Bleierne Stille: Frankens Schützen in der Pandemie

30.5.2021, 12:45 Uhr
Bleierne Stille: Frankens Schützen in der Pandemie

© Foto: Mathias Hochreuther

Auf die Frage, wann sie zum letzten Mal am Schießstand war, weiß Tina Brückmann spontan gar keine Antwort. Erst nach ein paar Sekunden des Überlegens sagt die Schützin der FSG Titting: "Sicher ist, dass wir seit dem 13. November nicht mehr schießen dürfen. Und seitdem hatte ich auch kein Gewehr mehr in der Hand." Es war die Zeit, in der die Politik noch glaubte, mit einem Lockdown light irgendwie durch den Winter zu kommen. Anfang November mussten Fitnessstudios zwar schon schließen, manch andere Sportangebote aber blieben erlaubt, wie auch der Schießsport. Diese Ungleichbehandlung wollten einige Betreiber von Fitnessstudios jedoch nicht hinnehmen – mit dem Ergebnis, dass der Breitenport dann praktisch vollständig eingestellt wurde.


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Brückmann, die mit ihrer FSG in normalen Jahren in der 2. Bundesliga um Siege kämpft, erinnert sich noch genau. "Am 25. Oktober hatten wir noch einen Fernwettkampf, dann sind die Inzidenzen weiter gestiegen, und wir durften bald gar nicht mehr an den Schießstand." Schon Ende September hatte der Deutsche Schützenbund die Saison abgesagt. Um im Winter trotzdem ein paar Wettkämpfe bestreiten zu können, planten einige Erst- und Zweitligavereine Fernwettkämpfe. Mit einigem Aufwand, schließlich sollten die Ergebnisse der Gegner per Livestream in Echtzeit zu sehen sein. Ein bisschen Wettkampf-Atmosphäre, auch über hunderte Kilometer hinweg.

Muskelabbau durch Lockdown

"Es war schon enttäuschend, als nicht einmal das möglich war. Wir haben uns ja alle vorbereitet, und auch die Trainer haben sich bemüht, das technisch möglich zu machen", sagt Brückmann. Am Ende blieb es bei einem Wettkampftag. Mit Siegen immerhin, gegen die "Sportschützen Niederlautenbach" und "G‘mütlichkeit Luckenpaint". Beides ebenfalls Zweitligisten. Die Form scheint also gestimmt zu haben bei Brückmann und ihren Teamkolleginnen. Mehr als ein halbes Jahr hat die Sammenheimerin nun schon keinen Schuss mehr abgefeuert: "So lange habe ich noch nie pausiert, nicht einmal nach größeren Verletzungen."

Verlernt man das Schießen eigentlich nach so einer langer Zeit? "Nein, das nicht. Aber man braucht schon einige Einheiten, bis man wieder drin ist. Man hat für das Schießen ja auch eine spezielle Muskulatur, die sich wieder aufbauen muss."

In coronafreien Jahren käme die Muskulatur zum aktuellen Zeitpunkt gar nicht dazu, zu verkümmern. Zwischen Januar und März finden normalerweise die Gaumeisterschaften statt, im April und Mai folgen die Titelkämpfe auf Bezirksebene und Anfang Juli dürfen sich die Besten auf der bayerischen Meisterschaft beweisen. In diesem Jahr sind all diese Wettbewerbe abgesagt.

"Vereine werden vorsichtig bleiben"

Nur die deutsche Meisterschaft im August soll wohl stattfinden. Teilnehmen werden dann allerdings fast nur Kaderschützen. Schließlich sind sie die einzigen, die derzeit trainieren dürfen. Jetzt, da die Inzidenzzahlen auch in der Region stetig sinken, könnte aber vielleicht auch Tina Brückmann bald wieder zu ihrem Luftgewehr greifen dürfen. Doch noch ist sie zurückhaltend: "Man braucht sicher ein Hygienekonzept. Und die Vereine werden auch erst einmal vorsichtig sein und schauen, ob die Zahlen längere Zeit niedrig bleiben", vermutet sie.

Noch heißt es also warten. Auf die Geselligkeit mit den Teamkolleginnen, auf spannende Zweikämpfe am Schießstand, auf den liebgewonnen Ausgleich zum Alltag. Entspannt sich die Corona-Situation weiter, könnte vielleicht in ein paar Wochen die Idee der Fernwettkämpfe wieder aufleben. Doch planen lässt sich so etwas derzeit kaum. Bis zum nächsten 13. November aber, so viel Zuversicht darf sein, sollte Brückmann längst wieder am Schießstand stehen.


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