Fußball im Mai? Keller fordert "ausreichend Vorbereitungszeit"

27.4.2020, 11:06 Uhr
Fußball im Mai? Keller fordert

© Sportfoto Zink / Dama

Herr Keller, zum Einstieg gleich mal eine ketzerische Frage: Wie fällt denn Ihr Zwischenfazit aus – nach drei Wochen Vorbereitung?

Jens Keller: Ja, wirklich ketzerisch. Also, das Zwischenfazit lautet: Im Bereich des Möglichen haben wir sehr gut und sehr abwechslungsreich gearbeitet. Die Jungs hatten auch ihren Spaß. Ich denke, unter diesen Umständen konnten wir das Optimale herausholen.

Was heißt abwechslungsreich? Ohne Spielformen, ohne Zweikämpfe, ohne richtigen Fußball...

Keller: Abwechslung in der Form, dass wir viele unterschiedliche Übungsformen anbieten, dass wir uns viel einfallen lassen, gut mischen zwischen Belastung, Technik und Regeneration. Klar ist das aber nicht vergleichbar mit Mannschaftstraining.


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An Wochenende wäre das Franken-Derby gewesen. In Fürth fing für Sie mit dem Club alles an. Mal dran gedacht?

Keller: Nein, ich wusste es auch nicht. Den alten Spielplan verfolge ich gerade ehrlich gesagt auch nicht besonders aufmerksam, weil es den, immerhin soviel ist sicher, so ja auch nicht mehr geben wird.

Kann man aus sterilen Trainingseinheiten wie in den vergangenen drei Wochen eigentlich auch irgendwelche Erkenntnisse mitnehmen?

Keller: Anhand von Laufwerten werden wir sicherlich niemanden aufstellen. Das Komplettpaket muss schon passen, sonst macht es keinen Sinn. Auch zu sagen, der oder der ist besonders gut drauf. Die Mannschaft nimmt die Situation gut an und zieht gut mit, viel mehr gibt‘s nicht zu berichten.

Wie ist es um Ihre eigene Motivation bestellt?

Keller: Sehr gut, weil wir noch in der glücklichen Lage sind, arbeiten zu dürfen. Vielen Menschen geht es deutlich schlechter als uns. Ich freue mich jeden Tag, auf den Platz gehen zu dürfen.

 

Unter anderem Ihr Fürther Kollege Stefan Leitl hat eine Saisonfortsetzung Anfang, Mitte Mai vor allem aus trainingsmethodischen Gründen als großen Quatsch abgetan. Wie sehen Sie die Pläne der DFL?

Keller: Das ist Eins zu Eins genau das, was ich auch sage. Wir sind jetzt seit fast sieben Wochen ohne Mannschaftstraining, in jeder Sommerpause sind es höchstens vier bis fünf. Danach hat man aber mindestens fünf, eher sechs Wochen Zeit für gemeinsame Einheiten, für Vorbereitungsspiele, harte Zweikampfführung. Und jetzt sollen wir eventuell nach zehn Tagen Mannschaftstraining bereit sein? Der Verantwortung kann ich als Trainer nicht gerecht werden, auch den Spielern gegenüber. Weil ich davon überzeugt bin, dass die Verletzungsgefahr extrem hoch wäre.


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Was heißt das konkret, dass Sie der Verantwortung nicht gerecht werden könnten?

Keller: Dass ich nicht guten Gewissens eine Mannschaft aufstellen könnte, die dann einen Bundesliga-Wettkampf führt. Es geht unter dem Strich auch bei Fußballern um Menschen. Das sollte man schon hinterfragen – und dafür sorgen, dass wir ausreichend Vorbereitungszeit bekommen.

Also, wenn überhaupt, erst deutlich später wieder anfangen als am zweiten, dritten Mai-Wochenende, wie es diskutiert wird?

Keller: Genau, es wird diskutiert. Das ist der Punkt. Es steht noch nichts fest. Man kann nicht immer nur sagen: Wir brauchen das Geld. Was natürlich ein unglaublich wichtiger Faktor für die Vereine ist. Nochmal: Es geht hier auch um Menschen und man darf nicht zuviel riskieren. Drei Wochen gemeinsames Mannschaftstraining sollten es schon sein.

Können Sie sich vorstellen, so ein Geisterspiel mit Mundschutz zu coachen?

Keller: Man beschäftigt sich mit allem, was kommen könnte. Aber was ich mir überhaupt nicht vorstellen kann: Dass ich mit Mundschutz coachen muss und die Fußballer mit Mundschutz spielen müssen. Das wäre an Lächerlichkeit kaum zu überbieten.

Wie nehmen Sie die öffentliche Diskussion wahr? Mit dem Fußball als Buhmann, weil der eventuell bald darf, was viele andere nicht dürfen?

Keller: Es ist eine komplizierte Situation. Natürlich muss es irgendwie weitergehen, darauf freuen wir uns auch schon sehr. Nur sind wir eben auch ein Teil der Gesellschaft, in der viele zurzeit ganz andere Probleme haben. Wir leben von der Gesellschaft, von den Fans, von Sponsoren. Ich glaube, es ist unheimlich schwer, allen gerecht zu werden. Wenn wir dann wieder spielen, hat sich hoffentlich auch in allen anderen Bereichen die Situation schon wieder mehr normalisiert.


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Wie geht die Mannschaft in der Kabine mit dem Thema um?

Keller: Und schon haben wir das nächste Problem: Die Kabine existiert aktuell nicht. Wir dürfen uns ja nicht in größeren Gruppen treffen.

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