Autofahren im Winter

Zur Reifenwechsel-Saison: Sind Winterreifen in Deutschland eigentlich Pflicht?

Simone Madre

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27.10.2023, 07:30 Uhr
In Deutschland herrscht keine generelle, sondern eine situative Winterreifenpflicht. Was das bedeutet, erfahren Sie in unserem Beitrag.

© PantherMedia / Konstantin Okhlopkin In Deutschland herrscht keine generelle, sondern eine situative Winterreifenpflicht. Was das bedeutet, erfahren Sie in unserem Beitrag.

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Die Straßen können im Winter vereist oder glatt sein. Winterreifen sorgen für ein gutes Fahrverhalten auch bei Minustemperaturen. Zudem bieten sie eine verbesserte Griffigkeit bei Schnee und Matsch. Auch das Bremsverhalten auf kalter Fahrbahn ist deutlich besser als bei Sommerreifen. Somit haben Winterreifen viele Vorteile – aber gibt es in Deutschland eine entsprechende Winterreifen-Pflicht oder kann dies jeder Autofahrer selbst entscheiden?

Viele Menschen stellen sich im Herbst bereits die Frage "Ab wann sollten die Winterreifen drauf?" In Deutschland existiert keine generelle Winterreifen-Pflicht. Wenn man allerdings auf Sommerreifen durch die kalte Jahreszeit fährt, muss man mit Einschränkungen rechnen. Sobald auf der Straße winterliche Verhältnisse wie Schnee oder Glatteis herrschen, muss man das Auto stehen lassen, andernfalls droht eine Geldstrafe. Es ist somit nicht verpflichtet, Winterreifen zu nutzen. Wer dies jedoch unterlässt, muss unter Umständen im Winter auf den öffentlichen Nahverkehr zurückgreifen.

Einen festgelegten Zeitraum für die Nutzung von Winterreifen gibt es laut der Straßenverkehrsordnung nicht. Gemäß § 2 StVO sind Winterreifen vorgeschrieben, wenn eingeschränkte Fahrbedingungen wie Schneematsch und Glatteis herrschen. Falls man sein Auto in dem entsprechenden Zeitraum nicht fährt, müssen die Reifen auch nicht gewechselt werden. Praktisch ist dies allerdings schwierig, denn auch an sonnigen und trockenen Tagen im Winter müsste die Fahrt somit bereits beendet sein, bevor Schnee oder Regen fällt.

Somit herrscht in Deutschland zwar keine generelle Verpflichtung, aber eine situative Pflicht. Die situative Winterreifen-Pflicht ist erfüllt, wenn auf allen vier Radpositionen Winterreifen montiert sind. Alternativ können auch Ganzjahresreifen genutzt werden.

Für einige Fahrzeuge gilt die Regel allerdings nicht. Dazu gehören:

  • Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
  • motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 FZV
  • Einspurige Kraftfahrzeuge (beispielsweise Motorräder)

Für diese Fahrzeuge sind in der Regel auch keine speziellen Winterreifen mit der entsprechenden Kennzeichnung verfügbar.

In jedem Land gelten andere Regeln für die Nutzung von Winterreifen und Schneeketten. Vor einer Reise in das jeweilige Land sollte daher immer abgeklärt werden, welche Regeln oder Gesetze dort gelten.

Beispiele für die Winterreifen-Pflicht im Ausland:

  • Österreich: Beim Fahren bei winterlichen Straßenverhältnissen vom 1. November bis zum 15. April (montierte Schneeketten sind eine Alternative, wenn die Fahrbahn komplett mit Schnee oder Eis bedeckt ist)
  • Schweiz: Nein, aber Mithaftung bei einem Unfall durch eine ungeeignete Bereifung
  • Italien: Keine einheitliche Regelung, in Südtirol beispielsweise vom 15. November bis zum 15. April (Schneeketten als Alternative)
  • Frankreich: Für Bergregionen vom 1. November bis zum 31. März (mitgeführte Schneeketten reichen)
Schneekettenpflicht auf dem Riedbergpass im Allgäu (Bild von 2019).

