Fehlende Infrastruktur

Region: Bahn-Ausbau kommt nicht voran

10.9.2021, 12:00 Uhr
Die Franken-Sachsen-Magistrale und damit auch die Gleise durch das Pegnitztal sollen elektrifiziert und ausgebaut werden. 

© Kerstin Goetzke Die Franken-Sachsen-Magistrale und damit auch die Gleise durch das Pegnitztal sollen elektrifiziert und ausgebaut werden. 

Um die Jahrtausendwende schien ein großes Ziel auf der Franken-Sachsen-Magistrale erreicht: Mit eigens für die Strecke gebauten Diesel-ICE mit Neigetechnik wurden die Städte Bayreuth, Hof, Plauen, Zwickau und Chemnitz 2001 an das Fernverkehrsnetz angeschlossen.

Der Jubel verhallte jedoch schnell. Nach nur zwei Jahren zog die Deutsche Bahn nach einer Pannenserie die kleine ICE TD-Flotte aus dem Verkehr.

Seither kämpfen die betroffenen Kommunen wieder um eine bessere und schnellere Schienenverbindung durch eine durchgehende Elektrifizierung der Strecke.

Ein Projekt, dass in den Verkehrswegeplänen des Bundes seit Jahrzehnten im so genannten "vordringlichen Bedarf" steht, also in der höchsten Priorisierungsstufe.

Staatsvertrag abgeschlossen

Schließlich wurde der Ausbau auch in einem 1995 zwischen Deutschland und Tschechien geschlossenen Staatsvertrag festgehalten. Seither gab es unzählige Veranstaltungen, auf denen oberfränkische Kommunalpolitiker die Umsetzung des Projekts und damit den Lückenschluss gefordert haben, der Abschnitt von Hof nach Dresden wurde 2013 unter Strom gesetzt.

Im März diesen Jahres schien es dann so gut wie geschafft. Die Bahn erklärte, die Vorplanungen für die Modernisierung der Gleise von Nürnberg über Marktredwitz nach Hof beziehungsweise Schirnding seien abgeschlossen.

Durch das Pegnitztal

Die Elektrifizierung der insgesamt 186 Kilometer mit Kosten von rund 1,2 Milliarden Euro, wie sie im Bundesverkehrswegeplan angeführt werden, soll laut DB entlang der bestehenden Strecke durch das Pegnitztal mit seinen vielen Brücken und Tunneln vorgenommen werden.

Doch nur einen Monat später erklärte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen, dass ein "weitergehender Untersuchungsbedarf zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens" bestehe. Und weiter: "Derzeit werden daher Möglichkeiten einer Kostenreduzierung untersucht."

Bei einer Bahnkonferenz im Landratsamt Wunsiedel vor wenigen Wochen warnten die Städte und Landkreise entlang der Bahnstrecke Nürnberg – Marktredwitz – Sachsen und Böhmen zusammen mit ihren Bundestagsabgeordneten erneut vor einer langen Unterbrechung der Planungen.

Große Potenziale

An der Dringlichkeit der Elektrifizierung gebe es keinen Zweifel, so die Konferenzteilnehmer unisono. Besondere Potenziale für den Schienentransport würden sich etwa in den Branchen Automotive und Chemie ergeben.

„Das würde unsere Mittelgebirgsautobahnen entlasten. Es ist geradezu grotesk, wenn die in Zwickau oder Mlada Boleslav hergestellten Elektroautos auf Diesel-LKW zu den Kunden im Süden Deutschlands und Europas transportiert werden. Diese gehören auf die elektrifizierte Schiene“ forderte beispielsweise der Wunsiedler Landrat Peter Berek.

Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, dass die ersten Ergebnisse der Vorplanung gezeigt hätten, "dass ein weitergehender Untersuchungsbedarf zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens bestand."

Auftrag zur Überarbeitung

Die Bahn-Infrastrukturtochter DB Netz sei daraufhin mit den notwendigen Überarbeitungen beauftragt worden.

"Dies betraf unter anderem den Umfang der Anpassungen der Gleisanlagen und Tunnelbauten an einen künftigen elektrischen Betrieb."

Auf der Grundlage der "nunmehr vorliegenden aktualisierten, deutlich geringeren Investitionskosten" würden die Bundesgutachter derzeit eine erneute volkswirtschaftliche Bewertung für das Vorhaben durch, so das Verkehrsministerium.

Die Ergebnisse würden diesen Herbst vorliegen. "Ziel der Bundesregierung ist es, nach Bestätigung der Wirtschaftlichkeit umgehend mit den Arbeiten der Entwurfs- und Genehmigungsplanung zu beginnen".

Laufender Bewertungsprozess

Noch laufe aber der "Bewertungsprozess" und die "Bedarfsplanüberprüfung".

Auch wenn die Wirtschaftlichkeit bestätigt wird, bleibt damit unklar, wann tatsächlich mit der Elektrifizierung und dem Ausbau begonnen werden kann, von der Fertigstellung ganz zu schweigen.

Das gilt auch für ein weiteres Infrastrukturprojekt, das ebenfalls seit Jahrzehnten im Gespräch ist: Der Ausbau der Bahnstrecke Burgsinn - Gemünden - Würzburg - Nürnberg für mindestens 165 Millionen Euro und damit auch die Verlegung eines dritten Gleises zwischen Fürth und Siegelsdorf.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte jüngst zusammen mit dem Fürther Bundestagsabgeordneten Christian Schmidt (CSU), das Gleis werde gebaut. Einen Auftrag für Vorplanungen an die DB, die auch finanziell unterlegt ist, gibt es bisher aber nicht.

Planungen sind "vorgesehen"

Nach positiver Klärung der Auswirkungen des Deutschlandtaktes auf das Vorhaben sei "nunmehr vorgesehen", "spätestens 2022" mit der Planung des Vorhabens zu beginnen, heißt es dazu aus dem Bundesverkehrsministerium.

Durch den Deutschlandtakt nach Schweizer Vorbild sollen bis zum Jahr 2030 die Züge zwischen den größten Städten im Halbstundentakt fahren und an den zentralen Bahnhöfen ungefähr gleichzeitig eintreffen, um lange Umsteigezeiten zu vermeiden und die Reisezeiten deutlich zu verkürzen.

Mit welchem Zeitraum der Realisierung von der Planung bis zur Inbetriebnahme des zusätzlichen Gleises auf rund elf Kilometern Länge gerechnet werden muss, kann das Ministerium jedoch nicht sagen.

"Mit Blick auf den ausstehenden Planungsstart und die Vielzahl der erst im Laufe der Planungen zu klärenden Fragen lassen sich derzeit noch keine belastbaren Zeitpunkte zum Abschluss der Planfeststellung sowie zur Inbetriebnahme nennen", so ein Sprecher.

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