtuellen Raum zu verlagern.
    • Schwierigkeit, sich zu entscheiden: Hat man tatsächlich mehrere Chats am Laufen und weiß nicht, ob man lieber Single bleiben, eine Beziehung mit einer der Personen eingehen oder weitersuchen will, hält man sich durch das Benching alle Optionen offen - zumindest so lange die anderen das mitmachen.