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Selbstliebe lernen: Eine Expertin verrät, warum sie so schwierig ist

Simone Madre

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13.2.2024, 08:06 Uhr
Hier finden Sie tägliche Übungen für mehr Selbstliebe.

© IMAGO/Vasily Pindyurin Hier finden Sie tägliche Übungen für mehr Selbstliebe.

In diesem Artikel:

Da Menschen oftmals ein negatives Bild von sich selbst verankert haben, ist es gar nicht so einfach, Selbstliebe zu entwickeln. Anstelle der Liebe zu sich selbst sehen Menschen oftmals nur ihre eigenen Fehler, Makel oder Unzulänglichkeiten. Aber wie sollte man sich mit dieser Einstellung annehmen, akzeptieren und erst recht lieben können?

Selbstliebe ist eine wesentliche Voraussetzung für Zufriedenheit, Glück und Erfolg im Leben. In diesem Beitrag lernen Sie, warum Selbstliebe so wichtig ist und mit welchen Schritten Sie die Liebe zu sich selbst finden können.

Die Selbstliebe beschreibt – wie es der Name schon sagt – die Liebe zu sich selbst. Dabei geht es darum, sich selbst anzunehmen und zu akzeptieren. Dies schließt nicht nur Stärken und Ressourcen, sondern auch Schwächen der eigenen Persönlichkeit ein. Somit verzeihen sich Menschen mit einer ausgeprägten Selbstliebe auch Unvollkommenheiten. Selbstliebe bezeichnet also die bedingungslose Liebe ohne Einschränkungen zu sich selbst.

Als Kinder seien wir wie Schwämme, die Eindrücke aufsaugen, so die Psychologin und Psychotherapeutin Bernadette Schönauer. "Lern- und Beziehungserfahrungen spielen eine tragende Rolle für Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster, somit auch für die Entwicklung des Selbstwerts", so Schönauer.

Experten zufolge verfügen insbesondere Menschen, die eine glückliche und liebevolle Kindheit hatten, über viel Selbstliebe. In der Regel sind diese Menschen freundlicher, fairer und aufgeschlossener gegenüber anderen. Menschen, die hingegen schlechte Erfahrungen in ihrer Kindheit erfahren haben, kämpfen oftmals noch im Erwachsenenalter mit wenig Selbstliebe, Schuldvorwürfen, Verlustängsten und einem schlechten Selbstwertgefühl.

"Von dem, wie wir erleben, wie andere mit mir umgehen, schließe ich auf mich und meine "Wertigkeit". Gehen meine Bezugspersonen auf mich ein? Werde ich gesehen? Bekomme ich das Gefühl, okay zu sein, wie ich bin?", sagt Schönauer und erklärt weiter: "Ist das nicht oder eingeschränkt der Fall, habe ich später eher Schwierigkeiten damit, mich selbst anzunehmen oder zu lieben."

Schon als Kind hört man den Satz "Jeder Mensch ist wertvoll". Umso trauriger ist es, dass viele Menschen genau diese Einstellung nicht gegenüber sich selbst haben. Somit werden nicht nur andere Menschen schlecht behandelt, sondern auch sich selbst bringen Betroffene wenig Respekt entgegen.

Selbstliebe beinhaltet drei wesentliche Aspekte:

  • Selbstakzeptanz (anerkennen, wie man ist - das heißt nicht, dass man seine Eigenschaften mögen muss, aber dass man erkennt, dass sie Realität sind)
  • Selbstannahme (mit sich selbst einverstanden sein)
  • Selbstachtung (sich selbst respektieren und wertschätzen - und sich somit selbst gut behandeln)

Oft gehört dazu auch der Begriff Selbstmitgefühl. Das bedeutetet, dass man sich gegenüber so verhält wie gegenüber einem lieben Freund: Man steht zu ihm, wenn es ihm schlecht geht, ist nachsichtig mit seinen Fehlern und stärkt ihm den Rücken.

Selbstliebe und Selbstverliebtheit sind sprichwörtlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Während Menschen, die sich selbst lieben, Empathie und emotionales Fingerspitzengefühl aufweisen, sind selbstverliebte, selbstsüchtige oder narzisstische Menschen stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Somit ist Selbstliebe von Egoismus und Eigensinnigkeit eindeutig zu trennen.

Mit wem verbringt man die meiste Zeit seines Lebens? Richtig, mit sich selbst. Genau deswegen ist Liebe zu sich selbst ein wesentlicher Faktor für ein zufriedenes und glückliches Leben. Wer sich selbst annimmt, auf sich achtet und Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse nimmt, praktiziert Selbstliebe. Somit ist Selbstliebe nicht nur der Schlüssel für mehr Zufriedenheit und Glück, sondern wirkt sich auch positiv auf die physische sowie die psychische Gesundheit aus. Selbstliebe macht zudem unabhängig, denn Betroffenen sind nicht auf Anerkennung oder Zuspruch von anderen angewiesen. Demnach fühlen sie sich oftmals mental und emotional frei.

