Paradebeispiel Schleimer: Erst Profivertrag, dann FCN-Debüt?

5.6.2020, 05:48 Uhr
Unkonventioneller Typ mit Torriecher: Vielleicht kann ja Lukas Schleimer, dieser ballgewandte Neu-Profi, dem Abstiegskandidaten aus Nürnberg helfen.

© Sportfoto Zink / DaMa Unkonventioneller Typ mit Torriecher: Vielleicht kann ja Lukas Schleimer, dieser ballgewandte Neu-Profi, dem Abstiegskandidaten aus Nürnberg helfen.

"Wann die Situation da ist, wann er kommt" könne er nicht sagen, erklärte Club-Coach Jens Keller auf der Pressekonferenz vor der anspruchsvollen Auswärtsaufgabe auf der Bielefelder Alm, wo für den abstiegsbedrohten FCN am Samstag die Auseinandersetzung mit dem dort ansässigen Liga-Primus wartet (13 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de). Ein bisschen mehr als diesen doch recht vagen Halbsatz konnte und wollte Jens Keller vor dem Aufbruch zum Spielplatz der Ostwestfalen dann aber doch sagen über Lukas Schleimer. Über den jungen Mann also, der just an diesem Tag einen Profivertrag beim absturzgefährdeten Altmeister unterschrieben hatte. 

"Er ist seit der Corona-Krise bei uns dabei und macht das sehr, sehr ordentlich. Mich freut es für den Jungen. Er ist ein feiner Kerl und gibt Gas. Ihn kann man auch im Training hinstellen auf Positionen, die er nicht gewohnt ist, trotzdem macht er sein Ding. Wir haben da ein Talent und es ist auch gut, dass wir das fördern", gab der Club-Coach - einmal in Fahrt - dann sogar recht viel über den gebürtigen Trierer preis, der seit dreieinhalb Jahren in Nürnberg und seit Donnerstag Berufsfußballer ist. 

"Ich bin mir sicher, dass er seinen Weg in Nürnberg macht" 

"Vom Winzerkeller nach Marbella" war zu Jahresbeginn der Text von NN-Sportredakteur Wolfgang Laaß überschrieben, der den in der Fußball-Branche inzwischen recht ungewöhnlichen Karriereweg von Lukas Schleimer nachzeichnete. Einen Weg, der dazu führte, dass Lukas Schleimer eben bereits im Januar 2020 dabei war, bei der winterlichen Vorbereitung des FCN in Spanien. "Ich bin mir sicher, dass er seinen Weg in Nürnberg macht", hatte auch Bernd Münchgesang gesagt. Im Winter 2017, natürlich nicht wissend, dass in diesem Text das Wort "Weg" damit schon mehrfach aufeinander folgt. Wohl aber auf die gehobenen Qualitäten des talentierten Offensivallrounders vertrauend, den der Vorsitzende des TuS Mosella-Schweich mit diesen Worten rührseelig von der vereinseigenen Sportanlage am Winzerkeller verabschiedete.

Natürlich Nüssing 

Sein fußballerisches Rüstzeug hat der Nun-Profi folglich nicht wie viele seiner Altersgenossen in einem dieser kalkweißen, sterneprämierten Nachwuchsleistungszentren erhalten. In einer dieser Aufzuchtstationen - so die vielleicht ungerechte Polemik von Fußballromantikern - für austauschbare Jung-Profis. Sondern bei einem erdigen Bezirksligisten aus dem Südwesten, auf dem Sportplatz am Winzerkeller, am Ufer der Mosel. Etwas, was der im Offensivbereich variabel einsetzbare Schleimer - natürlich entdeckt von Superspürnase und Südwest-Experte Dieter Nüssing - mitnahm und erfolgreich einsetzen sollte für den 1. FC Nürnberg. Für die in der Regionalliga beheimatete Zweitvertretung des Altmeisters, genauer gesagt, bei welcher der Jungspund in 20 Pflichtspielen seitdem mit zehn Treffern und neun Assists aufwartete. Und sich damit für mehr bewarb. 

Als Qualitätsnachweis hinsichtlich Schleimers Beförderung diente wohl auch das erfrischend unkonventionelle Auftreten des 20-Jährigen. "Sieben seiner zehn Tore gingen Dribblings voraus. Im Zweikampf mit Spielern aus der gegnerischen Viererkette setzte Schleimer in drei von vier Fällen durch. Unter den Spielern aller fünf Regionalligen ist Schleimer bei erfolgreichen Dribblings in der Spitzengruppe zu finden", listet Taktik-und-U21-Experte Florian Zenger in seinem Beitrag bei Clubfans United die Vorzüge des fintenreichen Blondschopfs auf, der unserem auch gern gehörten Podcast-Gast zur Folge bei 57 Prozent seiner Abschlüsse die Regionalliga-Keeper zum Eingreifen zwang. Es sind Quoten, die sich wohl nicht einfach so auf den Zweitliga-Betrieb übertragen lassen. Oder auf ein Auswärtsspiel bei der Arminia. Und dennoch sind es Quoten, die Eindruck mach(t)en. 

 

Palikuca lobt "Fleiß und Akribie" des Mosel-Quirls 

"Wir möchten dem Nachwuchs zeigen, dass er eine Chance hat", hatte Jens Keller bereits gesagt, als man Schleimer mit nach Marbella nahm. Seit dem Trainingsrestart ist der 20-Jährige beim Club nun fester Bestandteil des Kaders, in Regensburg fand sich der in der Vorwärtsbewegung frech aufspielende Offensiv-Quirl wie schon beim Hinrunden-Heimspiel gegen Karlsruhe immerhin bereits auf der Bank wieder. "Lukas ist ein Paradebeispiel, was man mit Fleiß und Akribie erreichen kann. Er hat es im vergangenen halben Jahr geschafft, sich in das Blickfeld der Profis zu entwickeln. Wir sind davon überzeugt, dass er nun auch die nächsten Schritte gehen wird", ließ Sportvorstand Robert Palikuca noch vor Jens Kellers PK-Statement auf der vereinseigenen Website ausrichten. 

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"Ich bin heiß darauf"

Ob Schleimi, wie ihn Freunde und Kollegen nennen, bereits in Bielefeld seine Debüt-Gelegenheit bekommt und nutzt? Der frischgebackene Fußball-Profi, der beim Altmeister Arbeitspapiere bis 2022 erhält, äußert sich dazu auf Nürnbergs Homepage freilich nicht. "Ich freue mich, dass ich die Chance bekomme, mich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Mir ist bewusst, dass der Sprung zu den Profis eine große Herausforderung ist. Aber genau darin liegt mein Anspruch. Ich bin heiß darauf, mich weiterzuentwickeln und irgendwann mir auch meine Chance bei den Profis zu erarbeiten", wird der junge Mosel-Dribbler dort zitiert. Ein heißer, frisch mit einem Profi-Vertrag ausgestatteter Schleimer? Vielleicht wäre gerade er, wenn die Situation da ist, ja Nürnbergs Nothelfer beim anspruchsvollen Auswärtsmatch auf der Alm.

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