Wärmepumpen befeuern die Energiewende

Heizen ohne Putin: So zahlen Hausbesitzer nie mehr für Öl oder Gas

25.3.2022, 06:34 Uhr
Kiste im Garten, Wärme im Haus. Wärmepumpen sind kleiner und unauffälliger geworden, der größere Teil der Technik ist im Keller.  

© Andrea Warnecke/dpa Kiste im Garten, Wärme im Haus. Wärmepumpen sind kleiner und unauffälliger geworden, der größere Teil der Technik ist im Keller.  

Noch sind die Heizungen warm, noch fließt russisches Gas nach Europa. Aber darauf verlassen sollte sich niemand mehr – das haben die vergangenen Tage und die Überlegungen, auch ein Gas-/Ölembargo gegen Russland zu verhängen, eindrucksvoll gezeigt. Die Preise für fossile Brennstoffe sind gewaltig gestiegen, auch aus Klimaschutzgründen. Umso dringlicher wird eine echte Wärmewende, der Abschied von Öl und Gas zum Heizen.

Noch immer werden rund 80 Prozent aller Heizungen in Deutschland damit befeuert, das ist ein Drittel des Energieverbrauchs. Bis 2045 will Deutschland aber klimaneutral werden, und schon 2027 will die EU wegen des Ukraine-Krieges kein Gas und kein Öl mehr aus Russland importieren. Um das zu erreichen, könnte die Heizung der Zukunft die Wärmepumpe werden.

Sechs Millionen sollten mal bis 2030 installiert werden, noch ist es eine Million. Nun müssen die Pläne ambitionierter werden, inklusive Heizen mit der Abwärme aus der Industrie. Dieser Umbau ist eine Mammutaufgabe, denn die Wärmewende greift ins Private ein, in zwanzig Millionen Gebäude, die in Deutschland bewohnt und genutzt werden. Zwei Drittel aller Gebäude wurden vor 1979 errichtet und sind selten gedämmt.

Marek Miara forscht am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg an Wärmepumpen. Viel sei in den vergangenen Jahren darüber geredet worden, gehandelt habe kaum jemand. Wärmepumpen sollten jetzt schnell und unkompliziert installiert werden, "um den Wärmesektor zu dekarbonisieren", wie er sagt. Auch Strom müsse grüner werden, denn Wärmepumpen werden elektrisch angetrieben.

Die Mythen, dass das nicht funktioniert, sind längst widerlegt

"Noch vor 15 Jahren musste man die Menschen davon überzeugen, dass die Technik überhaupt funktioniert." Dass man mit kalter Luft ein Haus warm bekommt, dafür fehlte es vielen an Vorstellungskraft. Und noch heute begegnen dem Experten Mythen rund um kaum bekannte Heiztechnik: Manche halten sie für technologisch unausgereift oder zu teuer, andere bezweifeln, dass Wärmepumpen für Bestandsbauten oder gar für unsanierte Altbauten geeignet sein könnten. Miara hingegen hält sie für eine geniale Erfindung, technologisch ausgereift sei sie längst, bei Neubauten ist die Wärmepumpe inzwischen die wichtigste Heiztechnik.

Sie funktioniert wie ein Kühlschrank, bloß umgekehrt. Statt einem Innenraum Wärme zu entziehen und nach draußen zu leiten, bringt das Gerät die Wärme von draußen nach innen. Dabei nutzt sie die Umgebungswärme, die in einem Gewässer, im Erdboden oder in der Außenluft schlummert und führt sie dem Heizkreislauf zu. Als Quellen eignen sich Seen, Flüsse, Abwasserkanäle und sogar U-Bahnschächte. Je wärmer, desto besser. Im Sommer können manche Fabrikate die Innenräume auch kühlen.

Das Kontrolldisplay einer Wärmepumpe

Das Kontrolldisplay einer Wärmepumpe © Daniel Maurer/dpa

Die Wirkungsweise geht auf den Joule-Thomson-Effekt zurück, den der englische Brauer und Physiker James Prescott Joule 1852 mit dem irischen Physiker William Thomson entdeckt hatte. Mitte des 19. Jahrhunderts konnten die beiden zeigen, dass sich ein Gas durch Kompression (wie in einer Luftpumpe zu beobachten) erwärmt und bei Druckentlastung abkühlt.

Wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt

Eine Wärmepumpe nutzt diesen Effekt, indem sie Wärme von außen über einen Wärmetauscher auf ein Kältemittel überträgt: Schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen entsteht dort Dampf, der anschließend verdichtet und erwärmt wird. Mit dieser Wärmeenergie kann nun geheizt oder Wasser aufbereitet werden. Über einen weiteren Wärmetauscher wird das erwärmte Kältemittel gekühlt, verflüssigt und wieder dem Verdampfer zugeführt. Und der Prozess beginnt von vorne.

Zwei Gerätetypen dominieren derzeit den Markt, Erdwärme- und Luftwärmepumpen. Erstere sind aufwendiger und teurer, weil eine Bohrung nötig ist, um das Wärmereservoir des Erdbodens zu erschließen. Dafür arbeiten sie effizienter und verbrauchen weniger Strom. Luftwärmepumpen sind verbreiteter, weil günstiger und leichter zu installieren, auch nachträglich. Sie benötigen keinen Schornstein, aber Platz für Ventilatoren, deren Surren schon zum Streit unter Nachbarn führten. Die neueren Modelle sind aber sehr leise.

Dass sich Wärmepumpen auch für teilsanierte oder unsanierte Häuser eignen, hat Marek Miara mehrfach in Studien belegt. Seit 15 Jahren untersucht er Wärmepumpen in Bestandsbauten. Darunter Heizgeräte in 56 bestehenden Häusern, die zwischen 15 und 170 Jahre alt waren.

Fazit: Wärmepumpen funktionieren selbst in sehr alten, schlecht gedämmten Häusern ohne Fußbodenheizung. Alte Heizkörper sind oft überdimensioniert und große Heizflächen von Vorteil, weil das Wasser nicht so stark erwärmt werden muss. Das System funktioniert in Altbauten sogar bei massiver Kälte. Selbst bei minus 25 Grad liefen Wärmepumpen zuverlässig und verbrauchten weniger Kohlendioxid als fossile Heizungen.

Um 19 bis 57 Prozent lagen sogar die CO₂-Emissionen bei bestehendem Strommix niedriger, wie der Leistungsvergleich anhand der Jahresarbeitszahl zeigte. Diese gibt an, wie viel Wärme aus jeder Kilowattstunde Strom gewonnen werden kann. Diese lag für Luftwärmepumpen bei durchschnittlich 3,1, für Erdwärmepumpen sogar bei 4,1 – ein sehr guter Wert. Aus einem Kilowatt Strom kann also ein Vielfaches an Wärme gewonnen werden.

In Skandinavien ist die Wärmepumpe ganz normal

In Schweden, Norwegen und Teilen Dänemarks ist die Wärmepumpe längst Standard, dort muss im skandinavischen Winter niemand frieren. Grund ist auch eine hohe Sondersteuer auf fossile Brennstoffe, die Strompreise sind niedrig, zudem werden Wärmepumpen subventioniert. In Deutschland gibt es zwar auch staatliche Fördermittel von bis zu fünfzig Prozent, allerdings sind die Strompreise deutlich höher.

Trotz aller Vorteile ist der Umbau auf Wärmepumpen kein Selbstläufer. Neben den hohen Kosten hemmt vor allem der Fachkräftemangel eine rasche Wärmewende, denn die Effizienz der Anlagen hängt von sorgfältiger Planung und einer fachgerechten Installation ab. Allerdings gibt es weder genügend Planer und Installateure noch standardisierte Verfahren oder Musterlösungen.

"Die Wärmepumpe funktioniert und ist technisch machbar. Aber viele Häuslebauer finden einfach keinen Partner, der die Wärmepumpe umsetzt", sagt Clemens Felsmann, Professor für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung an der TU Dresden. Das liege auch daran, dass die Deutschen alles perfekt machen wollten, dreimal nachdenken und zögern, anstatt einfach mal machen. In Skandinavien sei man forscher ans Werk gegangen.