Schneekettenpflicht auf dem Riedbergpass im Allgäu (Bild von 2019). © Oliver Willikonsky

Diese Faustregel besagt, dass man die Reifen am besten von Oktober bis Ostern (O bis O) wechseln sollte. Wer sich an die O-bis-O-Regel hält, muss nicht ständig den Wetterbericht beachten und wird auch nicht vom ersten Schneefall überrascht. Vielmehr nutzt man ungefähr ein halbes Jahr die Winterreifen, das andere halbe Jahr die Sommer-Bereifung.

Winterreifen oder Ganzjahresreifen sind mit dem "Alpine"-Symbol gekennzeichnet. Dies erkennt man an einem drei gezackten Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke. Die Kennzeichnung "M+S" reicht nicht aus. Reifen, die vor dem 1. Januar 2018 hergestellt wurden und das M+S-Symbol tragen, dürfen allerdings noch bis zum 30. September 2024 gefahren werden.

Nein, Schneeketten sind in Deutschland keine ausreichende Alternative. Es müssen Winterreifen aufgezogen werden. Es gibt aber auch eine zusätzliche situative Schneekettenpflicht. Die entsprechenden Schilder sieht man manchmal in den Bergen. Ab diesem Schild darf man nur noch mit Schneeketten weiterfahren. Übrigens: Schneeketten dürfen nur bei einer geschlossenen Schneedecke auf der Fahrbahn verwendet werden, da es sonst zu Schäden am Auto, der Straße und den Ketten kommen kann.

Wenn man seiner Pflicht trotz winterlichen Wetterbedingungen nicht nachkommt und beispielsweise mit Sommerreifen im Schnee fährt, droht in Deutschland ein Bußgeld. Das Bußgeld beträgt zwischen 60 und 120 Euro und kann dem aktuellen Bußgeldkatalog entnommen werden.

60 Euro müssen Autofahrer mindestens zahlen, wenn sie mit Reifen unterwegs waren, die nicht den Wetterverhältnissen angepasst waren. Folgt daraus eine Behinderung im Straßenverkehr, erhöht sich das Bußgeld auf 80 Euro und bei einer Gefährdung auf 100 Euro. Gleichzeitig müssen Autofahrer unabhängig von der Höhe des Bußgeldes mit einem Punkt im Fahreignungsregister (Punkt in Flensburg) rechnen.

Wer auf eine Werkstatt für den Reifenwechsel angewiesen ist, sollte frühzeitig einen Termin vereinbaren. Denn viele Werkstätten sind im Herbst über Tage hinweg ausgebucht. Autofahrer sollten vor dem Aufziehen immer die Profil-Tiefe überprüfen. Bei Winterreifen muss diese mindestens 1,6 Millimeter betragen. Wenn dies nicht der Fall ist, müssen neue Winterreifen erworben werden. Laut ADAC gelten 4 Millimeter Profil-Tiefe als empfehlenswert.

Tauscht man die Reifen selber, muss man darauf achten, dass man sie an der passenden Stelle anbringt. Das Rad, das in der vorigen Saison auf der Vorderachse montiert war, kommt nun auf die Hinterachse. Das gilt auch umgekehrt. So soll das Profil möglichst gleichmäßig abgenutzt werden. Um die Reifenposition zu markieren, kann man einfache Kreide verwenden. Diese verwischt aber manchmal. Deshalb gibt es für den gleichen Zweck auch beschriftete Ventilkappen zu kaufen.

Sommer- und Winterreifen unterscheiden sich sowohl im Reifenprofil als auch in der Gummimischung. Die Gummimischung ist bei Sommerreifen härter, da diese auch extrem hohen Temperaturen standhalten muss. Winterreifen besitzen im Profil kleine Lamellen. Dies sind Profileinschnitte, die sich mit Eis oder Schnee verzahnen, um dem Wegrutschen entgegenzuwirken. Die weichere Mischung verursacht im Sommer einen längeren Bremsweg, mehr Abrieb und bedingt somit auch einen höheren Spritverbrauch. Daher lohnt sich der Wechsel zur Sommerzeit auf die passenden Reifen. Autobesitzer machen somit den Verkehr für sich und andere sicherer und sparen gleichzeitig Kosten.