Bürger müssen tätig werden
Führerscheinumtausch: Wer kein Internet hat, bekommt Probleme
01.07.2021, 17:35 Uhr
Digitaler Bürgerservice ist eine feine Sache. Ein paar Klicks und man hat etwa seinen neuen Anwohnerparkausweis bei der Stadt Nürnberg online bestellt. Nur ein paar Werktage und schon kommt der Ausweis per Post. Also kein Anstehen oder sich gar frei nehmen müssen, um einen Behördengang erledigen zu können. Man meldet sich auf dem Serviceportal "Mein Nürnberg" an und wickelt über das Portal seine Behördengänge online ab.
Mehr als 350 PDF-Dokumente sind dort online zu finden. Manche kann man komplett digital bearbeiten. Die anderen muss man derzeit noch ausdrucken und per Post zur Stadt schicken. Für manche Angelegenheiten, wie etwa ein neuer Personalausweis oder das Ummelden, ist jedoch nach wie vor ein persönliches Erscheinen nötig.
Wer kein Internet hat, stößt in Zeiten fortschreitender Digitalisierung auch hinsichtlich des Bürgerservice schnell an seine Grenzen. Und davon gibt es immerhin nicht wenige Menschen in Deutschland. Laut Statista Research Department ist zwar der Anteil der Internetnutzer im Jahr 2020 erneut gestiegen und liegt bundesweit nun bei 88 Prozent. Unter den 14- bis 49-jährigen Deutschen zählen mittlerweile nahezu 100 Prozent zu den Internetnutzern. Bleiben aber 12 Prozent, die eben offline sind.
Auch Franz Meyer (Name geändert) zählt zu ihnen. Während Nürnbergs OB Nürnberg Marcus König (CSU) davon träumt, dass die Noris irgendwann zur "digitalen Hauptstadt Deutschlands" avanciert, ärgert sich der 83-jährige Nürnberger schon lange darüber, dass er hier das Nachsehen hat. "Alle reden von Online, aber ich habe das eben alles nicht."
Künftig sind die EU-Dokumente befristet
Aktuell ärgert er sich wegen dem in den kommenden Jahren anstehenden Umtausch der alten Führerscheine beziehungsweise über die Hürden, auf die er nun wieder stößt. Alle Führerscheininhaber, deren Dokument vor dem 19. Januar 2013 ausgestellt wurde, sind aufgrund der 3. EU-Führerscheinlichtlinie verpflichtet, ihre unbefristeten Führerscheine (grau, rosa oder unbefristete Kartenführerscheine) in einen neuen und nun befristeten EU-Führerschein umzutauschen.
Der Umtausch setzt aber einen Antrag voraus, danach geht alles einfach auf dem Post-Weg. Den Umtausch kann man online beantragen. Für alle anderen wie Franz Meyer gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dies in dem Führerscheinumtausch-Center in der Hirschelgasse 32 zu erledigen. Allerdings bedarf es hier zwingend einer vorherigen Terminvereinbarung: online oder aber über das Telefon.
Leitungen sind oft belegt
Das hat auch Franz Meyer versucht und kommt aber einfach nicht durch. Ein Umstand, der auch Olaf Kuch, Leiter des Direktoriums für Bürgerservice, Digitalisierung und Recht der Stadt Nürnberg, bekannt ist: "Wir haben mittlerweile eine Person aus der Sachbearbeitung ganztägig für telefonische Rückfragen und telefonische Terminreservierungen abgestellt."

Somit habe das Ordnungsamt eine Leitung hierfür freigeschaltet, jedoch beantworte auch das Service-Center Anfragen hierzu. "Die Nachfragen sind aktuell enorm – und insofern die Leitungen leider häufig besetzt", so Kuch weiter. Auch ohne diese neue Aufgabe gab es wegen der Coroa-Pandemie in der Vergangenheit immer wieder Klagen über besetzte Leitungen und Probleme bei der Terminvergabe.
Mit dem Umtausch von rund 300 000 Führerscheinen stehe der Führerscheinstelle "eine Mammutaufgabe" bevor, da macht sich Kuch nichts vor. Zur Entlastung der Behörden und, um zu lange Wartezeiten zu vermeiden, sind die Umtauschfristen gestaffelt.
Laut Bundesregierung ist bei Führerscheinen mit Ausstellungsdatum bis zum 31. Dezember 1998 das Geburtsjahr des Fahrerlaubnis-Inhabers ausschlaggebend. Bei Führerscheinen mit Ausstellungsdatum ab dem 1. Januar 1999 gilt das Ausstellungsjahr des Führerscheins.
Diese Fristen gelten für den Umtausch
Eine Regelung, die kein Nürnberger Phänomen ist, sondern vom Gesetzgeber vorgegeben wurde. Auf der Homepage der Stadt Nürnberg ist ein Umtauschrechner verlinkt, auf dem man gut nachsehen kann, wann man an der Reihe ist - wenn man denn einen Internet-Zugang hat. Grundsätzlich gilt, dass die Umtauschpflicht für unbefristet ausgestellte Führerscheine erst ab 20.1.2025 beginnt.
Als erstes müssen die Geburtsjahrgänge 1953 bis 1958 ihren Führerschein bis 19. Januar 2022 umtauschen. Mithilfe der vorliegenden Meldedateien in Abgleich mit dem Führerschein-EDV-Programm wurden laut Kuch diejenigen Bürger via Serienbrief über den Pflichtumtausch informiert, die sich in der ersten Staffelung befinden.
"Zur weiteren Entzerrung geben wir aber auch diese nur chargenweise heraus. Unabhängig davon gehen wir davon aus, dass ein großer Anteil wegen verschiedener Gründe nicht erfasst wird, sodass wir auch über unsere Homepage versucht haben, die hierfür wichtigen Infos bereit zu halten." Denn angeschrieben werden können nur Personen, die in Nürnberg ihren Führerschein gemacht haben und deren aktuelle Nürnberger Adresse noch eindeutig ermittelt werden kann.
Am besten vorzeitig registrieren
Um lange Bearbeitungszeiten gegen Ende der Umtauschfrist vorzubeugen, empfiehlt die Stadt, den Umtausch des Führerscheins bereits jetzt schon zu beantragen und betont zudem, dass die Pflicht zum Umtausch unabhängig von einem Anschreiben durch die Stadt Nürnberg besteht.
Kleiner Trost für Franz Meyer: Da er vor 1953 geboren ist, muss er seinen Führerschein erst in gut 11 Jahren, zum 19.1.2033, umtauschen, wie die Redaktion für ihn ermittelt hat. Da wäre er dann 95 Jahre alt. "Da brauche ich den dann auch nicht mehr."
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