1:3 in Bochum! Canadis Krisen-Club steigert sich zu spät

4.11.2019, 22:24 Uhr
Die Köpfe hängen tief: Nach einem defensiven Offenbarungseid im ersten Durchgang gelang Nürnbergs Aufholjagd in Bochum nicht.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / DaMa Die Köpfe hängen tief: Nach einem defensiven Offenbarungseid im ersten Durchgang gelang Nürnbergs Aufholjagd in Bochum nicht.

Die Pressekonferenz vor dem Spiel beim VfL Bochum hatte Damir Canadi noch einmal für Werbung in eigener Sache genutzt. Dass es da atmosphärische Störungen geben würde zwischen der Mannschaft und ihm – Unsinn, sagte der Trainer des 1. FC Nürnberg. Eine gute Möglichkeit, die Harmonie unter Beweis zu stellen, ergab sich glücklicherweise schon einen Tag später im Bochumer Ruhrstadion. Dummerweise war Canadi da aber ein Großteil seiner Mannschaft abhanden gekommen.

Ein 18-jähriger und ein mittleres Desaster

Mit Georg Margreitter, Enrco Valentini und Oliver Sorg musste Canadi eh schon sehr viel defensive Stabilität ersetzen, da meldete sich am Spieltag auch noch Torwart Andreas Lukse mit einer Grippe ab. Lukse ist der dritte Torwart, der den Nürnbergern nun nicht helfen kann, an seiner Stelle gab Benedikt Willert, der Torwart der U21 sein Profi-Debüt.

Es wurde vor 16.046 Zuschauern ein mittleres Desaster, nicht nur weil Willert verständlicherweise unsicher wirkte, sondern weil beim 1:3 (0:3) das, was von der Mannschaft übrig geblieben war, nicht den Eindruck machte, als würde noch irgendetwas stimmen beim 1. FC Nürnberg.

+++ Bemitleidenswerter Debütant: Willert patzt im Club-Tor +++

Beim VfL, der in seinen bis dahin fünf Heimspielen in dieser Saison nicht über fünf Remis hinausgekommen war und der auch deshalb vor der Partie auf dem vorletzten Rang notiert war, kollabierte der Club früh in der Partie. Immerhin: Nach der Pause zeigte Nürnberg ein Fünkchen Moral.

Canadi hatte sich in Ermangelung von gesunden Rechtsverteidigern für Lukas Jäger als Platzhalter entschieden, links verteidigte Fabian Nürnberger. Zu tun hatte die Viererkette zunächst einmal nichts, weil Nürnberg einigermaßen ordentlich in die Partie fand. Nach einem Schuss von Robin Hack aus der Distanz verpasste Michael Frey aus kurzer Distanz die frühe Führung (6.). Die fiel dann auf der Gegenseite: Hanno Behrens hatte sich einen Ball vor dem Strafraum schon erkämpft, verlor dann aber die Übersicht – so durfte sich Danilo Soares alleine auf den Weg Richtung Willert machen und traf zum 1:0 (9.).

Alleine vor der Trainerbank

Kurz darauf regnete es heftiger im Ruhrstadion und natürlich stand da Canadi klischeekitschig alleine vor seiner Trainerbank. Was er von dort aus sah: Dass dieser eine Treffer an diesem Abend genügte, um die Sache mit der Nürnberger Gegenwehr zu beenden. Bochums schlichte Interpretation des Spiels, mit vielen hohen Pässen nach vorne, wurde von der Nürnberger Defensive mit Panik beantwortet. Nach einer halben Stunde und zwei weiteren Bochumer Gelegenheiten, den Spielstand zu erhöhen, durfte sich Willert erstmals auszeichnen, als er Chung Yong Lees Schuss mit den Beinen abwehrte.

Als er zehn Minuten später versuchte, einen Ball zu fangen, hatte er Sekunden später seinen ersten Zweitliga-Fehler produziert: Nach einem Freistoß ließ Willert den Ball fallen, Simon Lorenz traf ins leere Tor. Danny Blum setzte noch einen Freistoß an die Latte (43.), ehe Manuel Wintzheimer völlig allein gelassen tatsächlich aus sieben Metern das 3:0 erzielen durfte. Die erste Halbzeit war dem Club zu einem Fiasko geworden.

Canadi-raus-Rufe, Sörensen und der Keller

Die Reaktion Canadis war eine, die man in dieser Saison schon häufiger gesehen hat: Er wechselte das Personal. Felix Lohkemper ersetzte Nikola Dovedan und Iuri Medeiros kam für Sebastian Kerk. Die Wechsel zeigten tatsächlich Wirkung, was aber auch damit zusammen hängen könnte, dass Bochum im zweiten Durchgang tatsächlich so aussah wie ein Siebzehnter der 2. Liga. Aus dem Gästeblock hörte man "Canadi-Raus"-Rufe, auf dem Platz gewann der Club Sicherheit.

+++ Die Club-Stimmen: "Man kann nicht alles auf den Trainer schieben"

Belohnt wurde das nach 63 Minuten, als Asger Sörensen nach einer Hereingabe von Johannes Geis per Kopf zum 1:3 traf. Neun Minuten später traf wieder ein Nürnberger, diesmal Lohkemper nach einer Flanke von Medeiros, der Videoschiedsrichter aber hatte Michael Frey im Abseits entdeckt. Im Kölner Videokeller fand so die Aufholjagd der Nürnberger ein Ende, es passierte danach nicht mehr viel im Ruhrstadion, was umso erstaunlicher war, weil sich die Gastgeber ihre neu gefundene Verunsicherung bis zum Ende bewahrten.

Trainerwechsel vor Bielefeld? Das kennt der Club

Als Canadis Spieler nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck in Richtung eigenen Anhang blickten, da sahen sie viel, nur keine Harmonie. Auch deshalb dürfte es für Canadi nun kompliziert werden beim 1. FC Nürnberg. Das letzte Mal einen Zweitliga-Trainer gewechselt hat man beim Club vor einem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld. Die schaut am kommenden Wochenende im Max-Morlock-Stadion vorbei.

VfL Bochum: Riemann - Celozzi (67, Osei-Tutu), Lorenz, Bella Kotchap, Danilo Soares - Losilla, Tesche, Zoller, Lee (90. Weilandt), Blum - Wintzheimer (82. Pantovic)

1. FC Nürnberg: Willert - Jäger, Mühl, Sörensen, Nürnberger - Geis, Behrens, Dovedan (46. Lohkemper), Kerk (46. Medeiros), Hack (82. Ishak) - Frey

Tore: 1:0 Danilo Soares (9.), 2:0 Lorenz (40.) 3:0 Wintzheimer (45.), 3:1 Sörensen (63.) | Gelbe Karten: Pantovic, Weilandt - Mühl, Behrens, Jäger | Schiedsrichter: Jöllenbeck (Freiburg) | Zuschauer: 16.046.

+++ Der Live-Ticker zum Nachärgern und Nachtrauern +++

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