Treue und Abrechnung: Club-Ultras melden sich zu Wort

6.7.2020, 16:00 Uhr
In den Relegationsspielen gegen Ingolstadt wird die Kurve leer bleiben, die Unterstützung der Fans hat der FCN trotzdem. Eine Abrechnung soll es allerdings auch noch geben.

© Sportfoto Zink / DaMa In den Relegationsspielen gegen Ingolstadt wird die Kurve leer bleiben, die Unterstützung der Fans hat der FCN trotzdem. Eine Abrechnung soll es allerdings auch noch geben.

Der 1. FC Nürnberg hat einen Tiefpunkt erreicht, den tiefsten seit langem. Die Abstiegsrelegation steht an, der Absturz in die dritte Liga droht. Inzwischen ist auch der Gegner bekannt: Mit dem FC Ingolstadt müssen die Nürnberger am Dienstag und am Samstag um den letzten freien Platz in der 2. Bundesliga kämpfen.

Die Emotionen liegen blank, die Fans sind gespalten. Auch in den Fanclubs teilen sich die Meinungen. Über Facebook hat die "Faszination Nordkurve" nun einen "letzten Apell an die Glubbfamilie" verfasst und Stellung bezogen. Darin verurteilen sie die "ehrlosen, cholerischen Schimpftiraden gegenüber dem Verein, welche in einer widerlichen Hemmungslosigkeit die gesamte Glubbfamilie und 120 Jahre Vereinsgeschichte beschmutzen". Denn es gibt einen Unterschied zwischen eben solchen Beschimpfungen und "berechtigter Kritik und Wut".

Denn Kritik üben die Ultras Nürnberg in dem Schreiben durchaus auch, unter anderem nicht zum ersten Mal an den Geisterspielen, durch die sie sich "gefangen in einem kranken Fußball-System, ausgesperrt aufgrund einer Pandemie und aus Hörigkeit zum TV-Diktat" fühlen. "Nie haben wir den Fußball mehr gehasst als in den letzten Monaten", heißt es. Doch nicht nur die DFL sondern auch die "Lizenzspielermannschaft, die es bisher nicht verdient hat, unsere Farben zu tragen", die Funktionäre und "manche Leute im Umfeld des FCN, die sich die sportliche Katastrophe eigentlich nur wünschen", werden an den Pranger gestellt.

Allerdings betont die "Faszination Nordkurve" vor allem auch eines: "Die Liebe zu unserem Verein ist ungebrochen. (...) Wir tragen auch in dieser vielleicht dunkelsten Stunde der gesamten Vereinsgeschichte unser Wappen mit Stolz. Wir zeigen nun erst recht unsere rot-schwarzen Farben". Wichtig ist den Ultras aber auch, dass eben diese Liebe nicht an die Spieler, "welche dieses Jahr zufällig das Trikot unseres 1. FC Nürnbergs tragen", sondern allein an den Verein selbst gebunden ist.

Denn dass sie noch so einiges auf der Seele haben, machen die Ultras Nürnberg in dem Schreiben ebenfalls sehr deutlich. "Abgerechnet wird nach dem 11.07. (...) Dann kann geschimpft, kritisiert und getobt werden", heißt es. Hervorgehoben wird dabei aber vor allem, dass es zunächst einmal die Relegation ist, die zählt: "Bis dahin müssen wir alles versuchen, um den Abstieg abzuwenden. Es gibt für uns nichts Schlimmeres, als während der Geisterspiele in die dritte Liga abzusteigen."


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"Faszination Nordkurve" weist auch daraufhin, dass zum FCN auch die Mitarbeiter aus dem Fanshop und anderen Bereichen gehören, "die nichts mit dem sportlichen Betrieb zu tun haben, welche im Moment um ihre berufliche Existenz fürchten müssen" und dass es auch diese Menschen sind, um die es jetzt geht. Denn "der FCN, das sind vor allem wir Fans – und wir haben keinen Bock, dass Leute unser Wappen in den Dreck ziehen."

Die Hoffnung der Fans liegt nun beim neuen Trainer-Duo: "Wir stehen hinter unseren neuen Trainern Michael Wiesinger, welcher knapp 200 Spiele für unseren Verein bestritt, sowie hinter unserer Legende Marek Mintal." Doch selbst bei dieser Aussprache der Unterstützung für die beiden Coaches fließt Kritik an der Vereinsführung und der DFL ein: "Allein diese beiden Namen zeigen uns, dass der FCN so viel mehr ist, als diese Hülle, welche sich im geleckten Businessbetrieb der DFL Spieltag für Spieltag bis auf die Knochen blamiert."


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Das Schreiben endet mit einem Aufruf an die Fans und auf einer positiven, wenn auch nicht versöhnlichen Note: "Diese Liebe, Glubbfamilie, müssen wir die nächsten Tage mit allen uns möglichen Mitteln zeigen! Tragt euer Trikot, hängt eure Fahnen an eure Balkons, malt Spruchbänder und hängt diese in der Stadt auf. Zeigt mit erhobenem Haupt und breiter Brust, was einen Fan des 1. FCN ausmacht. Denn untergehen werden wir nur dann, wenn wir nicht mehr an unsere Gemeinschaft glauben."

Nun hat es die Mannschaft also in der Hand, "diese Schande" noch abzuwenden und den Abstieg in die dritte Liga zu verhindern. Der Druck ist enorm, denn "wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Zwei Relegationsspiele, welche wahrscheinlich über den sportlichen Werdegang der nächsten zehn Jahre entscheiden - und wir können nicht dabei sein". Die Ränge werden leer bleiben, die Kurve still. Durch diese "größtmögliche Katastrophe" heißt es dennoch, gemeinsam zu gehen.

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