Gleichzeitig haben Menschen mit einer ausgeprägten Selbstliebe ein Gespür dafür, wie sie mit anderen Menschen in ihrem Umfeld umgehen müssen. Infolgedessen wirken sie sympathisch und authentisch. Ohne sich verstellen zu müssen, werden sie von anderen Menschen als positiv wahrgenommen, sodass ihre Selbstliebe "nach außen strahlt".

Kritik, Probleme, Fehler und Rückschläge gehören leider zum Leben. Selbstliebe hilft nicht nur bei einem angepassten Umgang, sondern führt dazu, dass Menschen mehr aus problematischen Situationen lernen und daran wachsen. Menschen, die sich selbst lieben, geben nach Rückschlägen nicht auf, sondern holen das Beste aus jeder Situation heraus.

Doch warum fehlt es uns nicht leicht, uns selbst zu lieben? "Selbstliebe kann als Teil des Selbstwertgefühls betrachtet werden", erklärt die Psychologin und Psychotherapeutin Bernadette Schönauer. Bestimmte Lebensereignisse, Beziehungserfahrungen und gesellschaftliche Bedingungen - wie etwa genug verdienen oder gut aussehen - können unser Selbstwertgefühl beeinflussen, so Schönauer.

"Diese Vorstellungen sind jedoch oft überhöht und können kaum erreicht werden, was uns wiederum ungenügend fühlen lässt", so das Fazit der Psychologin.

Glücklicherweise können Menschen neue Erfahrungen machen und mit der Zeit sich selbst lieben lernen. Schönauer verrät drei Säulen, die zur Selbstliebe führen können: unsere Gedanken, unser Verhalten und unsere Gefühle.

Wir haben für Sie einige Selbstliebe-Übungen aufgelistet:

1) Unbewusste Glaubenssätze wahrnehmen

Unbewusste Glaubenssätze, die wir im Laufe unseres Lebens verinnerlichen, "verknüpfen die eigene Wertigkeit, oder ein Teil davon, mit bestimmten Themen", so die Psychologin und Psychotherapeutin. Solche Glaubenssätze können etwa sein: "ich muss fleißig sein, um wertvoll zu sein" oder "ich muss angenehm sein, um akzeptiert zu werden".

Diese sollte man versuchen wahrzunehmen und überprüfen, ob man sie tatsächlich auch glaubt. "Manchmal braucht es dafür professionelle Unterstützung, um Zusammenhänge sichtbar zu machen und neue, selbstwertdienliche Annahmen zu formen", so Schönauer.

2) Positive Affirmationen

Um diese Glaubenssätze zu brechen, sollte man versuchen, ein Gegengewicht mit positiven Affirmationen zu schaffen. Man sollte zum Beispiel immer wieder zu sich selbst sagen "ich habe viel erreicht", "ich darf Pause machen" oder "ich habe viele liebenswerte Eigenschaften".

3) Pausen gönnen

Selbstliebe bedeutet, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und zu berücksichtigen. Daher sollte man sich selbst nicht überfordern und dem Körper regelmäßig Ruhe oder Auszeiten gönnen.

Wenn der Körper krank, erschöpft oder müde ist, gibt es meist ein Signal, dass der Organismus eine wohlverdiente Pause benötigt. Daher sollte man nicht nur auf andere, sondern auch auf sich selbst Rücksicht nehmen.

Wer möchte, kann sich auch ein schönes warmes Bad einlassen, Entspannungsübungen machen oder eine Massage buchen – Hauptsache, es tut dem Körper und der Seele gut.

4) Zeit für sich nehmen

Selbstliebe kann gefördert werden, indem man sich selbst etwas Gutes tut. Daher sollte man sich jeden Tag mindestens ein paar Minuten Zeit nur für sich nehmen. Dies können zum Beispiel Aktivitäten wie Musik, Yoga, Meditieren, Sport oder Lesen sein.

Um sich selbst besser reflektieren und Gefühle sortieren zu können, hilft das Tagebuch-Schreiben. Vor dem Schlafengehen kann nicht nur der Tag reflektiert, sondern man kann auch die persönlichen Erfolge oder Gedanken niederschreiben.

Auch ein Dankbarkeitstagebuch kann sehr hilfreich sein und den Blick auf das richten, was im Leben wirklich zählt.

5) Psychotherapie

Bei Blockaden, tiefgreifenden Selbstwertproblemen oder Selbstabwertung empfehlen sich professionelle Unterstützung durch eine Psychotherapie, so Schönauer.

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