Propaganda aus Peking?

Konfuzius-Institut: Die Grünen verlangen Aufklärung

26.8.2021, 08:31 Uhr
Das Konfuzius-Institut will vor allem mit Sprache und Kultur Chinas vertraut machen - zum Beispiel mit Ausstellungen wie hier von Comics im Rathaus Erlangen vor zwei Jahren. 

© Klaus-Dieter Schreiter Das Konfuzius-Institut will vor allem mit Sprache und Kultur Chinas vertraut machen - zum Beispiel mit Ausstellungen wie hier von Comics im Rathaus Erlangen vor zwei Jahren. 

Offiziell dienen sie dazu, die chinesische Sprache und Kultur zu vermitteln. Das ist der Auftrag von Konfuzius-Instituten in aller Welt. Aber sind sie nicht letztlich ferngesteuerte Missionsposten, um die öffentliche Meinung im Sinne der chinesischen Regierung zu beeinflussen - und Kritik abzubügeln? Schlimmer noch: die wissenschaftliche Freiheit zu untergraben und pure Propaganda zu verbreiten? Ja womöglich chinesische Studenten und andere Staatsbürger, die im Ausland leben, zu überwachen?

Kulturförderung als Deckmantel?

Treffen solche Vermutungen auch auf das Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen zu? Das wollen jetzt die Nürnberger Bündnisgrünen im Stadtrat zum Thema machen. Und beantragen deshalb, dass die Stadt "prüft, inwieweit das Wirken des Konfuzius-Instituts unseren freiheitlichen demokratischen Grund- und Menschenrechten widerspricht". Und ob ausgeschlossen werden kann, dass auch aus städtischen Mitteln eine Arbeit gefördert wird, die "Inhalte entgegen unserem Wertesystem" vertritt. Zudem soll über einen kritischen Austausch mit dem Institut berichtet werden, auch zur Behandlung der Menschenrechte sowie der Verfolgung von Glaubensgruppen und ähnlich heiklen Fragen.

Eine Auseinandersetzung mit China steht Nürnberg auch durch die Verleihung des nächsten Nürnberger Menschenrechtspreises ins Haus: Ausgezeichnet werden soll - pandemiebedingt erst im kommenden Jahr - die Aktivistin Sayragul Sauytbay, die detailliert die Internierung von Millionen Uiguren in Westchina angeprangert hat.

Die Bündnisgrünen verweisen nun unter anderem darauf, dass Ende Juli der Stadtrat von Ingolstadt beschlossen hatte, aus der Finanzierung des dort mit Audi getragenen Konfuzius-Instituts auszusteigen. Zuvor hätten bereits die Universitäten in Hamburg und Düsseldorf wie auch 50 weitere Hochschulen in aller Welt die Kooperationen beendet, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Marc Schüller.

Auch das Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen ist in enger Anbindung an die Friedrich-Alexander-Universität entstanden und wird von ihr mit getragen. An der Finanzierung beteiligen sich neben den Städten Erlangen, Fürth und Nürnberg auch der Freistaat Bayern und Siemens. Im Unterschied zu anderen Konfuzius-Instituten sichert hier allerdings ein deutscher Trägerverein allein schon rechtlich die nötige Unabhängigkeit von den chinesischen Partnern. Darüber soll auch das rein deutsch besetzte Kuratorium wachen, die chinesischen Mitarbeiter sind in der Minderheit.

Allerdings ist unübersehbar, dass die Kommunistische Partei und die Staatsführung um Präsident Xi Jinping in den vergangenen Jahren die Zügel angezogen hat und immer unverhohlener Macht- und Kontrollansprüche im Ausland geltend macht - und sei es auf subtile, gut getarnte Weise. Jedenfalls mehren sich die Beispiele etwa von Wissenschaftlern, die sich für Kritik an Peking handfeste Probleme einhandeln oder sich Kritik schon verkneifen, um ihren Zugang zum Land und den Einrichtungen nicht zu gefährden, auf die sie für ihre Arbeit angewiesen sind.

Warnung vom Verfassungsschutz

Yan Xu-Lackner, die Direktorin des Nürnberger Instituts, sieht sich nicht zum ersten Mal mit derartigen Verdächtigungen konfrontiert. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Landtags-SPD eine Debatte um das Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen vom Zaun gebrochen. Anzeichen für Versuche der Einflussnahme und Gefahren für die akademische Freiheit von Forschung und Lehre hat im Oktober 2020 auch das Bundesamt für Verfassungsschutz ausgemacht.

Xu-Lackner kann indes darauf verweisen, dass im Programm des Hauses sehr wohl auch Veranstaltungen wie Vorträge, Ausstellungen und Filme Platz finden, die zur kritischen Auseinandersetzung mit der Realität und den Lebensverhältnissen im Land einladen - von Umweltsünden über die Stadt-Land-Spannungen bis zu Generationenproblemen. Es gebe keinen "Tabukatalog", nahmen auch Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und der frühere Europaminister Günter Gloser als Kuratoriumsmitglieder das Konfuzius-Institut in Schutz. Und gerade die Absicherung aus deutschen Finanzmitteln fördere die Unabhängigkeit von China.

Keine offene Konfrontation

Dennoch wäre die Erwartung überzogen und unrealistisch, dass unter dem Konfuzius-Dach beispielsweise auch ein Gedenken an die blutige Niederschlagung der Demokratie-Bewegung auf dem Tian'anmen-Platz vor 30 Jahren stattfinden oder der Verlust der Freiheit in Hongkong beklagt werden könnte. Schließlich bleibt das Institut auf die Kooperation mit chinesischen Partnern existenziell angewiesen. Deshalb betont Xu-Lackner stets den Vorrang der Sprach- und Kulturvermittlung. Die ist unverzichtbar - schließlich bleiben in der vernetzten Welt von heute auch Deutschland und Europa darauf angewiesen, sich im wohl verstandenen eigenen Interesse gründlich mit dem Reich der Mitte auseinanderzusetzen.

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