Rechte und Pflichten

Schüler bis Rentner: Welche Ansprüche bestehen im Praktikum?

24.10.2022, 16:18 Uhr
Ein Praktikum ist in vielen Lebensphasen möglich. Wichtig ist, sich immer über die jeweils geltenden Rechte und Pflichten zu informieren.

© Franziska Gabbert/dpa-tmn Ein Praktikum ist in vielen Lebensphasen möglich. Wichtig ist, sich immer über die jeweils geltenden Rechte und Pflichten zu informieren.

In einem Praktikum lässt sich ausloten, ob eigene Vorstellungen von einem Beruf mit der Realität übereinstimmen. Das ist nicht nur in jungen Jahren, sondern auch noch später möglich. Was sich allerdings unterscheiden kann, sind die Rechte und Pflichten beider Seiten.

Generell gilt: "Alle Praktikantinnen und Praktikanten haben Anspruch auf einen schriftlichen Praktikumsvertrag und später auf ein Zeugnis", sagt Daniel Stach, Arbeitsrechtler beim Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Praktikanten sind außerdem unfallversicherungspflichtig. Die Beiträge trägt der Arbeitgeber.

In aller Regel haben Praktikanten im Pflichtpraktikum keinen Anspruch auf Urlaub, sagt Katharina Hain vom Personaldienstleister Hays. Im freiwilligen Praktikum gibt es einen Urlaubsanspruch von 20 Tagen aufs Jahr bei einer 5-Tage-Woche, der anteilig aufs Praktikum angerechnet wird.

Komplizierter wird es zum Beispiel bei den Themen Vergütung oder Mindestdauer. Ob ein Anspruch besteht, hängt je nach Status von bestimmten Voraussetzungen ab. Eine Übersicht:

- Schnupperpraktikum für Schülerinnen und Schüler:

In einigen Bundesländern sind Schülerinnen und Schüler laut Lehrplan dazu verpflichtet, für mehrere Wochen ein Betriebspraktikum zu absolvieren. Bei solchen Schnupperpraktika geht es nicht ums Ausbilden, sondern ums Kennenlernen. Der Schülerstatus bleibt erhalten. Einen Anspruch auf Mindestlohn haben die Schülerinnen und Schüler nicht. Praktikumsgeber müssen bei der Beschäftigung Minderjähriger die Vorgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes beachten, etwa hinsichtlich Arbeitszeit und Urlaub.

- Pflichtpraktikum und freiwilliges Praktikum für Studierende:

Pflichtpraktika, die für Studierende in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgesehen sind, sind ebenfalls vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen. "Das gilt auch für Orientierungspraktika bis zu einer Höchstdauer von drei Monaten", sagt Stach. Das bedeutet, dass bei Überschreiten der drei Monate rückwirkend ab dem ersten Praktikumstag der Mindestlohn fällig wird. Bei Praktika, die bis zu drei Monaten studienbegleitend freiwillig absolviert werden, besteht ebenfalls kein Anspruch auf Mindestlohn.

Liegt die Vergütung in einem deutlichen Missverhältnis zur Arbeitsleistung, spricht man von Lohnwucher. "In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Vergütung, welche für die erbrachte Arbeit üblicherweise gezahlt wird", so Stach. Wer eine angemessene Vergütung wegen Lohnwuchers einklagen will, sollte sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder der zuständigen Gewerkschaft beraten lassen.

In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Praktikanten versicherungsfrei, wenn sie als eingeschriebene Studierende ein vorgeschriebenes Praktikum ableisten.

- Praktikum nach einer abgeschlossenen Ausbildung oder einem Studium:

Hier gilt der gesetzliche Mindestlohn uneingeschränkt. Er beträgt aktuell zwölf Euro brutto je Zeitstunde. Aber auch für Praktika, die nicht dem gesetzlichen Mindestlohn unterliegen, ist laut Berufsbildungsgesetz eine angemessene Vergütung zu zahlen.

- Praktikum neben dem Beruf:

Diejenigen, die neben dem Beruf ein Praktikum absolvieren möchten, sollten dafür unbedingt das Einverständnis des aktuellen Arbeitgebers einholen, rät Katharina Hain.

Allerdings gibt es für ein Praktikum neben dem Beruf einige Hürden. "Es ist unzulässig, wenn dadurch die gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit überschritten oder die Mindestruhezeit unterschritten wird", sagt Daniel Stach. Praktikumszeiten werden ebenfalls als Arbeitszeit gewertet. Auch während des Urlaubs ist ein Praktikum nicht ohne Weiteres statthaft, denn es gefährdet unter Umständen den Urlaubszweck - nämlich die Erholung.

Kommt ein Praktikum neben dem Beruf zustande, haben der Praktikant oder die Praktikantin Anspruch auf eine angemessene Vergütung, sagt Daniel Stach unter Verweis auf das Berufsbildungsgesetz.

- Praktikum für Arbeitssuchende:

Arbeitslose haben die Möglichkeit, an einer Maßnahme beim Arbeitgeber teilzunehmen, umgangssprachlich (Betriebs-)Praktikum. Dann können auch die Fahrtkosten übernommen werden und die Menschen sind gesetzlich versichert.

Gibt es Entgelt aus einem Praktikum, wird dieses Erwerbseinkommen auf das Arbeitslosengeld II vom Jobcenter angerechnet. Der Freibetrag - also der Betrag, der nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird - liegt bei 100 Euro. Bei Einkommen zwischen 100 und 1000 Euro sind zusätzlich 20 Prozent anrechnungsfrei.

Anders beim Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit für Menschen, die erst seit Kurzem arbeitslos sind. "Ein Entgelt hierfür wird nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen, Werbungskosten und einem Freibetrag von 165 Euro auf das Arbeitslosengeld angerecht", sagt Christian Ludwig von der Bundesagentur für Arbeit. Wollen Bezieher von Arbeitslosengeld ein Praktikum absolvieren, das 14 Wochenstunden überschreitet, benötigen sie die Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit.

Wichtig: Wurde ein Praktikum nicht genehmigt, stehen ALG-II-Bezieher dem Arbeitsmarkt aus Sicht der Arbeitsagentur währenddessen nicht zur Verfügung. Es besteht auch kein Anspruch mehr auf Leistungen. Deshalb sollten Arbeitslose ein etwaiges Praktikum immer vorab mit dem zuständigen Jobcenter oder Agentur für Arbeit abklären.

- Praktikum für Rentnerinnen und Rentner:

Eine Person erwirbt praktische Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit - das ist Ziel eines Praktikums. "Da Rentnerinnen und Rentner ihre berufliche Tätigkeit typischerweise altersbedingt bereits beendet haben, liegt im Zweifel kein Praktikum, sondern ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis vor", sagt Daniel Stach.