Kater gegen Kiel: Warum der FCN nicht (mehr) gewinnen kann

16.12.2019, 21:19 Uhr

Wieder nur 2:2 - der Club kassiert gegen Kiel den nächsten derben Nackenschlag. © Sportfoto Zink

"Das ist extrem schwer in Worte zu fassen." Auch Felix Dornebusch tat sich am Sonntag schwer, zu erklären, warum es beim frustrierenden 2:2 gegen Kiel für den FCN wieder nicht gereicht hatte. Warum der so sehr herbeigesehnte, im Abstiegskampf dringend erforderliche und bis weit in die Nachspielzeit hinein greifbare Dreier doch nicht verbucht werden konnte. An Dornebusch selbst hatte es nicht gelegen. Der vor kurzer Zeit noch vereinslose Keeper präsentierte sich über die 93 Minuten hinweg als sicherer Rückhalt graugewandeter Hausherren. Der Torwart wartete mit überzeugender Strafraumbeherrschung auf und verhinderte mit seiner Krabbel-Fuß-Abwehr handlungsschnell, dass die Störche kurz vor der Pause per Strafstoß das 1:1 erzielten.

Dornebuschs Club war recht schleppend in die aus seiner Sicht wieder einmal wegweisende Partie gekommen. “In der ersten Halbzeit hatten wir Probleme“, befand auch der Keeper, der mitansehen musste, wie sich seine arg verunsicherten Vorderleute zahlreiche Ungenauigkeiten und leichtfertige Ballverluste erlaubten, was in einer Passquote von lediglich 38 Prozent nach 15 Minuten Ausdruck fand. Kiel versuchte, das auszunutzen. Und fand Lücken in Nürnbergs wieder einmal wenig ausbalancierten Zentrale, in der Johannes Geis mit schlampigen Pässen und Hanno Behrens mit wenig Raumgefühl und Mankos in der Zweikampfführung auffällig wurden.

In der letzten Reihe verteidigte der Club indes solide. Und hatte nach eklatanten Anlaufschwierigkeiten gerade durch seine aufrückenden Innenverteidiger Szenen, die im fränkischen Dauerregen durchaus Hoffnung auf einen verbesserten FCN-Vortrag machten. Nikola Dovedan, der über seinen gesamten Einsatz hinweg viele falsche Entscheidungen treffen sollte, blieb nach Mühls energischem Antritt hängen. Der Niederbayer war es auch, der nach einer halben Stunde und einer Geis-Ecke das Spielgerät mit dem Kopf am Kieler Kasten vorbeisetzte. Und Asger Sörensen, Mühls Kollege im Abwehrzentrum? Der zirkelte den Club in einer Phase, in der sich die Nürnberger Chancen häuften mit einem herrlichen Freistoß in Front.

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Die Heimmannschaft hatte sich hineingearbeitet in eine Partie, in der kurz vor dem Kabinengang erneut Mühl die Chance hatte, die Club-Führung komfortabler zu gestalten. In eine Partie, in der die Gäste nach Wiederbeginn ihre Feldvorteile gleichwohl behielten. In der 50. Minute - Mühl hatte kurz zuvor gegen Lee in höchster Not geklärt - wies die Statistik 70 Prozent Ballbesitz für die Störche auf. Und entsprechend nur 30 Prozent für den FCN, der sich nun natürlich auch stärker aufs Kontern verlegen durfte, bei seinen Gegenstößen weiterhin aber zu unpräzise blieb.

Das Kaninchen und die Schlange

Zumindest bis zur 67. Minute, als es nicht Mühl, sondern Kiels Mühling war, der Schleusener mit einem Fehlpass in Szene setzte und dieser Hack. Nachdem der Lockenkopf seinen Gegenspieler genarrt und den Ball ins Tor gedonnert hatte, schien der Club-Bann gebrochen. 30 Prozent Ballbesitz - bei Spielende sollte sich der FCN immerhin auf 33 Prozent gesteigert haben - hin oder her! Nürnbergs mehr oder weniger verständliches Konzept schien aufzugehen. Für zehn Minuten, ehe Juniorennationalspieler Serra die Gäste von der Förde wieder in Schlagdistanz brachte - und die Angst beim Abstiegskandidaten und dessen Anhang zurück.

"Mit dem 1:2 hat die Mannschaft ein bisschen den Mut verloren und fast nur noch nach hinten verteidigt", kennzeichnete Jens Keller, Nürnbergs Coach, das entscheidende Problem beim anschließend wieder massiv verunsicherten, im Defensivverbund anfälligen Club, der drei Sekunden vor Ablauf der angezeigten Nachspielzeit das 2:2 kassierte. “Natürlich kann man das besser verteidigen, aber das ist dann eine 50:50-Situation“, urteilte Kapitän Behrens nach der Partie über die letzte Situation eines für aus Nürnberger Sicht wieder einmal unbefriedigenden Spiels.

Das Club-Kaninchen und die Schlange! Gegen Kiel klingelt es bereits zum fünften Mal in der laufenden Saison kurz vor Abpfiff in der Club-Kiste. In der Schlussviertelstunde sind aus rot-schwarzer Sicht bereits zehn Gegentore zu beklagen. Die Probleme liegen auf der Hand beziehungsweise in den Köpfen der Club-Akteure: Bereits zum siebten Mal in dieser Zweitliga-Spielzeit, der aus Nürnberger Sicht bislang schlechtesten in seiner bisherigen Unterhaus-Geschichte, kann der FCN eine Führung nicht behaupten

Dabei hat der seit nunmehr zehn Pflichtspielen sieglose, als Aufstiegsanwärter in die Saison gestartete Abstiegskandidat die gegen die Störche von Jens Keller geforderten Voraussetzungen für einen Club-Sieg durchaus erfüllt. Eine "hohe Grundaggressivität" und eine "hohe läuferische Bereitschaft" wollte Nürnbergs Chefanweiser sehen. 121 Kilometer haben Kellers Jungs gegen Kiel bei Schlusspfiff schließlich abgespult, die Norddeutschen kommen auf zwei weniger. Auch 56 Prozent ihrer Zweikämpfe bestreiten die Abstiegskämpfer aus der Noris erfolgreich.



Dass daraus kein erfolgreiches Club-Spiel abgeleitet werden kann, hat die bereits aus dem Spielverlauf ablesbaren Gründe. Die Kieler adressieren in den 93 Minuten mehr als doppelt so viele Pässe an den Mitspieler (582 zu 288) und bringen auch mehr als doppelt so viele an den Mann (495 zu 192). Der FCN tut sich nicht nur schwer, sein Tor zu verteidigen. Er hat seit einiger Zeit auch gehörige Probleme, sich dem gegnerischen Gehäuse aus dem Spiel heraus anzunähern. Dass Störche-Dompteur Ole Werner nach dem Last-Second-Remis davon sprach, dass für sein Team "mehr drin gewesen wäre als ein Punkt" ist auch insofern nachvollziehbar. Holstein hat am Ende der Partie mehr Torschüsse (13 zu elf) und mehr Ecken (vier zu drei) auf dem Konto. Und dennoch hätte eigentlich der Club gewonnen. Wäre das Spiel im angst- und regenduchfluteteten Achteck nur drei Sekunden früher zu Ende gewesen.