Selbstversuch: So joggt es sich mit FFP2-Maske

11.4.2021, 09:37 Uhr
Unser Sportredakteur Kevin Gudd (2.v.l.) beim Maskenlauf an der Wöhrder Wiese.

© Michael Matejka, NNZ Unser Sportredakteur Kevin Gudd (2.v.l.) beim Maskenlauf an der Wöhrder Wiese.

Die Vorbereitung lief unbemerkt schon den ganzen Winter über. Sie ergab sich bei der morgendlichen Verspätung auf dem Weg zum Bahnhof aus hastigen Treppen-Läufen und endete mit beschlagenen Brillengläsern im Zug. Statt einer nachhaltigen Abneigung gegenüber der Maskenpflicht und ihren Begleiterscheinungen stellte sich jedoch ein Gewöhnungseffekt ein.


Trotz Maskenpflicht: Franke gewinnt Straßenlauf in Südkorea


Ohne den latenten Druck der FFP2-Maske auf dem Gesicht fühle ich mich in der Öffentlichkeit inzwischen nackt. Oft merke ich erst zu Hause, dass ich sie außerhalb des Bahnhofsgebäudes gar nicht abgenommen habe und erwische mich draußen bei Schnee-Spaziergängen sogar beim Gedanken an die wohlige Warmluft um Mund und Nase. Trotzdem wäre mir zunächst nicht in den Sinn gekommen, mit Maske Sport zu treiben. Ohne sind jedoch in Deutschland vielleicht auf kurz oder lang keine größere Breitensport-Veranstaltungen möglich.

Sportlich kommt dem Sport-Redakteur im Lockdown ohnehin jede Herausforderung recht, der sich mit Mitte 30 in seiner Komfortzone gefangen fühlt. Im Januar forderte ich mich selbst durch zu Fußballerzeiten noch verhasste Bergsprints heraus. Ein früher eher bewegungsfauler Freund schaffte es dann auch noch, mich in einen Fernwettkampf im Joggen zu verwickeln und zu veranlassen, eine entsprechende App für die elektronische Erfassung auf meinem Smartphone zu installieren. Zuvor verließ ich mich auf mein Tempo-Gefühl und die Überzeugung, mir nach einem Halbmarathon und mehreren Kurztriathlons nichts mehr beweisen zu müssen.

Durch die medizinische Unterweisung eines Nürnberger Lungenarztes zusätzlich bestärkt, spanne ich besagten Kumpan also für eine Runde um den Wöhrder See ein und schlage zum Start direkt die FFP2-Maske vor. Dahinter stand freilich die Idee, den vermeintlich anspruchsvollsten Part im Vollbesitz aller Kräfte zu bewältigen. Vom Adrenalin des Augenblicks ähnlich dem Start eines Volkslaufes getragen, tappe ich auf den ersten Metern prompt in eine klassische Falle.

Seitenstechen vor der 500-Meter-Marke

Ich renne schneller als ich sollte und komme außer Puste. Ein Seitenstechen bahnt sich an, da ist noch nicht einmal die Marke von 500 Metern erreicht. Als ich meinem Nebenmann erkläre, dass ich heute auf die übliche Plauderei verzichten müsse, bleiben mir die Worte beinahe im Hals stecken. Schweigend konzentriere ich mich auf meinen Rhythmus, ignoriere das tobende Leben am Badestrand und höre mich schließlich wie eine Lokomotive an. Der genaue Takt lässt sich nicht mehr rekonstruieren, aber es erweist sich als hilfreich, die Atemzüge flacher zu halten und dabei den Mund möglichst wenig zu öffnen. Die Temperaturen im niedrigen einstelligen Bereich mildern den Hitze-Stau ab. So lassen sich die ersten drei Kilometer erstaunlicherweise unter 15 Minuten im oberen Bereich des eigenen Leistungslevels zurücklegen.

Nach dem Wechsel zur Stoffmaske weht im zweiten Abschnitt indes ein anderer Wind. Nicht nur bläst am südlichen Ufer des Wöhrder Sees in Richtung Stadtzentrum die eine oder andere Böe entgegen, sondern verfängt sich das labberige Textil im Sog der Atemzüge ständig im Mund. Schlagartig empfinde ich größten Respekt vor allen Schülerinnen und Schüler, die den Sportunterricht teilweise seit dem ersten Lockdown unter diesen Handicap-Bedingungen ertragen und dabei mitunter noch einen bemerkenswerten Elan beweisen, wie mir der Neumarkter Gymnasial-Lehrer Jürgen Hübner erklärte.

Ein Stück Anerkennung für meinen Einsatz meine ich derweil im angedeuteten Kopfnicken eines jungen Hundebesitzers zu erkennen, ein älterer Herr wirkt dagegen erschrocken. Insgesamt scheint der Anblick eines Maskenläufers, obwohl sicher eine Seltenheit, auf allgemeine Gleichgültigkeit zu stoßen. Das nervige Gezerre an der Stoff-Maske kostet auf den zweiten drei Kilometern einige Sekunden, doch ein deutlicher Leistungsabfall ist es nicht. Zur Belohnung und im Dienste eines seriösen Vergleichs geht es auf finale 3000 Meter ohne Gesichtsbekleidung.

Momente der Befreiung

Die ersten Momente fühlen sich befreiend an, als ob jemand die Bremse gelöst hätte. Rasch pendelt sich allerdings die Normalität ein. In meinem Fall bedeutet das, sich mental gegen die ersten Erschöpfungsanzeichen zu stemmen und in der Gewissheit des näherrückenden Ziels nicht nachzulassen. Am Ende zeigt die Uhr eine geringe Steigerung zum vorherigen Abschnitt mit Stoff-Maske an.


So bleiben Sie auch am Schreibtisch gesund und fit


Fazit: Wer sich wegen der geringen Abstände auf überfüllten Parkwegen unwohl fühlt oder sich aufgrund der nötigen Querung der Innenstadt von der Bewegung abhalten lässt, sollte einen Probelauf mit FFP2-Schutz in Erwägung ziehen. Die Kontrolle der eigenen Atmung ist eine moderate Hürde und für Gelegenheits-Jogger gar nützliche Übung, für ambitionierte Asse bietet sich Ansporn, die eigenen Grenzen zu verschieben.

Verwandte Themen